Samstag, April 20, 2024
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Deutschland: Neue Debatte über Beitrittsverhandlungen der Türkei

Die Festnahme von zwei deutschen Staatsbürgern in der Türkei hat in Deutschland eine neue Debatte über einen Abbruch der EU-Beitrittsverhandlungen mit dem Land ausgelöst. Sie sollen die Gülen-Bewegung unterstützt haben. CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer begründete eine entsprechende Forderung seiner Partei am Sonntag mit der „Willkürherrschaft und Geiselnahme unbescholtener deutscher Bürger“ durch den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan.

Der deutsche Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) sagte zwar, die Beitrittsverhandlungen seien „weitgehend eine Farce“ und gab Erdogan die Schuld dafür. Der Forderung nach einer Aussetzung der Gespräche schloss er sich aber nicht an, obwohl nur so auch ein Ende Beitrittshilfen in Milliardenhöhe möglich ist. Mit der Linkspartei hat die CSU aber einen seltenen Verbündeten bei der Forderung nach dem Stopp der Verhandlungen gefunden.

Unterstützer der Gülen-Bewegung

Die türkische Regierung forderte die deutsche Regierung auf, sich nicht in ihre Angelegenheiten einzumischen. Deutschland rege sich auf, wenn man Anhänger der Gülen-Bewegung festnehme, sagte Außenminister Mevlüt Cavusoglu und fragte die deutsche Regierung laut staatlicher Nachrichtenagentur Anadolu: „Was geht Dich das an?“. Die türkische Führung macht die Bewegung um den in den USA lebenden islamischen Prediger Fethullah Gülen für den Putschversuch vom vergangenen Jahr verantwortlich.

Auch den beiden zuletzt in Antalya festgenommen Deutschen wird die Unterstützung der Gülen-Bewegung vorgeworfen. Die beiden Reisenden mit ausschließlich deutscher Staatsbürgerschaft und wahrscheinlich türkischen Wurzeln waren am Flughafen des Urlaubsorts von der Polizei festgesetzt worden.

Merkel will Türkei-Politik „überdenken“

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte bereits am Freitagabend angekündigt, dass die Bundesregierung nun ihre Türkei-Politik „vielleicht weiter überdenken“ müsse. Bereits Mitte Juli hatte sie nach der Verhaftung des Menschenrechtlers Peter Steudtner einen Kurswechsel vorgenommen, zunächst aber nur die Reisehinweise verschärft und mit weiteren Reaktionen gedroht.

CSU-Chef Horst Seehofer sagte den „Nürnberger Nachrichten“, die Diplomatie sei nun gescheitert. „Deshalb müssen die EU und die Bundesregierung deutliche Signale setzen.“ Mit dem Ende der Beitrittsverhandlungen würden auch die Finanzhilfen von 4,45 Milliarden Euro im Zeitraum 2014 bis 2020 gestoppt.

Türkei-Thema im Wahlkampf

Scheuer sagte der „Bild am Sonntag“, Erdogan verstehe nur eine klare europäische Antwort und sprach sich auch für „eine klare Warnung vor einem Urlaub in der Türkei“ aus. Eine formelle Reisewarnung spricht das Auswärtige Amt nur aus, wenn es für alle Besucher eine Gefahr für Leib und Leben in einem Land gibt. Bisher sind das nur sieben Bürgerkriegsländer von Afghanistan bis Syrien. Trotzdem wird ein solcher Schritt auch von Politikern von SPD, Grünen und Linken erwogen.

Außenminister Gabriel will auch andere EU-Staaten dazu bewegen, den Druck auf die Türkei zu erhöhen. Deutschland habe Reisehinweise verschärft und Wirtschaftshilfen reduziert, sagte der SPD-Politiker am Sonntag auf einer Wahlkampfveranstaltung in Goslar. „Wir werden in Europa mit anderen reden, dass sie das Gleiche tun.“

Beitragsbild: APA

Quelle: http://info-direkt.eu/2017/09/03/deutschland-neue-debatte-ueber-beitrittsverhandlungen-der-tuerkei/

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