Donnerstag, April 18, 2024
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Das „Coming out“ eines ganz normalen Deutschen: „Ich bin in der AfD!“

„Wer diesen staatsgefährdenden Shit lesen will, wer sich diese Beschreibung eines verpfuschten, ja perversen Lebens hier mitten unter uns in Deutschland antun möchte, der muss ganz stark sein. Also Vorsicht! Ich habe euch gewarnt.

Von Don Voller 

Ich habe diesen Tag lange hinausgezögert. Zu lange. Aber heute ist er da: Mein persönliches Outing.

Natürlich ist einem bei diesem Schritt nicht ganz wohl in der Magengegend. Regelrecht flau fühle ich mich. Immerhin besteht die Gefahr, am Ende der einsamste Mensch auf diesem Planeten zu sein. Aber bin ich das nicht jetzt schon?!

Insbesondere in meinem speziellen Fall ist es aber auch verdammt starker Tobak, der zur Sprache kommen wird.

Aber es nutzt ja nix. Also ran an den Speck. Ich hoffe nur, mit meiner Lebensbeichte nicht zu viele von Euch zu verschrecken oder Euch gar psychischen Schaden zuzufügen.

Im Vorfeld entschuldige ich mich bei all denen, die nachfolgend aufgeführte Fakten aus meinem Leben vielleicht nie bewusst wahrgenommen haben und sich dadurch nun verletzt fühlen. Das war wirklich nicht meine Absicht.

Entschuldigung.

Nun. Ich bin 1968 geboren. In Deutschland.

Auch meine Frau Mama und mein Vater sind in Deutschland geboren. Als ob dieser Umstand für sich genommen nicht schon reichen würde, muss ich leider noch zu Protokoll geben, das selbst die jeweiligen Eltern meiner Eltern schon in Deutschland geboren wurden! Ist das ein Hammer?!

Aber es kommt noch schlimmer! Noch viel schlimmer.

Damals bin ich als Junge zur Welt gekommen. Also mit einem Penis. An sich ja nicht sooo schlimm. Aber an diesem Umstand -und auch hier möchte ich mich bereits jetzt entschuldigen, -Jugendliche unter 16 sollten an dieser Stelle diese Seite verlassen – hat sich bis heute nichts geändert!!

Keine Geschlechtsumwandlung. Nicht einmal ein klitzekleiner Eingriff. Ich hatte nicht einmal das Bedürfnis, mir neben meinem eigenen Penis noch Brüste wachsen zu lassen!! Selbst Perücken oder Röcke sowie hochhackige Schuhe habe ich nie getragen. Und mich immer als Junge, -später dann als Mann gefühlt. Bis heute!

Rückblickend betrachtet kann ich es ja selbst nicht mehr nachvollziehen.

Aber das ist immer noch nicht alles.

Ich bin- Moment. Ich muss mich sammeln. Ich bin- Scheiße. Das habe ich mir aber leichter vorgestellt… Ich bin heterosexuell. Puh. Jetzt ist es raus…

Schon als Jugendlicher war ich sexuell über die Maße aktiv. Aber habe mich immer für Frauen interessiert. Und das allerschlimmste: Tja. Wie soll ich sagen: Ich habe mich immer für gleichalterige Frauen interessiert… Keine Omas. Keine Kinder. Nein. Frauen in meinem Alter mussten es sein. Ich bin am Ende.

Wenn sich nun meine Freundesliste deutlich ausdünnt: Macht es gut, Kameraden. Ich verstehe Euch. Mit so einem Sonderling will eben keiner was zu tun haben.

Aber wenn es nur das wäre…

Ich trage keinen Vollbart!! Nicht einmal Ansatzweise. Ich hasse Vollbärte! Heftig, nicht wahr?!

Irgendwann habe ich geheiratet. Ihr ahnt es vielleicht schon. Bei meiner etwas seltsamen Veranlagung musste es ja ausgerechnet EINE FRAU sein!! Ja, ich schäme mich. Aber heftig wird es erst, wenn ich Euch mitteile, das ich mit der Zuckerpuppe aus der Bauchtanztruppe noch immer verheiratet bin. Nicht eine Scheidung. Nix. Noch nicht mal aufs Maul gehauen habe ich ihr in den vergangenen acht Jahren mal. Und diese Frau ist – so wie ich – ebenfalls Deutsch. Und ihre Eltern auch. Und die Großeltern. Niemand von uns trägt Burka. Nicht mal ein klitzekleines Kopftuch. Tja, hartes Brot…

Unsere Ehe ist kinderlos geblieben. Meine Frau arbeitet im Einzelhandel. Ununterbrochen. Ohne jemals Transferleistungen empfangen zu haben.

Wir haben beide -entschuldigung. Nun. Wir haben beide einen qualifizierten Schulabschluss! Können lesen. Und schreiben. Sogar rechnen.

Und ich bin – jetzt muss ich schon wieder heulen. Ich bin – kleinen Moment noch. Ist nicht so leicht für mich. Ich bin selbständig. So. Nun wisst Ihr es. Gut. Selbständig sind ja hier viele. Aber bei mir ist selbst hier etwas gewaltig in die Hose gegangen… Denn ich verkaufe keine Döner oder betreibe einen Wett-Salon.

Vor zwanzig Jahren habe ich eine Firma aufgebaut. Und war noch nie arbeitslos. Ja, das ist wirklich gruselig.

Zu allem Überfluss zahle ich pünktlichst meine Steuern. Kann sich das jemand vorstellen?? Was bin ich eigentlich für ein perverses Schwein?! Noch nie Theater mit dem Finanzamt gehabt. Arbeitsplätze geschaffen. Wir bilden sogar junge Menschen aus. Und wisst Ihr was?! Ich entlohne meine Mitarbeiter so, daß sie von dieser einzigen Arbeitsstelle gut leben können. Plus Sozialleistungen. Und wir verstehen uns alle auch noch gut.

Na ja. Vielleicht ändert sich das ja, wenn ich diesen Text hier ausdrucke und am Montag bei uns in die Firma hänge…

So doof wie ich kann ja überhaupt kein Mensch sein. Dabei war ich früher ein wilder Junge. Mit allem drum und dran. Mit gelegentlichen Prügeleien und so. Aber selbst da bin ich anders. Ich habe noch nie jemandem ein Messer in den Körper geschoben!! Kann man sich das überhaupt vorstellen?! Bin ich nicht das Allerletzte??

Aber es kommt noch dicker! Meine Frau und ich sind nicht überschuldet!! Wie konnte ich mit diesem Makel so lange in dieser Gesellschaft unerkannt mein Dasein fristen?!
Un-vor-stell-bar. Unvorstellbar!

Doch jetzt wird es richtig heftig: Ohne um den heißen Brei herumreden zu wollen: Wir sind getaufte Christen! Und noch nicht aus der Kirche ausgetreten. So. Jetzt kommt Ihr.

Wenn dieser Schock überwunden ist: Jetzt geht es Schlag auf Schlag.

Wir essen Schweinefleisch!

Ja. Das muss erstmal sacken.

Aber wo wir beim Thema Nahrung angekommen sind: Hin und wieder – bitte: Verratet mich nicht! Also: Hin und wieder besuche ich mit meinen Freunden Kneipen! Aber nicht nur das: Wir trinken dort Bier!! Noch nicht mal St. Miguel, Miller oder Desperado. Nein. Deutsches Bier vom Fass!!

Ach ich schäme mich so.

Noch was: Während des Konsums von Bier rauche ich gerne!! Aber nicht Wasserpfeife. T´schuldigung hierfür. Zigarette!!

Und die nächste peinliche Panne in meinem verkorksten Leben: Ich war noch nie in einer Tsching-Tschong-Bar. Oder wie diese urdeutschen Rauchersalons sich nennen, wo man sich zum entspannenden Wasserpfeifenrauchen trifft.

In unserem Garten füttere ich die Vögel. Ja Kinder, es ist die bittere Wahrheit: ICH FÜTTER MIT VOGELFUTTER DIE VÖGEL!! Mir ist durchaus bewusst, daß ich mich gegen die Gesellschaft stelle, wenn ich das Zeug nicht selbst fresse und die Vogelfutterspelzen auf den Gehweg rotze, aber ich kann eben nicht anders! Ich bin so ein verkommener Außenseiter.

Übrigens: Ich lese Bücher. Heftig, oder?! Sendungen wie „Deutschland sucht den Superstar“ oder „Kochduell“ lehne ich ab. Kucke ich nicht. Das ist doch total irre!!

Aber jetzt kommt das Schlimmste:

Seit 2013 bin ich Parteimitglied. Und wer mir bis jetzt die Stange gehalten hat, der wird gleich hektisch den Button suchen, mit dem man seine Freunde löschen kann:

ICH BIN IN DER  A F D.

Tja. So sieht es aus in meinem verpfuschten Leben.

Montag habe ich wieder Therapie. Doppelstunde.

 

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