Freitag, März 29, 2024
StartZARONEWS PresseAgenturDer Islamische Staat und die Ignoranz des Westens

Der Islamische Staat und die Ignoranz des Westens

USA und der Islamische Staat (Collage)

Der Islamische Staat (IS) hat in den Medien im Vergleich zu vor noch einigen Wochen an Aufmerksamkeit verloren.  Lange haben die Medien ausführlich über die Gräueltaten von der terroristischen Vereinung, von Jihadisten, religiösen Fanatikern, Islamisten oder heiligen

Kriegern berichtet [1]. Die neueste terroristische Gruppierung Islamischer Staat kann rund 20.000-30.000 Kämpfer vorweisen und ihr Einflussgebiet erstreckt sich von Syrien bis in den

Jemen.

Doch die Entstehungshintergründe werden nur mangelhaft bzw. gar nicht beleuchtet und so muss in vielen Köpfen die Religion des Islam als Schuldiger herhalten. Die internationale Rekrutierung von gleichgesinnten hat der anti-islamischen Stimmung in vielen westlichen Ländern weiteren Nährboden gegeben, was als ein Grund für die Entstehung der Pegida-Bewegung gesehen werden kann.

Doch leider fehlt in dieser Debatte der Teil, der die Rolle des Westens bei der Entstehung des Islamischen Staates beleuchtet: die jahrzehntelange Imperialpolitik des Westen gegenüber der muslimischen Welt, Interventionskriege, Drohnenkriege, Folter und andere Kriegsverbrechen, Millionen an unschuldigen und zivilen Opfern. Der Westen hat sich angeführt durch die USA mit einer Ignoranz und Respektlosigkeit gegenüber den Menschen in den betroffenen Ländern verhalten – rechtlich aber auch menschlich, die die nun existierenden Probleme hervorgerufen haben. Ein durch einen Kollateralschaden verlorener Familienangehöriger, ein Kind, eine Mutter, das zerbombte Haus nährt die Wut und schafft Platz für einen religiösen Populismus, der zu Gewalt und Krieg aufruft.

Die Hintergründe gehen natürlich weit in die Anfänge des 20. Jahrhunderts zurück, doch der Imperialismus des letzten Jahrhunderts soll hier nur kurz erwähnt werden. Seit nun mehr mehr als 100 Jahren mischen die westlichen Länder im politischen-wirtschaftlichen sowie kulturellem Geschehen der islamischen Welt mit, erst vertreten durch das Vereinigte Königreich und Frankreich, dann durch die USA. Ein Höhepunkt der Respektlosigkeit des Westens war sicherlich der Putsch 1953 im Iran gegen den demokratisch gewählten Präsidenten, welcher durch den pro-westlichen Mohammad Reza Pahlavi ersetzt wurde. Der über-territoriale Zusammenhalt der Menschen muslimischen Glaubens hat damals für einen Aufruhr in der gesamten islamischen Welt gesorgt [2].Der Einfluss des Westens in die Angelegenheiten islamisch geprägter Länder hat seit Jahrzehnten die anti-westliche Haltung genährt. Doch die Hintergründe des IS sind insbesondere im Verlauf des Irakkrieges seit 2003 zu suchen. Dort sind bis heute ca. eine halbe Millionen Menschen, hauptsächlich Zivilisten, gestorben und eine weitere Millionen wurde verletzt. Der Sturz von Saddam Hussein hat ein Machtvakuum hinterlassen, das das Land in ein politisches Chaos gestürzt hat. Hinzu kommen die Vorwürfe von Folter und sexueller Gewalt in Gefängnissen, welche bis heute ohne ernstzunehmende rechtliche Konsequenzen geblieben sind. Weiter wurde die Infrastruktur des Landes zu großen Teilen in Schutt und Asche gelegt. Mit diesen Hintergründen im Kopf, dem dazugehörigen Leid von Kindern und Eltern, die Teile ihrer Familie verloren haben und die Ohnmacht gegenüber solchen Geschehnissen, wird erst bewusst, wieso sich die Menschen dort so leicht gegen den Westen und für extremistische Aktivitäten mobilisieren lassen.Als wäre das schon nicht genug der Fehlinterpretation, wird in der allgemeinen Debatte um die Hintergründe zum Islamischen Staat der Bürgerkrieg in Syrien vergessen. Der Ursprung des IS ist hier zu suchen. Um die rebellischen Kräfte gegen das syrische Staatsoberhaupt Assad zu unterstützen, lieferten die USA und ihre Verbündeten Waffen an die Rebellen, die Free Syrien Army (FSA) und die Al Nusra Front (Al Qaida) zwischen denen sich damals schon Kämpfer des im Iraq geborenen IS befanden.

Die Kämpfer des IS hatten sich 2009 nach 3 Jahren Existenz und vergeblicher Rekrutierung im Irak dem syrischen Bürgerkrieg zugewandt. Nach einem Hilferuf eines Generals der FSA im Juni 2013, demzufolge der Kampf gegen Assad ohne westliche Unterstützung verloren werde, wurden bereitwillig Waffen, Training und Geld geliefert. Innerhalb von wenigen Monaten sind die Waffen bis zu den Kämpfern des IS gelangt, unter anderem durch offizielle Entscheidungen der FSA. Anschließend machten sich die Kämpfer des IS zurück über die Grenze in den Irak, wo sie weitere militärische Mittel aquirieren konnten, die die US-Truppen nach ihrem Einsatz zurückgelassen hatten.

Laut dem ehemaligen Verteidigungsminister der USA Leon Panetta könnte der Konflikt gegen das neue Gesicht des internationalen Terrorismus bis zu 30 Jahre dauern. Bis dahin sind mit Sicherheit weitere hunderttausende Zivilisten als Kollateralschaden gestorben und weitere, noch grausamere Terrorgruppen entstanden. Dieser Teufelskreis ist sicherlich keine Lösung des Problems.

Frankfurt/New York (Campus Verlag).

Empfohlene Artikel
- Advertisment -
Translate »