Freitag, März 29, 2024
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Auf türkischen Zuruf: Hetzkampagne gegen unschuldige Lehrerin

Vor genau einem Jahr raschelte ein Skandal durch den Blätterwald der Medien. Eine Mittelschul-Lehrerin in Vorarlberg habe Mohammed, den Propheten des Islams, im Unterricht als Kinderschänder bezeichnet. Bildungs-Landesrätin Bernadette Mennel (ÖVP) gab sich vor den Medien pflichtbewusst bestürzt. Der Verfassungsschutz wurde eingeschaltet. Islamistische Organisationen stürzten sich auf den Fall, sprachen Drohungen aus. Das türkische Generalkonsulat schaltete sich ein.

Weil dieser Fall vor exakt einem Jahr Schlagzeilen machte, ist er durch die Wiederholungsfunktion von Facebook gerade wieder in aller Munde. Wie er sich weiter entwickelte, erfuhr die Öffentlichkeit aber erst in einem verhaltenen Artikel der „Vorarlberger Nachrichten“ am 3. September. Es ist eine Geschichte exemplarischer Verfolgung wegen eines angeblichen Meinungsverbrechens, das im vorliegenden Fall aber nicht einmal stattgefunden hatte.

Erfundene Vorwürfe und Missverständnisse

Anfang März 2016 behaupteten 14-jährige Schüler der Bregenzer Mittelschule, an welcher Angelika R. als Lehrerin arbeitet, sie hätte den Propheten Mohammed im Unterricht als Kinderschänder und alle Muslime als Terroristen verunglimpft. Mit dieser Geschichte wandten sie sich an ihre Eltern. Die Lehrerin ging zuerst davon aus, dass sich der Fall bereits als Missverständnis aufgeklärt hätte, denn Eltern, Schüler, Direktor und Lehrerin waren zu Aussprachen zusammengekommen und hätten gemeinsam befunden, dass die Vorwürfe teils frei erfunden waren, teils aus Missverständnissen bestanden. Die Schüler hätten sich von der Lehrerin per Handschlag entschuldigt.

Türkische Gruppen machten Druck

In weiterer Folge brachte die Türkenfraktion NBZ in der Arbeiterkammer eine wahre Hexenjagd ins Rollen. Adnan Dincer, Obmann der „Neue Bewegung für die Zukunft“, welche sich inzwischen auch als Partei konstituiert hat, stürzte sich nach Angaben der „Vorarlberger Nachrichten“ auf den Fall. Ein türkisches Online-Medium habe mit „Berichterstattung gedroht“. Und das türkische Konsulat machte in einem Schreiben Druck auf die Landesregierung, welche pflichteifrigst die Justiz informierte, welche Ermittlungen aufnahm.

Ermittlungen trotz geklärtem Sachverhalt

Obwohl die Vorwürfe als Lügenmärchen geklärt schienen, drohte der Lehrerin nun auf türkischen Zuruf eine Verurteilung wegen Verhetzung mit einem Strafmaß von bis zu fünf Jahren. Bei der Schulbehörde fand sie keine Unterstützung. Medien berichteten über den Fall, recherchierten die Hintergründe nicht, sondern transportierten nur die Vorwürfe. Die solchermaßen von allen Seiten beschuldigte und gemobbte Lehrkraft brach physisch und psychisch zusammen.

Nach der Einvernahme durch den Verfassungsschutz stellte die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen ein. „Weil kein tatsächlicher Grund zur weiteren Verfolgung besteht.“ Das Martyrium der Lehrkraft dauerte von März bis Mitte Juni an, bis sie erleichtert aufatmen konnte. Wie man an den immer noch durch Social Media geisternden Artikeln sehen kann, wird der Vorwurf aber noch lange an ihr hängen bleiben und immer wieder aufgekocht.

Beitragsbild: Hintergrundbild: von Klasse9a-projekt (Eigenes Werk) [Public domain], via Wikimedia Commons / Fahne: Pixabay / Collage: Info-DIREKT

Quelle: Info Direkt

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