Donnerstag, März 28, 2024
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Aufgeflogen: Hetzseiten auf Facebook stammen von der SPÖ

Kurz vor der Wahl gerät die SPÖ in der Causa Tal Silberstein gehörig unter Druck. Wie „profil“ und „Presse“ am Samstag berichteten, steckt der in Israel verhaftete Ex-Wahlkampfleiter der SPÖ sowohl hinter der Facebookseite „Die Wahrheit über Sebastian Kurz“ als auch hinter „Wir für Sebastian Kurz“, die sich als Fanseite für den VP-Chef gibt. Die ÖVP sieht damit eine rote Linie überschritten.

Die ÖVP wirft der SPÖ schon länger vor, verdecktes Dirty Campaigning gegen Kurz zu betreiben. Die Urheber der Seite „Die Wahrheit über Sebastian Kurz“ waren wegen ihrer Schlagseite bisher allerdings eher im FPÖ-Milieu vermutet worden. Und „Wir für Sebastian Kurz“ gab sich den Anstrich einer Fanseite für den ÖVP-Chef, die mit ihren Postings oft über das Ziel hinausschoss und damit potentielle Wähler vergraulen wollte. Die ÖVP verlangte vergeblich die Löschung der Seite.

Täuschung durch Kern-Kritik

Die SPÖ hatte eine Verbindung zu diesen Seiten bisher geleugnet. Bundesgeschäftsführer Georg Niedermühlbichler wies im August darauf hin, dass auf „Wir für Sebastian Kurz“ scharf gegen Kanzler Christian Kern geschossen werde: „Die Höhe ist, dass die ÖVP dann auch noch die Chuzpe hat, uns für diese Seiten verantwortlich zu machen. Das ist Dirty Campaigning, wie es im Lehrbuch steht.“ „Presse“ und „profil“ berichten nun allerdings, dass beide Seiten von einem Team des früheren SP-Beraters Silberstein organisiert wurden.

Niedermühlbichler beteuert, selbst nichts von derartigen Aufträgen gewusst zu haben. Er bestätigt aber, dass zumindest ein Mitarbeiter der Parteizentrale informiert war. Man habe den Fall hausintern „genauestens prüfen lassen“, so der SP-Bundesgeschäftsführer: „Es gab tatsächlich einen Mitarbeiter, der um diese Facebookseiten wusste. Da er nach einem schweren Unfall im Krankenstand ist, können wir genauere Informationen dazu nicht erheben.“ Als Konsequenz droht er an: „Wir werden nach seiner Rückkehr ein klärendes Gespräch mit dem Mitarbeiter führen“.

„Neuer Tiefpunkt der SPÖ“

Betrieben wurden die Facebookseiten den Berichten zufolge von einem PR-Berater, der früher auch für ÖVP und NEOS gearbeitet hatte. Er bestreitet in der „Presse“, mit Silberstein für die SPÖ gearbeitet zu haben. Die beiden Seiten „Wir für Sebastian Kurz“ und „Die Wahrheit über Sebastian Kurz“ sind nach der Veröffentlichung der Zusammenhänge am Freitag vom Netz gegangen.

Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) übte nach den Enthüllungen heftige Kritik an der SPÖ und ihrem Vorsitzenden Christian Kern. Mit den manipulierten Pro- und Contra-Facebookseiten gegen ÖVP-Chef Sebastian Kurz habe die SPÖ-Kampagne einen „neuen Tiefpunkt“ erreicht, sagte Stelzer am Samstag gegenüber der APA. „Das ist nicht bloß Dirty oder Negative Campaigning, sondern schlichtweg Wählertäuschung“, sagte Stelzer, der auch stellvertretender Obmann der Bundes-ÖVP ist.

ÖVP: Unwissenheit unglaubwürdig

Kaum vorstellbar ist für Stelzer, dass die Anti-Kurz-Kampagne ohne Wissen und Zustimmung der SPÖ-Chefetage und nur von einem SPÖ-Mitarbeiter gestartet und betrieben wurde: „Da steckt ein System dahinter, mit ausreichend finanziellen Mitteln und Personal.“ Kritik an der SPÖ kam auch von ÖVP-Generalsekretärin Elisabeth Köstinger. Sie bezeichnete die Dirty Campaigning-Aktivitäten via Twitter als „Tiefpunkt im Wahlkampf“ und forderte eine Klarstellung von der SPÖ.

Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) forderte den Rücktritt von SPÖ-Bundesgeschäftsführer Niedermühlbichler. Bundeskanzler Kern müsse personelle Konsequenzen ziehen, erklärte Platter der APA: „Eine Entlassung der SPÖ-Bundesgeschäftsführung scheint für mich unumgänglich“.

Kern solle in seiner Partei für Ordnung sorgen. Die jüngsten Enthüllungen hätten die „Schwelle des Erträglichen endgültig überschritten“. Absolut unglaubwürdig sei, dass die SPÖ-Parteizentrale rund um Niedermühlbichler von den Machenschaften seines Beraters nichts gewusst haben soll, bemängelte Platter: „Es gibt nur zwei Möglichkeiten, entweder Kern und Niedermühlbichler haben die Partei nicht im Griff oder sie erzählen bewusst die Unwahrheit“.

„Kern führt SPÖ in ein Desaster“

Die FPÖ schoss sich auf Parteichef Christian Kern ein. „Ich bin enttäuscht, auf welche Art und Weise im Verantwortungsbereich von Bundeskanzler Kern Wahlkampf betrieben wird“, kritisierte FP-Vizeparteichef Norbert Hofer in einer Aussendung: „Auf der einen Seite wird eine Facebook-Seite eingerichtet, die antisemitische Postings absetzt und der FPÖ in die Schuhe geschoben wird und gleichzeitig wird auf EU-Ebene vor der FPÖ als Regierungspartei gewarnt.“ Kern treibe seine Partei in ein Desaster. Die FPÖ fordert außerdem die Offenlegung der kolportierten Kosten der Silberstein-Aktivitäten von 500.000 Euro.

Die Wiener NEOS haben indessen bekannt gegeben, ihre Zusammenarbeit mit dem laut „Presse“ von Silberstein für die operative Umsetzung der Facebook-Kampagne engagierten PR-Berater Peter Puller vorzeitig zu beenden. „NEOS Wien war zu keinem Zeitpunkt von anderen Tätigkeiten oder Aufträgen von Herrn Puller für Tal Silberstein informiert und wir bedauern, dass wir von diesen Umständen über die Medien erfahren mussten“, hieß es. Puller hatte gegenüber der „Presse“ bestritten, mit Silberstein für die SPÖ gearbeitet zu haben. Für die APA war er am Samstag nicht erreichbar.

Erfahrung in Kärnten

Erfahrung mit Fakeaccounts dürfte die SPÖ wohl schon früher in Kärnten gesammelt haben. Attacken auf den politischen Mitbewerber, Verungimpflichung missliebiger Parteikollegen, Falschaussagen und Eigenlob: Anonym und im Schutze von Fake-Accounts trieben SPÖ-Funktionäre ihr Unwesen im Internet. Offiziell wurde bestätigt, dass die Sozialistische Junge Generation ein Profil anlegte, um unerkannt im Internet auf patriotischen Portalen aktiv zu sein. Im Mai nahm deshalb der stellvertretende Klubobmann der Villacher SPÖ seinen Hut und leistete Sozialstunden.

Beitragsbild: By SPÖ Presse und Kommunikation (Pressekonferenz Christian Kern 17.5.2016) [CC BY-SA 2.0], via Wikimedia Commons

Quelle: http://info-direkt.eu/2017/09/30/aufgeflogen-spoe-organisierte-hetz/

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