Freitag, März 29, 2024
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Altersvorsorge: Staat betrügt Rentner um 33 Milliarden Euro

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Privat für das Alter vorgesorgt und unterm Strich ein Verlustgeschäft: So geht es unzähligen Rentnern, die über ihre Firma eine betriebliche Altersvorsorge abgeschlossen haben. Denn der Staat holt sich nachträglich fast

17 Prozent des Ersparten. Betroffene sprechen von Betrug.

So erging es Angelika Thalhofer, 68 Jahre alt. Sie hatte jahrelang von Ihrem Gehalt auf monatlich 409 Euro verzichtet.

Der Arbeitgeber zahlte den Betrag bei einem Versicherungsunternehmen ein. Zur Rente bekam sie knapp 50.000 Euro ausgezahlt. Doch nun muss sie insgesamt rund 9.000 Euro Krankenkassenbeiträge darauf bezahlen. Unterm Strich bleibt ihr dadurch weniger, als sie einbezahlt hatte. Der Verlust Ihres Lebens, meint Angelika Thalhofer.

“Die finanzielle Planung ist vollkommen ausgehebelt worden, ich hab mich richtig abgezockt gefühlt vom Staat. Und das ist auch, man kann es drehen und wenden wie man will, es ist eine kalte Enteignung.”

Angelika Thalhofer

Der Staat ruft: Zur Kasse, bitte!

Denn mit dem sogenannten Gesundheitsmodernisierungsgesetz wurde beschlossen, dass die Rentner ab dem 1. Januar 2004 zur Kasse gebeten werden und auf alle Auszahlungen aus der betrieblichen Altersversorgung Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung bezahlen müssen. Und das auch noch voll, Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteil, derzeit also 16,95 Prozent. Für einige ist das eine besondere Härte, meint der Sozialrechtler Prof. Dr. Giesen von der Ludwig-Maximilian-Universität München.

“Der Staat brauchte das geld. Er füllt sich sicherlich die Taschen, dort wo er es am leichtesten holen kann, das war die betriebliche Altersversorgung. Die sollte ja anfangs attraktiv sein, später wurde sie sogar mehr belastet als mancher Lebensversicherungsvertrag. Besonders hart hat es dann die getroffen, die in der Einzahlungsphase schon Beiträge zahlen mussten zur Krankenversicherung und dann in der Auszahlungsphase schon wieder – das war für manche bestimmt eine verfassungswidrige Härte.”

Sozialrechtler Prof. Dr. Giesen von der Ludwig-Maximilian-Universität München

Zum Vertragsabschluss galten andere Gesetze

Normalerweise gelten Gesetze für Neuverträge, hier aber beschließt der Staat dies auch für alle bereits laufenden Verträge quasi rückwirkend. Und das betrifft zu diesem Zeitpunkt nach Recherchen von ARD Plusminus rund 8,3 Millionen Policen. Daraus ergeben sich etwa 33 Milliarden Euro Beitragszahlungen, die ahnungslose Rentner aufbringen müssen, obwohl sie nach der Gesetzeslage zum Zeitpunkt ihrer Vertragsabschlüsse davon befreit waren oder nur den halben, also den Arbeitnehmersatz für die Krankenkasse, zahlen mussten. Sie folgten damals der Aufforderung der Politik, privat für das Alter vorzusorgen und werden nun dafür geschröpft.

“Im Jahr 2013 wurden über diese sogenannten Versorgungsbezüge rund 5,2 Milliarden Euro eingenommen. Würde man den Beitragssatz halbieren, würde die Hälfte fehlen – das heißt 2,6 Milliarden Euro wären zu wenig. Das müsste ausgeglichen werden, zum Beispiel über Zusatzbeiträge. Das wären im Durchschnitt für alle Krankenkassen plus 0,2 Prozent.”

Florian Lanz vom Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen

Diesen Schritt will die Regierung offensichtlich nicht gehen, obwohl die gesetzlichen Krankenkassen und der Gesundheitsfonds 2014 bereits 28 Milliarden Euro Reserven angehäuft haben. Die betroffenen Rentner sind inzwischen stinksauer, doch Proteste und Klagen liefen bislang ins Leere.

Protest vor dem Reichstag

Nun sind einige von Ihnen vor dem Reichstag in Berlin auf die Straße gegangen und haben demonstriert, um die Politik dazu zu bewegen, das Gesetz zurück zu nehmen. Sie hatten zum Gespräch geladen, doch die im Bundestag vertretenen Parteien haben abgesagt. Nur der ehemalige FDP-Abgeordnete Detlef Parr sicherte Unterstützung zu.

“Es waren ja nicht nur SPD und die Grünen, es war ja auch die Union, die diesem Gesetz zugestimmt hat. Und ich war in diesen Nächten dabei, in dieser überfraktionellen Arbeitsgruppe und für mich waren es deprimierende Nächte. Es war einfach nicht in Ordnung dass man enteignet, dass man eingreift in private Verträge. Dieser Vertrauensschutz ist gebrochen worden.”

Detlef Parr, ehemaliger FDP-Abgeordneter

Die Betroffenen kämpfen weiter und wollen auch aufklären, denn viele Jüngere, die vorsorgen und deren Verträge noch nicht ausgezahlt wurden, wissen noch gar nicht, dass sie darauf Krankenkassenbeiträge zahlen müssen. Sie haben die Chance, Verträge noch beitragsfrei zu stellen, und möglichen Verlusten vorzubeugen.

Quelle: br.de vom 25.03.2015

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