Donnerstag, April 18, 2024
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Glyphosat: Laut WHO nun doch nicht krebserregend – Wissenschaftler erwarten erhöhte Krebsraten (Video)

Die WHO präsentiert sich als Chaos-Truppe – oder aber die Organisation steht unter gewaltigem Druck: Das umstrittene Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat des US-Konzerns Monsanto ist nach einer neuen UN-Studie vermutlich nicht krebserregend.

Reuters meldet, dass die WHO plötzlich behauptet, es sei unwahrscheinlich, dass Glyphosat bei der Nahrungsaufnahme für Menschen ein Krebsrisiko darstelle. Reuters beruft sich auf anonyme Experten der Welternährungsorganisation (FAO) und der Weltgesundheitsorganisation (WHO).

Die Chemikalie löse vermutlich auch keine Veränderungen des menschlichen Erbguts aus – behauptet die WHO nun, ohne allerdings auch nur den geringsten Beleg dafür vorzulegen.

Wieso die WHO ihre eigenen Forscher plötzlich korrigiert, ist unklar: Die Angaben sind nämlich das glatte Gegenteil dessen, was aus den Ergebnissen einer Untersuchung der Internationalen Behörde für die Krebsforschung (IARC) hervorgeht. Die IARC ist in Lyon ansässig und Teil der WHO. Die IARC hatte Glyphosat im März 2015 als wahrscheinlichen Krebserreger eingestuft.

In Deutschland streitet die Regierung derzeit darüber, ob die Zulassung von Glyphosat in der EU verlängert werden soll.

Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) hatte angekündigt, die SPD-Ressorts würden eine Wiederzulassung des Herbizids in der EU ablehnen. Agrarminister Christian Schmidt (CSU) erklärte daraufhin, er habe „überhaupt kein Verständnis für die Rolle rückwärts“ von Hendricks. Inzwischen hat sich das Kanzleramt in den Streit eingeschaltet (Monsanto fälschte eigene Studien über Glyphosat: Krebsrisiko seit den 80ern bekannt).

Die EU stimmt in dieser Woche über die weitere Zulassung des Pestizids ab. Frankreich will dagegen votieren. Sollten die deutschen Ministerien kein Einvernehmen erzielen, wird sich Deutschland bei der Abstimmung enthalten. Derzeit ist unklar, ob eine Mehrheit für eine Verlängerung zustande kommt.

Nach einem Reuters vorliegenden EU-Entwurf soll Glyphosat für weitere neun Jahre zugelassen werden. Damit kam die EU-Kommission bereits Bedenken entgegen, denn ursprünglich sollte die Nutzung von Glyphosat für weitere 15 Jahre genehmigt werden. Das EU-Parlament hatte sich dagegen für eine auf sieben Jahre befristete Wiederzulassung ausgesprochen.

Glyphosat wird seit den 70er Jahren in der Landwirtschaft eingesetzt. Monsanto vertreibt es unter dem Markennamen Roundup und erzielte damit im vergangenen Jahr einen Umsatz von 4,8 Milliarden Dollar. Auch andere Konzerne produzieren das Mittel – unter anderem aus der EU und aus China. Es ist anzunehmen, dass die Konzerne erheblichen Druck auf die EU ausgeübt haben.

Wissenschaftler erwarten erhöhte Krebsraten bei Wiederzulassung von Glyphosat

In einem offenen Brief fordert die österreichische Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000 gemeinsam mit 38 weiteren europäischen Organisationen alle 28 EU-Mitgliedsstaaten dazu auf, am 18. Mai im “Ständigen Ausschuss für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel“ gegen eine Wiederzulassung von Glyphosat zu stimmen (Glyphosat: Umstrittenes Herbizid boomt weiter – Trauriger Rekord (Video)).

Die EU-Kommission empfiehlt trotz WHO-Einstufung von Glyphosat als ‚wahrscheinlich beim Menschen krebserregend‘ die Verlängerung der Zulassung um weitere neun Jahre.

„Unser Brief richtet sich an all jene Behördenvertreter, die stellvertretend für ihr Land in Brüssel über Zulassung oder Verbot von Glyphosat abstimmen werden, ebenso wie an die verantwortlichen Minister in den Mitgliedsstaaten“, sagt Helmut Burtscher, Umweltchemiker von GLOBAL 2000: „Ziel ist es, die Entscheidungsträger noch vor der Abstimmung deutlich auf die zu erwartenden gesundheitlichen und möglichen rechtlichen Konsequenzen im Falle einer Wiederzulassung von Glyphosat hinzuweisen.“

Unterstützung finden die Umweltorganisationen durch namhafte Wissenschaftler: Der deutsche Epidemiologe, Professor Eberhard Greiser von der Universität Bremen, präsentiert auf der Pressekonferenz in Wien eine „Meta-Analyse“ über den Zusammenhang zwischen Glyphosat-Exposition und Erkrankungshäufigkeit beim ‚Non-Hodgkin-Lymphom‘: „Eine Zusammenfassung aller bisher veröffentlichten epidemiologischen Studien im Rahmen einer sogenannten Meta-Analyse zeigt ein um 45% erhöhtes Erkrankungsrisiko für solche Personen, die mit Glyphosat beruflich zu tun hatten – im Vergleich zu Menschen ohne Glyphosat-Kontakt “, fasst Greiser das Ergebnis seiner Analyse zusammen: „Über alle Studien gerechnet ergibt das eine signifikante Erhöhung des Risikos um 45 Prozent (Und täglich lockt das Glyphosat: Diesmal am Morgen in Wattepads und Wattestäbchen).

Im Falle einer Zulassungserneuerung von Glyphosat wäre daher in der EU mit zigtausenden Neuerkrankungen an diesem bösartigen Lymphdrüsenkrebs zu rechnen, der in rund 50% der Fälle einen tödlichen Verlauf nimmt.“

Der Wiener Krebsforscher, Professor Siegfried Knasmüller, untersuchte mit seiner Arbeitsgruppe Glyphosat im Hinblick auf Schädigung der Erbsubstanz in menschlichen Zellen und fand bereits mit sehr niedrigen Konzentrationen Effekte. Diese Wirkungen sind ein Hinweis auf krebserregende Eigenschaften. Auch in mehreren Humanstudien wurden derartige Schäden bei exponierten Arbeitern gefundenen.

Prof. Knasmüller hält die Einstufung der Substanz durch die WHO für wissenschaftlich fundiert und stellt fest „Es ist für mich rätselhaft, wie europäische Zulassungsbehörden dazu kommen konnten, Glyphosat als ‚wahrscheinlich nicht krebserregend‘ zu bewerten. Wissenschaftliche Belege für erbgutschädigende Wirkungen wurden sowohl in Untersuchungen am Menschen als auch in Experimenten mit Zellkulturen gefunden. Die kritische Auswertung der verfügbaren Studien an der Maus nach derzeit geltenden Kriterien zeigt darüber hinaus eine signifikante Zunahme von Krebserkrankungen durch Glyphosat.“

Die Bestimmungen der EU sehen vor, dass Pestizide nur dann zuzulassen sind, wenn die Industrie den Nachweis erbringt, dass Stoffe oder Produkte, die erzeugt oder in Verkehr gebracht werden, keine schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit von Mensch oder Tier oder keine unannehmbaren Auswirkungen auf die Umwelt haben.

Klagen gegen politische Institutionen, Behörden und Mitglieder der Europäischen Union durch multinationale Konzerne beeinflussen zunehmend politische Entscheidungen in der EU. Die Umweltorganisationen wollen mit ihrem Brief darauf aufmerksam machen, dass auch die rund 500 Millionen EuropäerInnen ihr Recht auf den Schutz vor bekanntermaßen krebserregenden Pestiziden mit rechtlichen Mitteln einfordern können (Glyphosat – nicht nur Missbildungen und Totgeburten?).

Video:

„Sollte Glyphosat wieder zugelassen werden, wird dies schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit von Mensch und Tier sowie unannehmbare Auswirkungen auf die Umwelt haben“; sagt Rechtsanwalt Dr. Josef Unterweger: „Die Opfer, deren Angehörige und ihre Hinterbliebenen werden Schadenersatz fordern – von der Pestizidindustrie, von den Zulassungsbehörden, von den Politikern und von jenen, die Glyphosat mit Kochsalz verglichen und einem sorglosen Umgang mit dem Pestizid Vorschub geleistet haben.“

GLOBAL 2000 fordert von Landwirtschaftsminster Rupprechter ein klares österreichisches Nein zu Glyphosat! Dies fordern auch die Ärzte für eine gesunde Umwelt, der Umweltausschuss des Landes Kärnten, der burgenländische Landtag, sowie alle neun österreichischen Umweltanwaltschaften, und 38 weitere europäische Organisationen.

Literatur:

Saat der Zerstörung. Die dunkle Seite der Gen-Manipulation von F William Engdahl

Unser tägliches Gift: Wie wir uns langsam aber sicher vergiften vonDr. Elena Krieger

Der Gen-Food Wahnsinn

Tödliche Ernte: Wie uns das Agrar- und Lebensmittelkartell vergiftet vonRichard Rickelmann

Quellen: PublicDomain/Deutsche-Wirtschafts-Nachrichten/ots.at am 16.05.2016

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