Donnerstag, März 28, 2024
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Bundeswehrprofessor: Unser Staat nennt sich Staat, ist aber keiner mehr

Michael Wolffsohn, bis 2012 Professor an der Universität der Bundeswehr in München, sieht die Sicherheit in Deutschland im Sinkflug begriffen. Nach seiner Auffassung »zerbröselt« der Vielvölkerstaat Deutschland, weil der deutsche Staat seine eigenen Bürger im Stich lässt.

Wenn einer der renommiertesten deutschen Historiker im Jahr 2016 in einem neuen Sachbuch den Satz schreibt »Eine Raum- und Lebensgemeinschaft braucht Schutz«, dann zuckt man als durchschnittlicher Leser erst einmal zusammen. Michael Wolffsohn, schon 1988 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichneter jüdischer Publizist, schreibt das so auf Seite 90 seines neuen Buches Zivilcourage, dessen Untertitel bezeichnenderweise lautet: »Wie der Staat seine Bürger im Stich lässt«.

Gewiss, der Mann ist umstritten, weil er für Werte eintritt, welche in einer multikulturellen Umgebung nicht jeder erträgt. So fordert Wolffsohn das Eiserne Kreuz als Orden für Bundeswehrsoldaten und hält auch Folter für legitim, wenn es beispielsweise um die Bekämpfung des islamistischen Terrors geht.

In seinem neuesten Werk Zivilcourage (er hat immerhin schon Dutzende Sachbücher zuvor veröffentlicht), beschreibt er kenntnisreich, wie der deutsche Staat und seine Bürger sich auseinanderentwickelt haben. Sie »passen nicht mehr zueinander« (Seite 85). Er konstatiert »Verdrossenheit allenthalben, Auflösungserscheinungen und Glaubwürdigkeitslücken überall« (Seite 78). Weder Politiker noch Kirchen, Gewerkschaften, Industrieverbände oder Medien genössen Rückhalt in der Bevölkerung. Wolffsohn erkennt es daran, dass Politiker wie Sigmar Gabriel (SPD) Wähler jetzt als »Pack« beschimpfen.

Buchtipp zum Thema: Zivilcourage von Michael Wolffsohn

Und das Pack reagiert völlig ungewohnt und ruft Politikern zu: »Wir sind das Pack«. Wolffsohn schreibt, die Bürger rufen nicht wie zur Wendezeit 1989/90 »Wir sind das Volk!«, sondern »Wir sind das Pack!«. Wir haben demnach jetzt keine Volkssouveränität mehr, sondern »Packsouveränität und damit Verfall der Zivilität. Ohne Zivilität keine Zivilcourage« (Seite 53). Ein solch verfallender Staat, dessen Bürger sich von ihm abwenden, könne aber auch keine Zivilcourage mehr von seinen Bürgern einfordern.

Das Sachbuch Zivilcourage des Hochschullehrers skizziert uns Deutschen eine düstere Zukunft. Wolffsohn beschreibt, was zwangsläufig in einem Staat passiert, der die Sicherheit seiner Bürger – so wie mittlerweile auch Deutschland – nicht mehr garantieren kann. Wolffsohn, selbst Jude, führt aus, dass sich in Israel, wo auch viele Muslime leben und der Staat ebenfalls kein Machtmonopol mehr hat, die Israelis nur noch selbst mit Waffen schützen können. Wachsamkeit und Wehrhaftigkeit lauten dort die Devise. Ebenso in den USA, wo die Sicherheit in letzter Konsequenz Bürgeraufgabe ist und der freie Zugang zu Waffen eine Selbstverständlichkeit.

In europäischen Ländern mit erodierender Sicherheit wie Deutschland versagt die Politik und rettet sich in einen immer wieder ausgerufenen »Aufstand der Anständigen«. Für Wolffsohn ist es das komplette Eingeständnis des Versagens. Er schreibt: »Man überdeckt dieses Versagen mit einem Zuckerguss, den man bei uns Aufstand der Anständigen nennt«. Das Buch Zivilcourage endet mit der düstersten möglichen Prognose: Unser Staat ist im Untergang begriffen, Sicherheit gibt es nicht mehr.

Aber noch traut sich keiner in Volk und Medien, das offen auszusprechen. Es ist wie im Märchen »Des Kaisers neue Kleider«.

Irgendwann schon bald wird dann ein kleiner Junge aus dem Volk aufstehen und laut fragen, warum unsere Politiker nackt da stehen, uns Bürger nicht schützen können, aber weiter Huldigungen von uns einfordern. Und dann werden sich plötzlich alle von ihnen abwenden und nur noch fragen, warum sie den Wahnsinn so lange mitgemacht haben.

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