Mittwoch, April 24, 2024
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CSU will Österreich Flüchtlinge schicken

„Vernünftiges Miteinander“

In der bayrischen Regierungspartei CSU begrüßt man Österreichs neue harte Linie in Asylfragen, Stichwort Notverordnung und Klagsankündigungen gegen Ungarn. Laut Parteigeneralsekretär Andreas Scheuer erwartet man nun, dass Österreich die neuen Maßstäbe auch auf sich selbst anwenden und daher „wohl auch Österreich viele Flüchtlinge von Deutschland zurücknehmen“ werde.

Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) hatte Ungarn im Konflikt über die Verordnung am Mittwoch mit einer Klage vor dem EuGH gedroht, weil Ungarn sich weigert, Flüchtlinge aus Österreich zurückzunehmen. Gegenüber der „Passauer Neuen Presse“ (Donnerstag-Ausgabe) sagte Scheuer nun: „Da ich noch gut die vielen Busse aus Österreich an der deutschen Grenze vor Augen habe, freut mich jetzt der Appell aus Wien, wieder zu Recht und Ordnung in Europa zurückkehren zu wollen.“

Gleiche Maßstäbe für alle eingefordert

Die CSU habe schon „seit Beginn der Flüchtlingskrise kritisiert, dass europäisches Recht gebrochen wird“, so Scheuer. Wenn Österreich nun die Einhaltung vor allem der europäischen Dublin-Vereinbarung von Ungarn fordere, erwarte er im Sinne eines „vernünftigen Miteinanders in Europa“ nun auch von Österreich, dass es selbst die Regeln einhalte, auf die es gegenüber Ungarn auch mit Klagsdrohungen pocht.

Nach der Dublin-Verordnung muss jeder Flüchtling seinen Asylantrag in dem EU-Land stellen, das er zuerst betreten hat. Wird er in einem anderen EU-Staat aufgegriffen, kann er in das Einreiseland zurückgeschickt werden. Ungarn argumentiert, dass die meisten Flüchtlinge über Griechenland eingereist seien. Die Rückführung nach Griechenland ist aber wegen der schwierigen Situation dort ausgesetzt.

Innenressort versteht Kritik nicht

Im Innenministerium zeigte man sich angesichts der impliziten Kritik des CSU-Generalsekretärs verwundert. „Wir verstehen die Kritik gar nicht, denn wir halten uns an die Regeln“, sagte eine Sprecherin des Innenressorts am Donnerstag. Österreich würde im Regelfall alle Dublin-Fälle innerhalb von 14 Tagen zurücknehmen.

„Vorrang für christlich-abendländischen Kulturkreis“

Scheuers Äußerungen sind in Zusammenhang mit einer weiteren Verschärfung der CSU-Linie zum Fremdenrecht zu sehen. In einer Beschlussvorlage für die Parteivorstandsklausur am Wochenende ist ein ganzer Katalog teils neuer, teils schon bekannter Forderungen enthalten. Dazu gehört auch eine gesetzlich festgelegte Obergrenze von 200.000 Flüchtlingen pro Jahr und, ebenfalls ähnlich wie in Österreich, Transitzonen an der Grenze und die konsequente Zurückweisung von Ausländern ohne Bleiberecht.

Zudem fordert die CSU die Abschaffung der doppelten Staatsbürgerschaft, ein Burkaverbot und ein „Einwanderungsbegrenzungsgesetz“. „In Zukunft muss gelten: Vorrang für Zuwanderer aus unserem christlich-abendländischen Kulturkreis“, heißt es in dem Papier. „Ein solches Gesetz ist eine klare Absage an die illegale Migration. Ein Staat muss selber entscheiden, wen er aufnimmt – nicht die Migranten entscheiden das.“

Gegen „Multikulti-Sonderformate“

„Deutschland muss Deutschland bleiben“, fordert die CSU in dem Papier und betont: „Wir sind dagegen, dass sich unser weltoffenes Land durch Zuwanderung oder Flüchtlingsströme verändert. Nicht wir haben uns nach den Zuwanderern zu richten, sondern umgekehrt.“ Die Partei bekräftigt deshalb ihren Willen zu einer Verankerung der „Leitkultur“ („das Gegenteil von Multikulti“) in der bayrischen Verfassung.

Das Tragen von Burka und Nikab will die CSU „in der Öffentlichkeit, wo immer dies rechtlich möglich ist, verbieten“. Die Burka sei „eine Uniform des Islamismus“. „Wer auf Burka und Nikab nicht verzichten möchte, sollte sich ein anderes Land aussuchen“, heißt es in der Vorlage. Zudem fordert die CSU: „Keine Multikulti-Sonderformate in der öffentlichen Daseinsvorsorge, wie gesonderte Badezeiten für Muslime.“ Und weiter: „Das Kopftuch wird weder im öffentlichen Dienst noch in der Justiz akzeptiert.“

CSU lobt sich selbst für Weitblick

Künftig muss nach dem Willen der CSU „die Feststellung eines Bleiberechts an der Grenze in Transitzonen erfolgen. Wer kein Bleiberecht hat, wird direkt aus der Transitzone zurückgewiesen.“ Auch bei Anerkennung des Flüchtlingsstatus müsse „nach Wegfall des Fluchtgrundes konsequent in die jeweiligen Heimatländer zurückgeführt werden“, da es „unmoralisch wäre, diesen Ländern Arbeitskräfte vorzuenthalten“.

Am Flüchtlingsabkommen zwischen EU und Türkei will die CSU festhalten, „da es neben der Schließung der Balkan-Route zur Verringerung des Zustroms nach Europa und Deutschland beigetragen hat“. Eine Visaliberalisierung für die Türkei lehnt die CSU aber ab. Generell will die CSU „Humanität“ nur auf „wirklich Schutzbedürftige“ beschränkt wissen. Die CSU habe „als einzige Partei von Beginn an einen klaren und unverrückbaren Kurs in der Zuwanderungsfrage. Andere wurden von der Realität eingeholt.“

Zwist mit Merkel zusehends offen ausgetragen

Die CSU-Ansagen können als Kampfansage an die wachsende rechtspopulistische AfD interpretiert werden, ebenso aber als Positionierung im zunehmend offenen Konflikt mit der Schwesterpartei CDU und deren Parteichefin, Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel. Wie die „Bild“-Zeitung am Donnerstag berichtete, hat Merkel die traditionelle Einladung zum CSU-Parteitag im November bisher nicht erhalten

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