Donnerstag, April 25, 2024
StartPolitikBDI-Chef erwartet „Hochkonjunktur“ – Und wieder das Märchen vom Fachkräftemangel?

BDI-Chef erwartet „Hochkonjunktur“ – Und wieder das Märchen vom Fachkräftemangel?

Union und SPD sollen sich bei den Sondierungen in einer Fachgruppe auf ein Gesetz zur Fachkräfte-Zuwanderung geeinigt haben, wie das „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ berichtet. Das begrüßt der Bundesverband der Deutschen Industrie.

Von einem Märchen der Arbeitgeber spricht die Linkspartei und kritisiert das Vorhaben.

Die deutsche Industrie blickt optimistisch in das neue Jahr und erwartet einen Zuwachs des Bruttoinlandsproduktes von 2,25 Prozent. Die Wirtschaft sei auf dem Weg in die Hochkonjunktur, der Beschäftigungsaufbau werde in diesem Jahr zunehmen und etliche 100.000 neue Arbeitsplätze würden entstehen, sagte bei der Jahrespressekonferenz der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Dieter Kempf. „Die Industrie sucht händeringend nach Arbeitskräften. Vor allem hochausgebildete Fachkräfte sind kaum noch zu finden“, beklagt Kempf.

Ein Vorstoß der Sondierungspartner scheint da gerade richtig zu kommen: Aus einem Dokument der Sondierungs-Arbeitsgruppe Wirtschaft, Verkehr, Digitalisierung zitierte das „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (RND), dass der Zugang qualifizierter Arbeitskräfte nach Deutschland geordnet und gesteuert werden solle. Deutschland solle so attraktiver für internationale Fachkräfte werden. Offenbar gebe es aber keine Einigung bei den Begriffen. Die Unionsparteien sprechen von einem Fachkräftezuwanderungsgesetz. Die SPD will von einem Einwanderungsgesetz sprechen.

Die Leiter der Sondierungsgruppe, der stellvertretende CDU-Vorsitzende Thomas Strobl, CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt und der stellvertretende SPD-Chef Thorsten Schäfer-Gümbel sollen demnach eine Fachkräftestrategie vorschlagen, die auch Potenziale im Inland stärken soll. Die Erwerbstätigkeit von Frauen soll gefördert und die Rahmenbedingungen für ältere Arbeitnehmer verbessert werden.

„Das Märchen“

Dieses Gesetz begrüßt auch der BDI-Chef: „Die Tatsache, dass man sich dem Thema widmet und daraus eine gesteuerte Zuwanderung von Fachkräften macht mit deutlich niedrigeren Schwellen als bisher, macht uns zuversichtlich, diese Arbeitsplätze zu kreieren.“

Zaklin Nastic spricht von einem Märchen der Politiker und Lobbyisten: „Deutschland braucht kein solches Gesetz. Die Behauptung, es gäbe einen Fachkräftemangel, stimmt einfach nicht. Das Institut für Arbeits- und Berufsforschung ist zu dem Ergebnis gekommen, dass es solch einen Fachkräftemangel nicht gibt.“ Aber auch auf der Seite des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie wird ein ähnliches Ergebnis deutlich: „Es gibt in Deutschland derzeit keinen flächendeckenden Fachkräftemangel. Allerdings verstärkt der demografische Wandel die Tendenz zu Fachkräfteengpässen zunehmend“, ist auf der Seite zu lesen.

Aus Sicht der Politikerin gehe es den Unternehmen darum, schnellere und kostengünstigere Besetzungen für freie Stellen zu schaffen. „Außerdem haben wir in Deutschland bereits Regelungen für Zuwanderung, die es schon jetzt ermöglichen, Fachkräften einwandern zu lassen – z.B. die Bluecard.“ Allein 2016 seien EU-weit 94,8 Prozent der ausgegebenen Bluecards auf Deutschland ausgestellt worden, so Nastic. Jedoch sei die Bluecard nicht attraktiv genug, bemängelt die Politikerin: „Nach dieser Regelung darf ein eingewanderter Ingenieur bis zu 47 Prozent weniger verdienen als sein in Deutschland ausgebildeter Kollege. Daher ist aus meiner Sicht diese Regelung auf Lohndumping ausgerichtet.“

Kempf kontert

Fehlende Anreize und mangelnde finanzielle Lukrativität würden die Industrie nicht betreffen, betont der BDI-Präsident gegenüber Sputnik: „Dort gibt es attraktive Arbeitsplätze. Deshalb ist auch das Thema Mindestlohn hier kein Thema. Ich kenne keinen Industriebetrieb, der auf dem Mindestlohnniveau zahlt.“

Der BDI plädierte bei der Pressekonferenz dafür, zügig Koalitionsverhandlungen aufzunehmen. Doch er zeigte sich auch überzeugt, dass eine Einigung in den Gesprächen erzielt wird. „Wir brauchen rasch eine neue Regierung“, sagte Kempf. An ein Scheitern der Sondierungen möchte er gar nicht denken.

Autor: Paul Linke

Interview mit Zaklin Nastic (Die Linke)  Quelle!

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