Donnerstag, März 28, 2024
StartZARONEWS PresseAgenturDemographie und Politik: Es ist kompliziert

Demographie und Politik: Es ist kompliziert

Foto: Familie / Alexandra H.  / pixelio.de

“Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen.” Diese Worte werden dem Physiker Nils Bohr zugeschrieben, der wahrscheinlich der These zugestimmt hätte, dass es sich bei dem Thema Bevölkerungsentwicklung nicht so verhält. Tatsächlich genügt ein Blick auf die Bevölkerungspyramide und auf empirische Daten zur Entwicklung von Geburtenrate und Lebenserwartung in Gesellschaften, um vorauszusagen wie sich die Bevölkerung in der Zukunft altersmäßig Fehler, Gruppe existiert nicht! Überprüfen Sie Ihre Syntax! (ID: 2)zusammensetzen dürfte.

Der Sozialwissenschaftler Meinhard Miegel etwa prognostiziert so schon seit den späten siebziger Jahren die Schrumpfung und Alterung der deutschen Gesellschaft. Was in Deutschland zu beobachten ist, dass lässt sich empirisch für

Gesellschaften im Allgemeinen zeigen: die Geburtenrate sinkt mit wachsendem Wohlstand. Haben Menschen ein bestimmtes Niveau erreicht, dann entschließen sie sich eher dazu ein bis zwei Kinder auf die Welt zu bringen als sechs oder sieben. Versuche dieser Entwicklung mit familienpolitischen Maßnahmen entgegenzuwirken, waren wenig erfolgreich: Die Geburtenziffer (also die Anzahl Kinder je Frau) stagniert schon seit über 20 Jahren bei rund 1,4 (Quelle: statista). Das politische Kalkül ist durchaus nachvollziehbar: Eine schrumpfende und alternde Bevölkerung lässt schließlich auch in ihrer Schaffenskraft nach und büßt somit Bonität bzw. Verschuldungsfähigkeit ein.

In seinem jüngsten Buch “Exit – Wohlstand ohne Wachstum” beschreibt Miegel zu Recht, dass alternde Wohlstandsgesellschaften aber nicht zwangsläufig in die Armut fallen müssen. Es ist ja schließlich eine Menge geschaffen worden. Alleine das Geldvermögen der deutschen Haushalte liegt bei rund 5 Billionen Euro, das sind umgerechnet fast 190.000 Euro je Dreipersonenhaushalt (Quelle: statista). Außerdem kompensiert die stetig steigende Arbeitsproduktivität bis zu einem gewissen Grad die Sozialprodukteffekte einer schrumpfenden Bevölkerung. Laut statistischem Bundesamt stieg diese etwa in den 20 Jahren zwischen 1991 und 2011 um fast 35%.

In den Medien wird das Thema demographischer Wandel hingegen zunehmend alarmistisch präsentiert. So etwa titelte der SPIEGEL in seiner Ausgabe Nr. 12 / 2015, unterstützt von düsterer Bildersprache: “2030: Es kommen härtere Jahre”. Beschrieben wird das Szenario vom Renteneintritt der geburtenstarken Jahrgänge der frühen siebziger Jahre – den sogenannten Babyboomern. Fazit: der Gürtel muss noch enger geschnallt werden. Die extreme und wachsende Ungleichverteilung des “Wohlstandes” wird in diesem Zusammenhang kaum thematisiert.

Wo an der Verteilung des Bestehenden nicht gerüttelt werden darf, da dreht sich der Wohlstandsstreit natürlich um die Aufteilung des neu zu Schaffenden. Aber wer soll es besorgen? Die nicht geborenen Kinder fallen aus. Einwanderer? Welche bevölkerungspolitische Maßnahme greift? Miegel bringt es auf den Punkt: allein um die gegenwärtige Altersstruktur in Deutschland zu stabilisieren müssten auf Jahrzehnte hinaus alle gebärfähigen Frauen etwa 4 Kinder zur Welt bringen oder aber es müssten jedes Jahr etwa 3,6 Millionen junge Menschen zuwandern. Beides ist weder realistisch noch wünschenswert, so Miegel.

Es besteht also weder empirisch noch praktisch Grund zur Annahme, dass man einen nennenswerten Einfluss auf die Entwicklung der Bevölkerungsstruktur hat. Und vielleicht ist es auch besser sich politisch bei diesem Thema zurück zu nehmen. Bevölkerungspolitik hat nämlich in Europa eine grausame Geschichte. In ihrem Buch “Die Vernichtung der Weisen Frauen” zeigen die Wissenschaftler Gunnar Heinsohn und Otto Steiger, dass das, was heute als Hexenverfolgung bezeichnet wird im Grunde eine bevölkerungspolitische Maßnahme von europäischem Adel und Klerus war.

In Folge der großen Pestepidemie im 14. Jahrhundert schrumpfte die europäische Bevölkerung um fast ein Drittel. Dieser extreme Schwund an Menschen rüttelte am Fundament der feudal-klerikalen Machtpyramide. Die Geburtenziffern, die seit dem 8. Jahrhundert die Bevölkerung relativ konstant hielten, waren eine Gefahr und so wurden diejenigen zur Zielscheibe, die über das Verhütungs- und Abtreibungswissen verfügten: die Hebammen. Tatsächlich waren es Hebammen, die wegen Ketzerei und Hexerei auf den Scheiterhaufen bei lebendigem Leib verbrannt wurden. Mit ihnen wurde das alte Wissen ausgerottet und es begann eine Phase von Menschenproduktion mit weitreichenden Folgen, die bis heute zu spüren sind.

Mit bald schon sechs bis sieben Kindern je Frau explodierte die europäische Bevölkerung. Die neue Pseudomoral ordnete Sexualität alleine dem Zweck der Menschenproduktion unter. Die Scharen an jungen perspektivlosen Männern bildeten die europäischen Heere und trieben nicht zuletzt die Unterwerfung der Welt im Zuge der Kolonialisierung voran. Später waren es die Heere an Industriearbeitern, die sich aus den Besitzlosen rekrutierten. Selbst der moderne staatliche Bildungsapparat hat hier seine Ursprünge. Es war die Obrigkeit, welche die verwahrlosten Kinderscharen, die in ihrem Zuhause nicht mehr satt wurden, in staatliche Obhut nahm und damit auch ihre Bildung und Ausbildung kontrollierte.

So kann man zusammenfassen, dass sich Politik besser den demographischen Realitäten fügt als sie verändern zu wollen und sich darauf konzentriert eine freie und gerechte Gesellschaft unter den demographischen Rahmenbedingungen mit zu gestalten.

Verteiler: Neopresse

Empfohlene Artikel
- Advertisment -
Translate »