Dienstag, April 23, 2024
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Belgiens Ex-Premier: "Schlüssel zu Europas Toren" an Erdogan übergeben

Bundeskanzlerin Merkel und Präsident Erdogan bei einem Treffen am 18. Oktober 2015 im Yildiz-Palast in Istanbul

Die Führer der EU mussten sich jetzt gegen scharfe Kritik aus dem eigenen, europäischen Parlament verteidigen. Der ehemalige Premierminister Belgiens und derzeitige

ALDE-Fraktionschef im EU-Parlament, Guy Verhofstadt, kritisierte, man habe Europas Probleme an einen

"autokratischen Führer" ausgelagert, man habe Erdogan "die Schlüssel zu Europas Toren gegeben". Weitere Parlamentarier sahen das ähnlich.

 

EU-Ratspräsident Donald Tusk sagte: "Es ist eine gefährliche Illusion zu glauben, dass es eine ideale und hundertprozentig effektive Lösung gibt."

 

 

Auch der EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker verteidigte das Abkommen, dass, seinen Aussagen zufolge, wegen mangelnder Solidarität innerhalb der EU nötig gewesen sei, meldete DPA. 

Der Preis der Freiheit

Der Vorsitzende der liberalen ALDE-Fraktion, Guy Verhofstadt (Belgien), sagte über den türkischen Präsidenten: "Wir haben versucht, unsere Probleme an einen autokratischen Führer auszulagern", zitiert die "Südwest Presse".

Weiter sagte Verhofstadt: "Wir haben ihm schon die Schlüssel zu Europas Toren gegeben, nun laufen wir Gefahr, ihn auch unsere Redaktionen und Medien kontrollieren zu lassen."

Er distanzierte sich zwar von der "Art Humor", die Böhmermannproduziert habe, sagte aber, dass in einer freien Gesellschaft dies möglich sein müsse. "Das ist der Preis, den wir gerne für unsere Freiheit zahlen."

Auch der Vorsitzende der christdemokratischen EVP-Fraktion, Manfred Weber (CSU), sagte, dass Erdogan Meinungsfreiheit, Pressefreiheit und auch die Minderheitenrechte respektieren müsse. "Und dies gilt nicht nur für die Meinungs- und Pressefreiheit in der Türkei, sondern auch für die Meinungsfreiheit und auch die künstlerische Freiheit auf diesem Kontinent."

Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Rebecca Harms, betonte: "Die Freiheit der Kunst und der Presse wird in Deutschland nicht von Erdogan entschieden werden."

Grundwerte gegen zweifelhafte Erfolge tauschen?

Kommissionspräsident Juncker sagte: "Natürlich gibt es Themen, mehr als nur eines, bei denen die Türkei und die EU höchst unterschiedlicher Meinung sind. So sehr wir die Zusammenarbeit für die Flüchtlinge schätzen, so unverändert ist unsere Haltung in anderen Fragen, wenn es etwa um Grundwerte wie dasjenige der Pressefreiheit geht", sagte Juncker laut DPA auch in Bezug auf die Böhmermann-Affäre hin. Er könne nicht nachvollziehen, dass der deutsche Botschafter in der Türkei wegen eines "unmöglichen satirischen Liedes" einbestellt wurde.

EU-Ratspräsident und maßgeblicher Schmied beim EU-Türkei-Deal, Donald Tusk bekannte: "Wir sind uns der Risiken und Schwächen bewusst." Wie akzeptabel das Arrangement letztlich sei, hänge von der praktischen Umsetzung ab. Immerhin seien die Flüchtlingszahlen rückläufig, schreibt die SWP weiter.

Für Liberalen-Chef Verhofstadt ist das nicht so sicher: Am Dienstag seien 50 Bootsflüchtlinge über die Ägäis nach Griechenland gekommen, statt wie vor dem Deal 1700 pro Tag. Dafür habe aber die italienische Küstenwacht nicht mehr wie vormals 50, sondern 2154 Menschen aus dem Wasser gezogen, schreibt die SWP. Und Verhofstadt fragt: "Soll das wirklich ein Deal sein, der funktioniert?" 

(sm)

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