Donnerstag, März 28, 2024
StartPolitikDemütigungAbt. Götterdämmerung: Heiko Maas und die Armee Wenck des kleinen Mannes

Abt. Götterdämmerung: Heiko Maas und die Armee Wenck des kleinen Mannes

Die SPD galt einst als die westdeutsche Partei des „kleinen Mannes“. Den „kleinen Mann“ gibt es aber nicht mehr. Er ist längst zur Mitbürgerin und zum Mitbürger geworden, oder aber zum Mitmenschen, nicht zuletzt deswegen, weil sich die kleine Frau immer nur mitgemeint fühlte. Der Mythos von der Partei des kleinen Mannes lebt aber noch, wenn auch nicht mehr lange. Aus den vormaligen Sozialdemokraten sind „Spezialdemokraten“ geworden – und denen steht das Wasser bis zum Hals. Als Deutscher ist man in solchen Situationen anfällig für ganz bestimmte Assoziationen. Besonders dann, wenn Heiko Maas mit im Spiel ist. Die Erklärung der Spielregeln.

Von Max Erdinger

Die ZEIT serviert ihren Lesern vermeintlich Beachtenswertes. Sie berichtet, der leibchenhaftige Bundesaußenminister habe nach dem Volkssturm der Anständigen gerufen. „Mal vom Sofa runterkommen und den Mund aufmachen„, fordert er im Angesichte der Demonstrationen von Chemnitz. Vielleicht glaubt er, daß in Chemnitz Angehörige der Roten Armee aufmarschiert sind und daß sie von anständigen Maulhelden besiegt werden müssen. Wahrscheinlich ist es aber so, daß er mehr an eine Armee Wenck der Anständigen gedacht hat, die ihn und seinesgleichen aus der Einkesselung befreien soll. Die Assoziationen hören aber an dem Punkt noch nicht auf.

Das Ende der demokratspezialistischen Ära soll dann, wenn es schon nicht mehr aufzuhalten ist, wenigstens nicht auf ihn und seine Getreuen zurückfallen, sondern auf das Volk, das nicht anständig genug gewesen ist, sich vom Sofa zu erheben und seinen Mund aufzumachen. Ein demokratspezialistisches Volk, das für seine Demokratspezialisten nicht maulkämpfen möchte, hat nichts anderes verdient als ein Leben in der Knechtschaft der demokratischen Alternative. Als Deutscher ist man wirklich geschlagen mit seinen Zwangsassoziationen.

Heiko Maas fordert: „Wir müssen uns den Rechtsextremen entgegenstellen.“

Gestern noch wollte er die „Rechtsextremen“ argumentativ stellen. Also: Hier wir, da das Argument, und dort die „Rechtsextremen“. Aber irgendwie scheint die argumentative Munition naß geworden zu sein. Aus dem Lauf des Maschinenarguments tröpfelt es nur noch beleidigt. Neues Motto, mit angewidertem Blick auf die weggeworfene Argumentswaffe deshalb: „Hau´wech den Scheiß, wir müssen uns den Rechtsextremen direkt entgegenstellen“. Wenn Heiko Maas „wir“ sagt, sollte man aber keinen Augenblick vergessen, daß der Mann ein kleiner Dauerläufer ist, ein Triathlet, der länger schnell laufen kann als die meisten seiner Verfolger. Und länger als seine (Mit)-Entgegensteller, auch. Zum Glück hat er wenigstens kurze Beine. Nein, wenn Heiko Maas „Wir“ sagt, dann meint er natürlich „Ihr“.

„Ihr anständigen Couchpotatoes (Sofakartoffeln) sollt meine spezialdemokratische Republik maulheldenmäßig verteidigen“, meint er. Er phantasiert also tatsächlich von einer Armee Wenck des kleinen Mannes.

Meine Generation hat Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie geschenkt bekommen ( … ) Wir mussten das nicht erkämpfen, nehmen es teilweise als zu selbstverständlich wahr. Es hat sich in unserer Gesellschaft leider eine Bequemlichkeit breitgemacht, die wir überwinden müssen.

Um nun der Wahrheit die Ehre zu geben, ist es doch so: Einmal abgesehen von wenigen Versuchen, sich nicht weiter mit irgendetwas beschenken zu lassen, 1848 z.B. oder 1989, haben sich Deutsche seit jeher mit allem Möglichen beschenken lassen. Und mit allem konnten sie sich – wenigstens eine zeitlang – irgendwie arrangieren und haben Wege gefunden, ihr je eigenes Süppchen zu kochen in dem Wissen, daß sie alles dürfen, außer sich erwischen zu lassen. Und daß sie nicht zum Fürsten gehen sollen, wenn sie nicht gerufen werden.

Mit Bequemlichkeit hat das nicht sehr viel zu tun, sondern mit Alltagsrealismus. Hast du einen Kaiser, dann bist du eben Kaiserlicher. Hast du einen Diktator, dann bist du eben Volksgenosse, selbst ein Niemand und das Volk dafür alles. Lebst du in einem amerikanischen oder einem russischen Protektorat, dann bist du eben Demokrat oder Kommunist. Hauptsache, die Familie ist gesund, das Essen ist reichlich und die Couch ist bequem. Das ist ja gerade der Grund dafür, daß es die Spezialdemokraten überhaupt noch gibt. Jedes Volk, das weniger apolitisch tickt als das deutsche, hätte solche abgehobenen Luschen längst zum Teufel gejagt. Die Karikatur des Deutschen Michels mit seiner Schlafmütze auf dem Kopf und der Talgfunzel in der Hand gibt es schließlich nicht wegen nichts. Man braucht sie auch nur geringfügig zu ändern, um sie an die Gegenwart anzupassen. Schlafmütze und Talgfunzel wären zu ersetzen durch Fahrradhelmchen und Smartphone – und schon ist das Bild des Deutschen Michels korrekt upgedatet.

Was Heiko Maas hier als“Bequemlichkeit“ zu interpretieren beliebt, ist nichts anderes als die uralte deutsche Mentalität, entstanden in der Kleinstaaterei und dem Gefühl, jedweder Obrigkeit hilflos ausgeliefert zu sein. Das Volk der introvertierten Dichter und Denker ist eine Notgeburt sowohl der individuellen als auch der internationalen Machtlosigkeit gewesen. Man blickt seit jeher nicht gerne über den eigenen Tellerrand hinaus in Deutschland, außer vielleicht mit einem begehrlichen Blick. Diejenigen, die in Chemnitz protestiert haben, sind eigentlich die politisch erwachsenen Deutschen. Wer am heutigen Tage noch auf der Couch liegt, der wird auch dort liegen bleiben in dem Wissen, daß er sich mit allem, was kommt, so gut wird arrangieren können wie mit dem, was gewesen ist. Gewesen sein wird u.a. die Spezialdemokratie.

Aber wenn es schon unbedingt die „Bequemlichkeit“ sein soll: Es ist ja gerade das unermüdliche Wirken der Spezialdemokratie über Jahrzehnte gewesen, jedwede individuelle Verantwortung zu verteufeln und dazu aufzufordern, das Management sämtlicher Lebensrisiken an den Staat zu delegieren. Inzwischen ist in unserem Lande der letzte Mückenschiß gesetzlich geregelt. Sehr bequem, das alles. Na ja, – und Staat wird es wohl immer geben. Für die deutsche Sofakartoffel muß das nicht unbedingt ein spezialdemokratischer sein.

Und wieder kommt diese Assoziation: Nach wem ruft der kleine Spezialdemokrat eigentlich? In Chemnitz hat sich doch gezeigt, wie das Kräfteverhältnis ist. Über zehntausend politisch Erwachsene gegen ungefähr dreitausend spezialdemokratische Infantilisten. Das mag vielleicht regional ein Extremverhältnis von 1 : 3 oder 1 : 4  sein, weil die politisch Erwachsenen eben am häufigsten in den neuen Bundesländern zu finden sind, aber selbst wenn man es großflächig auf die ganze Republik verteilen würde, käme man über ein 1 : 2 wohl kaum hinaus, was das Mobilisierungspotential betrifft.

Und dann gibt es da ja auch noch eine der liebsten aller spezialdemokratischen Ziffern, die Dunkelziffer. Nicht wenige der nicht zu mobilisierenden Sofakartoffeln sitzen ja nur deswegen dort, weil sie persönlich viel zu verlieren hätten, wenn sie sich gegen die Maas´sche Spezialdemokratie allzu weit aus dem Fenster lehnen würden. Die sitzen also da und beobachten das alles mit klammheimlicher Freude. Das heißt: Je länger die gewählten Typen mitsamt ihren „sozialethisch fragwürdigen Charakteren“ mit dem Einsatz von Schußwaffen gegen die politisch Erwachsenen zuwarten, desto größer wird die Zahl derjenigen werden, die sich trauen. Würde es aber erst einmal dazu kommen, könnte sich Heiko Maas jeden weiteren Aufruf sparen. Dann nämlich würde der letzte Blinde erkannt haben, um was für ein totalitäres Regime es sich handelt. In Chemnitz und in Dresden weiß man das allerdings heute schon.

Nein, der Bundesaußenminister verkennt die Lage völlig. Da ist er konsequent. Es war nämlich noch nie anders. Es gibt keine Armee Wenck des kleinen Mannes. Die Spezialdemokraten dieser Republik, beileibe nicht alle nur in der SPD zuhause, werden noch eine Weile alle möglichen Daumenschräubchen drehen, um nicht in den Garderobenspiegel sehen zu müssen und sich dabei zu Tode zu erschrecken. Aber es wird ihnen nichts nützen. Man verzeihe mir meine typisch deutschen Assoziationen, aber auch die wurden von der Spezialdemokratie gehegt und gepflegt. Deshalb: Klappe und Schuß.

Die „Katarina der rechtsfreien Räume“ darf freilich auch noch zu Wort kommen, damit sie sich nicht nur mitgemeint fühlen muß.

Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) sagte der Zeitung, die Ermittlungen in Chemnitz müssten aufklären, inwieweit rechtsextreme Netzwerke hinter den Demonstrationen und ausländerfeindlichen Ausschreitungen stecken. „Wir dulden nicht, dass Rechtsradikale unsere Gesellschaft unterwandern.

Eher über kurz als über lang wird es diese „Gesellschaft“ nicht mehr hinnehmen, daß sie von Spezialdemokraten unterwandert wird. Der Krug geht solange zum Brunnen, bis er bricht.

Quelle!:

Empfohlene Artikel
- Advertisment -
Translate »