Donnerstag, März 28, 2024
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Die katholische Kirche und der Missbrauch: Verstörte Kinder Gottes

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Was tut die katholische Kirche, um die Kindesmissbrauchsfälle in den eigenen Reihen aufzuklären? Vor einem Jahr haben die Bischöfe eine Gruppe von Forschern damitFehler, Gruppe existiert nicht! Überprüfen Sie Ihre Syntax! (ID: 3) beauftragt, Licht ins Dunkel zu bringen. Ergebnisse: frühestens 2017.

Matthias Katsch sieht nicht aus wie ein Mann, der sich leicht erschüttern lässt. Doch es gibt etwas in seiner Vergangenheit, das ihn zutiefst belastet: Als 14-Jähriger wurde er am renommierten

Canisius-Kolleg von einem Pater sexuell missbraucht. Das Canisius-Kolleg gehört zum angesehenen Jesuiten-Orden. Ein Internat mit Schule, das Kindern Geborgenheit und Bildung vermitteln will. Für den damaligen Schüler Katsch und einige seiner Mitschüler wurde es zu einem gefährlichen Ort.

Über die Ereignisse von damals konnte Katsch jahrzehntelang nicht sprechen. So wie viele andere, die als Kinder im Schatten von Kreuz und Beichtstuhl missbraucht wurden. Der Sexualpsychologe Christoph Ahlers hat dafür eine plausible Erklärung: “Der Täter ist Repräsentant einer moralisch höher stehenden Organisation. Wie soll ich denn das irgendjemandem erzählen? Es kann ja nicht sein, dass er ein Täter ist, dann wäre ja Gott ein Täter, denn den repräsentiert er ja. Das macht mich stumm und zwar noch stummer als es mich machte, wenn der Missbrauch außerhalb der Kirche stattfände.”

Als Katsch 2010 sein Schweigen bricht, beginnen immer mehr Betroffene, von ihren Erlebnissen zu erzählen. Die katholische Kirche gerät in eine schwere Vertrauenskrise. Und ein Verdacht kommt auf: Zieht die katholische Kirche mit ihrer strengen Sexualmoral Männer mit problematischer Sexualität an? Gibt es womöglich in den Reihen der katholischen Geistlichen überdurchschnittlich viele pädophil geneigte Männer? Sexualpsychologe Ahlers bejaht das: “Psychologisch betrachtet müssen wir davon ausgehen, dass wir innerhalb der römisch-katholischen Amtskirche überzufällig viele Personen mit problematischer Sexualpräferenz haben. Warum? Weil eine Organisation mit Sexualitätsverbot eine Anziehungskraft ausübt auf Personen mit problematischer Sexualpräferenz.”

Eine absurde Einzelmeinung? Keinesfalls. Auch innerhalb der katholischen Kirche findet diese These Unterstützer. Der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode setzte sich schon sehr früh für eine Entschuldigung der katholischen Kirche und eine Versöhnung mit den Opfern ein. Er hält es für möglich, dass Menschen sich für eine Tätigkeit in der katholischen Kirche entscheiden, weil sie hoffen, hinter den Kirchenmauern geschützter zu sein oder, wie Bode formuliert, “es anders ausleben”. Bode plädiert dafür, schon während der Priesterausbildung genau hinzuschauen. Er weiß auch: “Wir schicken viele Bewerber weg – mehr als früher.”

Zusammenhang zwischen Missbrauch und Zölibat?

Wenn die katholische Kirche in der Vergangenheit Männern mit einer problematischen Sexualpräferenz konsequenter den Zugang zu einem geistlichen Beruf verwehrt hätte, dann wäre Pater Klaus Mertes viel Ärger erspart geblieben. Er war vor fünf Jahren Leiter des Canisius-Kolleg und Adressat des Briefes, in dem der ehemalige Schüler Matthias Katsch seine Missbrauchserfahrungen schildert. Mertes glaubte Katsch. Er ist ein kluger, reflektierter Mensch. Er nimmt den Imageverlust seines Jesuitenordens in Kauf und spricht unangenehme Wahrheiten aus. So traut er sich zum Beispiel, einen Zusammenhang zwischen dem Zölibat und den Missbrauchsfällen herzustellen: Es sei im Kern die nicht gelebte Beziehungsdimension im Zölibat, die Kindesmissbrauch fördern könne, so Mertes‘ Überzeugung.

Diese These wird vom Missbrauchsbeauftragten der Deutschen Bischofskonferenz, dem Trierer Bischof Stephan Ackermann, bestritten.

Ackermann bekam von seinen 26 Bischofskollegen die Aufgabe anvertraut, das Forschungsprojekt zum Kindesmissbrauch in der katholischen Kirche zu koordinieren und nach außen zu vertreten. Mit Ergebnissen ist frühestens 2017 zu rechnen. Zweifellos ist das eine Herkulesaufgabe, zumal das Projekt wenig Vertrauensvorschuss von der Öffentlichkeit erhält. Kritik gibt es zum Beispiel vom Bonner Kirchenrechtler Norbert Lüdecke. Er rügt, dass die Wissenschaftler keinen direkten Zugang zu den Personalakten erhalten.

Noch schwerer wiegt ein weiterer Vorwurf: Die katholischen Orden, in deren Verantwortung zahlreiche Schulen und Internate liegen, wurden nicht einmal gefragt, ob sie bei diesem Forschungsprojekt mitmachen wollen. Bischof Ackermann: “Nein, das gebe ich ehrlich zu, das haben wir nicht gemacht.”

Quellen: tagesschau.de/sueddeutsche.de vom 16.03.2015

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