Mittwoch, April 24, 2024
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Bereiten „Bilderberger“ 2018 Krieg gegen Russland vor?

Ein „geplanter Krieg gegen Russland und die schaurige Vision einer neofeudalen vollcomputerisierten Welt“ gehören zu den Motiven des diesjährigen „Bilderberg“-Treffens in Turin. Davon ist der Politologe und Publizist Hermann Ploppa überzeugt. Er verweist dabei auf die Teilnehmenden. Im Interview macht er auf Hintergründe des Treffens aufmerksam.

Vom Donnerstag bis Sonntag treffen sich in Turin diejenigen aus Politik, Wirtschaft und Medien verschiedener Länder, die zum diesjährigen „Bilderberg“-Treffen eingeladen sind. Auch diesmal sorgt das seit Jahren geheimnisumwitterte und vieldiskutierte Ereignis für Rätselraten, Deutungsversuche und auch Missverständnisse. Das liegt auch daran, dass diese Treffen seit 1954 unter Ausschluss der Öffentlichkeit ablaufen.

Erst seit 2010 gibt es eine Website www.bilderbergmeetings.org mit einigen wenigen Informationen. Danach geht es bei den vier Tagen in Turin mit etwa 130 Teilnehmenden unter anderem um folgende Themen: Populismus in Europa, die Herausforderung der Ungleichheit, die Zukunft der Arbeit, die sogenannte Künstliche Intelligenz und Quantencomputer, aber ebenso um die USA, Russland, Saudi-Arabien und den Iran.

Interessante Teilnehmerliste
Marcus Klöckner hat am Mittwoch in einem Beitrag für das Onlinemagazin „NachDenkSeiten“ (NDS) einen Ausschnitt aus der Teilnehmerliste veröffentlicht. Da sind unter anderem zu finden: Ursula von der Leyen (Bundesverteidigungsministerin, CDU), Günther Oettinger (EU-Kommissar für Haushalt und Personal, CDU), Jens Stoltenberg (NATO-Generalsekretär), Mathias Döpfner (Vorstandsvorsitzender der Axel Springer AG), Charles Michel (Premierminister Belgien), Kyriakos Mitsotakis (Vorsitzender der griechischen Partei Nea Demokratia, Oppositionsführer im griechischen Parlament), William Alexander (König der Niederlande), Jüri Ratas (Ministerpräsident von Estland), Mark Rutte (Ministerpräsident der Niederlande), Mehmet Simsek (stellvertretender Ministerpräsident der Türkei), Hartmut Neven (Leiter der Entwicklung von Quantencomputern bei Google), Salvatore Rossi (stellvertretender Chef der Bank Italiens). Hinzu kommen eine ganze Reihe von Unternehmensmanagern und hochrangige Universitätsvertreter, aber auch Medienvertreter wie zum Beispiel Bruno Patino, verantwortlich für den Inhalt bei Arte France TV.

Für den Politologen und Publizisten Hermann Ploppa sind die beiden Hauptmotive des diesjährigen „Bilderberg“-Treffens „der geplante Krieg gegen Russland und die schaurige Vision einer neofeudalen vollcomputerisierten Welt“. Das werde für ihn bereits an der Liste der Teilnehmenden deutlich, wie er gegenüber Sputnik erklärte. 2017 hat Ploppa das Buch „Die Macher hinter den Kulissen“ über transatlantische Netzwerke als Gefahr für die Demokratie veröffentlicht.

Kapitalistisches Grundmuster
Der politische Publizist sieht wie NDS-Autor Klöckner in den „Bilderbergern“ keine „geheime Weltregierung“, die im Schatten die globalen Entwicklungen steuert. In Turin werde nichts beschlossen und dann Eins zu Eins umgesetzt. „Das ist eine unverbindliche Diskussion. Das darf ohne Nennung der Namen, wer es gesagt hat, veröffentlicht werden.“ Es werde kein Regierungshandeln beschlossen – aber zum Beispiel bei den Teilnehmenden und beim Vergleich der diesjährigen Themen mit späteren Entwicklungen ließen sich Grundlinien erkennen.

Was bei den „Bilderberg“-Treffen in den Gesprächsrunden und Pausengesprächen miteinander beredet werde, bleibe mithin nicht ohne Einfluss und Folgen, auch wenn nicht direkt regiert werde, bestätigte Ploppa. In dem Buch „Wie Eliten Macht organisieren“ aus dem Jahr 2016 stellt Aleksander Zielinski in einem Beitrag über diese Treffen seit 1954 fest: Solche Netzwerke und Ereignisse gehören als „continuity of government“ (permanente Regierung) zu den Grundmustern des Regierens in demokratisch-kapitalistischen Systemen.

„Dabei wird versucht, die Auswahl der Spitzenkandidaten und die öffentliche Meinung so zu beeinflussen, dass regelmäßig stattfindende politische Wahlen keinen fundamentalen Einfluss auf die Gesetzgebung haben, damit die Eckpfeiler des kapitalistischen Systems wie Privateigentum oder Vertragsfreiheit nicht infrage gestellt werden. Stattdessen trifft eine Gruppe von ‚Experten‘ die wichtigsten Entscheidungen – man spricht in diesem Zusammenhang oft von Technokratie.“

Das „Bilderberg“-Netzwerk sei „eine solche technokratische Expertengruppe“, so Zielinski in seinem Text.

Elitäre Interessen
Ploppa sieht das ähnlich. In einem Beitrag über transatlantische und marktradikale Netzwerke in dem Buch „Fassadendemokratie und tiefer Staat“ (2017) meint er: „Egal, welche Partei gewinnt, welche Köpfe immer das Kanzleramt zieren, die Politik bleibt stets dieselbe. Das bedeutet mehr Rüstung, weniger Sozialstaat und verrottende Infrastruktur.“ Eine selbsternannte „Elite“ habe „kein Interesse, ihre Absichten einer größeren Öffentlichkeit zur Diskussion zu stellen, sich demokratischen Abstimmungen auszusetzen oder sich von deren Entscheidungen abhängig zu machen.“

Die in der Schule gelernten Prozesse und Mechanismen einer Demokratie entsprechen laut Ploppa nicht der politischen Realität. „Dahinter gibt es subtile Strukturen, die genau das verhindern wollen, dass das immer Eins zu Eins umgesetzt wird“, sagte der Publizist im Interview. Als Beispiel dafür nannte er die Bundestagswahl 1998, „als die Bevölkerung einmütig Gerhard Schröder und Joschka Fischer beauftragt hatte, eine friedliche Politik zu machen und mehr soziale Gerechtigkeit zu bringen. Wir wissen alle: Das Gegenteil war der Fall mit dem ersten Aggressionskrieg seit 1945, an dem Deutschland gegen Jugoslawien teilnahm und der ‚Agenda 2010‘ zur weiteren Verarmung und Lockerung der Finanzmärkte.“

Sinkende Bedeutung
Lockere Gruppen wie die „Bilderberger“ und Netzwerke, zu denen nach Ploppa unter anderem die „Atlantik-Brücke“, die „Trilaterale Kommission“ und der „Council on Foreign Relations“ gehören, hätten sich spätestens seit 1945 im Hintergrund entwickelt und gefunden. „Sie werden besetzt von Superreichen und ihren Turbo-Intellektuellen, die sie unterstützen, und entsprechenden Leuten in den Medien.“ Die „Bilderberg“-Treffen seien ab 1954 organisiert worden, um die selbsternannten Eliten der USA und Westeuropas zusammenzubringen.

Für Ploppa haben diese Treffen nicht nur etwas von ihrer Rätselhaftigkeit verloren, sondern seien auch für die Geld- und Machteliten nicht mehr so bedeutsam wie früher. Es sei sogar „eher ein Auslaufmodell“. Das zeige sich nicht nur an dem größeren Kreis der Teilnehmenden und der zaghaften Öffnung für die Öffentlichkeit, nachdem sie früher niemand kannte. „Das sind nicht mehr die ganz Mächtigen dieser Welt.“ Inzwischen gebe es eine ganze Reihe ähnlicher diskreter Treffen und Gruppen der Superreichen und ihrer Helfer, die Strategien entwickeln, „wie sie den demokratischen Prozess unterwandern können“.

Geopolitisches Spiel
Der Publizist nannte als weitere Beispiele das „Weltwirtschaftsforum“ (WEF) in Davos und den „European Round Table of Industrialists“ („Europäischer Runder Tisch Industrieller“ – ERT). Diese würden der europäischen Politik Vorgaben machen und Grundlinien vorgeben, was gar nicht öffentlich wahrgenommen werde. „Das wird dann plötzlich aus dem Hut gezaubert und über die Medien als ganz wichtige Agenda verbreitet.“

Für Ploppa gehört das zu einem „weltpolitischen Spiel“, weil China und Russland ebenso begonnen hätten, ähnliche Techniken und Strukturen wie Thinktanks zu entwickeln. „China ist da schon weiter als die USA. Auch Herr Putin mit seiner ‚Waldai‘-Gruppe versucht, Intelligenz außerhalb der institutionellen Zusammenhänge zu bündeln.“ Das zeuge ebenfalls von der schwindenden Bedeutung des „Bilderberg“-Treffens „innerhalb dieses gesamtgesellschaftlichen geopolitischen Spiels“.

Interview mit Hermann Ploppa

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