Donnerstag, April 25, 2024
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Der neue Eiserne Vorhang

Neuer Kalter Krieg mit Russland – Risiko für Dritten Weltkrieg

Eine feindliche Armee mit 31.000 Soldaten einer anti-amerikanischen Allianz führt “Manöver“ ein paar Meilen von San Diego entfernt durch. Hunderte Panzer nähern sich dem Rio Grande, während sich zugleich Kampfflugzeuge aus 24 Ländern sammeln und in Angriffsformation durch den mexikanischen Himmel fliegen.

Es fällt nicht schwer, sich Washingtons Antwort vorzustellen.

Trotzdem ist dies genau das, was an der Grenze Russlands von der NATO veranstaltet wurde, während der Kalte Krieg zurückkommt. Wirtschaftssanktionen mit dem Ziel Russlands fragile Wirtschaft zu versenken, dazu eine Propaganda-Kampagne mit dem Zweck den russischen Präsidenten Wladimir Putin als die Wiedergeburt Stalins – oder aus Hillary Clintons Sicht: Hitlers – zu charakterisieren, lassen die Geschichte rückwärts laufen. Wieder einmal senkt sich ein eiserner Vorhang über Europa – nur diesmal ist es das Werk des Westens.

Die Europäische Union hat die Sanktionen gegen die Krim am Freitag verlängert. Deren “Verbrechen“ war es, ein Referendum abzuhalten, in welchem die überwältigende Mehrheit der Wähler sich für die Wiedervereinigung mit Russland ausgesprochen und so jenen Status Quo wiederhergestellt hat, der seit den Tagen von Katharina der Großen Bestand hatte. Und die EU sieht für Ende dieser Woche die Verlängerung der Sanktionen gegen die Russische Föderation vor.

Allerdings regt sich Widerstand gegen diese Neubelebung des Kalten Kriegs in Europa, insbesondere in Deutschland, wo Außenminister Frank-Walter Steinmeier die “schrittweise“ Lockerung der Sanktionen fordert. So sollen Fortschritte in der Umsetzung des Minsker Abkommens widergespiegelt werden, welche die Entmilitarisierung der Ukraine und Wahlen in den von den Rebellen gehaltenen Gebieten verlangen.

Hier zeigt sich eine Abspaltung innerhalb Deutschlands links-rechts-Koalition: Angela Merkels Christdemokraten bestehen auf der “vollständigen“ Implementierung der Vereinbarungen. Jedoch ist es die Regierung in Kiew – als Geisel rechtsradikaler Irrer -, welche die Umsetzung des Minsker Abkommens verschleppt, der Ost-Ukraine keine Autonomie gewähren will und gelobt, den Krieg gegen die Rebellen – trotz Kiews Mangel an Erfolg bei der Befriedung der Rebellengebiete – fortzusetzen.

In einem anderen Interview ging Steinmeier noch weiter und bezeichnete die provokanten Manöver nahe der russischen Grenze als »Kriegstreiberei«. Die vergangenen Freitag zu Ende gegangene “Übung“ simulierte eine westliche Reaktion auf einen unwahrscheinlichen russischen Angriff auf Polen. »Was wir jetzt nicht tun sollten, ist durch lautes Säbelrasseln und Kriegsgeheul die Lage weiter anzuheizen.«, behauptete Steinmeier.

»Wer glaubt, mit symbolischen Panzerparaden an der Ostgrenze des Bündnisses mehr Sicherheit zu schaffen, der irrt. Wir sind gut beraten, keine Vorwände für eine neue, alte Konfrontation frei Haus zu liefern. [Es wäre] fatal, jetzt den Blick auf das Militärische zu verengen und allein in einer Abschreckungspolitik das Heil zu suchen.«

Die Realität ist, dass es die NATO ist, die abgeschreckt werden muss. Seit dem Kollaps des Warschauer Paktes und der Implosion des internationalen Kommunismus hat der Westen sich nach Osten ausgedehnt und seine Streitkräfte direkt vor den Toren Moskaus zusammengezogen. Die jüngsten Manöver wurden nicht ohne Grund “Spearhead“ [Speerspitze] genannt. Herr Steinmeier hat Recht mit der Aussage, dass die »Panzerparaden« in Spuckweite des Kremls »symbolisch« sind, versäumt aber uns zu sagen, was sie symbolisieren – nicht Geringeres, als den Dritten Weltkrieg.

Die Deutschen rebellieren gegen den EU/NATO-Krieg gegen Russland, weil sie – wie im alten Kalten Krieg – zwischen den Fronten gefangen sein werden. Wenn das Undenkbare denkbar wird und Feindseligkeiten ausbrechen, dann wird Deutschland zum Schlachtfeld und folglich zur rauchenden Ruine. Während der Kalte Krieg 2.0 seinen hässlichen Kopf hochstreckt, ist es kaum überraschend, dass der Euro-Neutralismus zurückkommt.

Abgesehen davon brechen die von den neuen Kalten Kriegern aufgebauten Strukturen aus der Zeit nach dem Kalten Krieg an den Nähten auseinander. Mit der Euro-Skepsis, welche Großbritannien aus der Union zu nehmen droht, und dem Aufstieg von Anti-EU-Parteien in ganz Europa, welche die Legitimität der Brüssel-Bürokratie herausfordern, löst sich die EU selbst auf.

Und hier in den USA kommen Fragen hinsichtlich des Nutzens des Hauptbollwerks der anti-russischen Außenpolitik des Westens auf. Der ehemalige Verteidigungsminister Robert Gates möchte wissen, warum unsere europäischen Protektorate ihren gerechten Anteil an den wachsenden Kosten der NATO nicht übernehmen. Und der vermutliche republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump ist noch viel weiter gegangen. Er erklärte die NATO für »sehr obsolet«, was die Möglichkeit eröffnet, dass die westliche Allianz aufhört zu existieren oder zumindest eine sehr andere Form annimmt, sollte er es ins Weiße Haus schaffen.

Da der Fokus der US-Außenpolitik auf dem Mittleren Osten liegt und die vermeintliche ISIS-Bedrohung die US-amerikanischen politischen Entscheidungsträger völlig in Anspruch nimmt, ist der drohende Kollaps der internationalen Ordnung nach dem Zweiten Weltkrieg in den Augen der Öffentlichkeit in den Hintergrund getreten. Jedoch ist diese Entwicklung langfristig viel wichtiger, weil die Beziehungen zu Russland schlichtweg das überwiegen, was zum Beispiel in Syrien geschieht – wo der russische Faktor der Schlüssel zur Lösung dieses scheinbar unlösbaren Problems ist.

Wieder einmal hat die politische Kaste und ihre journalistische Kamaralla das amerikanische Volk gespalten. Die meisten Amerikaner wollen mit der Ukraine und ihren vielen Problemennichts zu tun haben. Die Eliten haben sich jedoch auf die Fahnen geschrieben, eins der weltweit korruptesten Regimes zu behandeln, als sei es der Inbegriff der Tugend und des demokratischen Liberalismus. Es ist beides nicht. Die aktuellen Herrscher kamen durch einen gewalttätigen Coup an die Macht, haben den demokratisch gewählten Präsidenten fortgejagt und den Weg für ein rechtsradikales Regime bereitet.

Die Dämonisierung von Putins Russland basiert auf geschichtlicher Unbildung. Vor nicht allzu langer Zeit war Russland eine Ein-Parteien-Diktatur, in der Millionen von einem Regime versklavt wurden, welches so viel Blut an seinen Händen hatte. Die enormen Fortschritte dieses Landes, entgegen überwältigender Wahrscheinlichkeit, nicht zur Kenntnis zu nehmen, ist jenseits von lächerlich.

Die Neokonservativen haben lange Zeit einen Groll gegen Putin gehegt, weil er den Irak-Krieg als törichtes Abenteuer verurteilt hat. Amerikanische Liberale benutzen Putin als Piñata, auf welche sie einstechen, um zu beweisen wie “hart“ sie sind. Tatsächlich waren die Clintons lange die schlimmsten Russland-Kritiker und eine Wiedereinsetzung der Clintons wird dazu führen, dass die USA sich mit Putin anlegen werden – nicht nur in Europa, sondern auch in Zentralasien, wo Bill Clinton seit langem mit diversen Despoten herumknutscht.

Es ist Zeit den sich über Europa senkenden neuen eisernen Vorhang wieder zu heben. Russland und die Vereinigten Staaten haben viele gemeinsame Interessen. Ein neuer Kalter Krieg, welcher leicht zu einem heißen Krieg eskalieren kann, liegt in niemandes Interesse.

justin raimondoVon Justin Raimondo

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