Donnerstag, März 28, 2024
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Wie die USA ihre eigens aufgebaute „Neue Syrische Armee“ fallen ließen

Die Gründung der sogenannten „Neuen Syrischen Armee“ (NSA) ist bereits vor längerer Zeit verkündet worden. Sie sollte von den USA komplett gesponsert werden und war als eine neue schlagkräftige Truppe gegen den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad gedacht. Das Projekt ist gescheitert.

Warum, erklärt der russische Polit-Experte Michail Chodarenko.

Zur Grundlage für den Aufbau der NSA und die Rekrutierung der „Kader“ für den neuen Milizen-Verband sollte nach der Projektplanung der USA das Flüchtlingslager „Ar-Rukban“ werden.

Dieses befindet sich in der syrischen Wüste nahe der jordanischen Grenze und etwa 60 Kilometer von der syrischen Ortschaft At-Tanf entfernt.

Das Gros der Flüchtlinge in diesem Lager floh aus Deir ez-Zor und Rakka vor dem „Islamischen Staat“ (IS), der im Frühling und Sommer 2014 weiträumige Territorien erobert hatte. Die Fliehenden erhofften sich Schutz in Jordanien, wo sich bereits etwa 600.000 Syrer aufhielten.

Die jordanische Führung war jedoch für diesen Migrationsansturm nicht bereit und verwehrte ihnen die Zuflucht. Stattdessen wurde praktisch in der Wüste das Lager „Ar-Rukban“ errichtet.

Es wurde zum Sammelort für Flüchtlinge aus allen syrischen Provinzen und beheimatete sowohl Unterstützer als auch Gegner der Assad-Führung.

Das Flüchtlingslager Rukban – über 70.000 Menschen in der Wüste

Innerhalb kürzester Zeit wuchs das Lager auf etwa 70.000 Köpfe. Genau diese Menschen wurden zum Ziel der US-Rekrutierter, die nach potentiellen Kämpfern für die „Neue Syrische Armee“ suchten.

Die Tatsache, dass das Lager in der Nähe von At-Tanf stand, einem wichtigen Straßenkreuz zwischen Syrien, dem Irak und Jordanien, war hierbei ein weiterer wichtiger Vorteil.

Unter der Begründung des Anti-Terror-Kampfes wurde folgend von den USA versucht, in kürzester Zeit eine schlagkräftige Truppe zu kreieren, die Damaskus erreichen könnte.

Doch der Plan scheiterte – maßgeblich wegen Russlands Eingriff in den Bürgerkrieg. Die russische Luftwaffe brachte die militärische Wende; die russischen Zentren für Versöhnung öffneten den Weg zu lokalen diplomatischen Lösungen, der Errichtung der sogenannten „Deeskalationszonen“ und der schrittweisen Re-Integration von Anti-Assad-Kämpfern.

Zuletzt erlangte die syrische Führung zudem die Kontrolle über weite Teile der syrisch-jordanischen Grenze und unterband dadurch das Einschleusen von Islamisten sowie den Transfer von Waffen.

Angesichts des drohenden Scheiterns der NSA entschieden sich die USA zu einer direkten Einmischung. Sie bauten in At-Tanf eine eigene, völkerrechtlich gesehen illegitime Militärbasis. Schweres amerikanisches Militärgerät, darunter schwere Raketenwerfer HIMARIS, sowie Spezialeinheiten aus den USA, Großbritannien und Norwegen wurden auf dem Stützpunkt stationiert.

Die auf dieser Basis aufgebauten Verbände der NSA haben in der Folge versucht, sich als eine wirksame Macht im syrischen Bürgerkrieg zu profilieren und den Vorstoß der syrischen Regierungstruppen zur jordanischen Grenze aufzuhalten.

Doch die Militäroperation scheiterte – die NSA konnte sich gegen die syrische Armee, die nun das Momentum erfasst hatte und rapide vorstieß, nicht halten. Gleichzeitig verschlechterte sich die Stimmung zunehmend sowohl innerhalb der NSA als auch zwischen der Miliz und ihren Gründern – den amerikanischen Militärs.

Nachdem die militärische Sinnlosigkeit der NSA unübersehbar wurde, verlor Washington schließlich das Interesse an der eigens kreierten Miliz und zog seine „Sicherheitsberater“ aus At-Tanf größtenteils wieder ab. Ebenfalls wurden jegliche Geldtransfers und Waffenlieferungen eingestellt.

Auch die Kämpfer der NSA sahen sich in der Situation im klaren Nachteil. Viele weigerten sich von nun an offen, die amerikanischen Anweisungen zu befolgen, einige fingen sogar Re-Integrationsverhandlungen mit der syrischen Regierung an, andere flohen einfach.

Nur ein Bruchteil der Truppe folgte dem Befehl aus Washington, sich weiter nach Norden in die Provinz al-Hasaka zu der Stadt asch-Schaddadi zu begeben, wo sie sich mit anderen Verbänden der „moderaten Opposition“ vereinigen sollten.

Im Flüchtlingslager selbst entstanden zahlreiche zwischen einander verfeindete Gruppierungen, was eine vernünftige humanitäre Versorgung seitens des Roten Kreuzes oder des Roten Halbmondes unmöglich macht. Die Zukunft der Menschen im Lager ist daher mehr als ungewiss.

Am Ende verkörpert das Projekt der „Neuen Syrischen Armee“ die gesamte amerikanische Syrien-Politik. Washington erschuf zunächst unter Rekrutierung von Flüchtlingen eine schwer bewaffnete Milizen-Einheit, um sie dann fallen zu lassen, nachdem diese weder die Fähigkeit noch die Bereitschaft hatte, US-Befehlen zu folgen.

Michail Chodarenko ist Militärkommentator für die Onlinezeitung Gaseta.ru.

Quelle: https://de.sputniknews.com/politik

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