Donnerstag, März 28, 2024
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Draghis Zorn auf deutsche Sparer

Seitdem EZB-Chef Mario Draghi versprochen hat den Euro um jeden Preis zu retten, hat er so ziemlich alles ihm zur Verfügung stehende in die krisengeschüttelte Wirtschaft Europas geworfen. Das beinhaltet auch die Mutter aller Finanz-Anomalien: Negativzinsen. Trotz der Billionen von Euros aus seinen Buchstabensuppe-Kreationen – QE, LTRO, TRTRO I, TRTRO II, … – ist die europäische Wirtschaft nach wie vor morsch, das Wachstum ist glanzlos, die öffentlichen Schulden sind außer Kontrolle und die Arbeitslosigkeit floriert weiter beängstigend.

Was die Banken der Region angeht, je weniger man darüber sagt, umso besser.

Keine Sorge. Wie Draghi bei einer Rede vor asiatischen Regierungsoffiziellen und Wirtschaftsführern am Montag gesagt hat, gibt es immer noch eine Menge mehr Möglichkeiten, die europäischen Horden von Sparern zu bestrafen – die heutigen Sündenböcke der Zentralbanken für alles, worunter die schuldenbeladene Wirtschaft Europas leidet.

Die niedrigen oder negativen Europa plagenden Zinsen sind ein Symptom eines viel größeren Problems, sagte er, der Druck auf Investitionsgewinne läge an einem Übermaß massiver weltweiter Ersparnisse. Zu unserer großen Verblüffung ist es dieses angebliche Übermaß – und nicht seine Geldpolitik -, die hinter dem historischen Rückgang der Zinsen liege.

Wann immer Draghi über “Ersparnisse“ redet, denkt er unvermeidlich an eine spezielle Form der Ersparnisse: deutsche Ersparnisse. Wenn die Deutschen mehr Geld für importierte Güter ausgeben würden, anstatt ihr Geld zu sparen, dann hätten sie keinen Leistungsbilanzüberschuss – welcher »seit fast einem Jahrzehnt über 5 % des BIP« lag, so beschwerte er sich – und das würde folglich die Welt retten.

Während Draghi den Ersparnis-Überfluss in Europa beklagt, ist die Realität jedoch die, dass es mit den Ersparnissen der Haushalte seit der Erschaffung der Einheitswährung steil bergab geht. Selbst in Deutschland ist die Sparquote von 12 % zu Beginn der Krise auf heute 10 % abgerutscht. Ein ähnlicher Trend findet sich in Japan, in den USA und in fast allen anderen sogenannten “entwickelten“ Volkswirtschaften seit Beginn dieses Jahrtausends.

Die Schulden der öffentlichen Haushalte befinden sich dagegen seit Jahrzehnten auf steilem Weg nach oben. In der EU bewegen sich die öffentlichen Schulden von 54 % in Ungarn bis 305 % in Dänemark. Tatsache ist, dass die vier am stärksten verschuldeten Haushalte der OECDallesamt europäisch sind: Dänemark, die Niederlande (274 %), nicht-EU-Mitglied Norwegen (224 %) und Irland (207 %). In Deutschland liegen die Schulden bei recht moderaten 94 %, nur knapp über denen Italiens mit 90 %, aber unter denen Frankreichs mit 105 %, Belgiens 112 %, Spaniens 127 % und den 156 % in Großbritannien.

Natürlich würde Draghi es sehr begrüßen, wenn Deutschlands Schuldenstand höher wäre und die Sparquote deutlich niedriger. Er will, dass die Deutschen Geld ausgeben, welches sie nicht haben. Und er möchte, dass deutsche Sparer sich ein Scheibchen aus der amerikanischen Mittelklasse abschneiden und ihre Investments stärker diversifizieren – z.B., indem sie einen viel größeren Teil ihres sauer verdienten Geldes in den Aktienmarkt stecken.

»US-Haushalte legen rund ein Drittel ihrer Finanzvermögen in Aktien an, wogegen die entsprechende Zahl bei französischen und italienischen Haushalten bei etwa einem Fünftel liegt und für deutsche Haushalte bei nur einem Zehntel.«, sagte er.

Es ist einfach nur schockierend, dass die Deutschen sich weigern Aktien zu vertrauen. Der DAX ist seit April 2015 um 21 % gefallen und die Deutschen halten an ihren Ersparnissen fest? Wie schockierend!

Ein Weg die Deutschen in Aktien zu treiben wäre es, das Sparen für sie unerschwinglich zu machen. Alles was dafür nötig ist, ist dass die deutschen Banken damit beginnen, die Last der Negativzinsen an ihre Kunden weiterzugeben. Aber es ist unwahrscheinlich, dass dies in nächster Zeit geschehen wird, denn die Menschen würden ihre Ersparnisse einfach als physische Währung horten.

Dies könnte helfen, die spontane Entscheidung der EZB zu erklären, den Druck der € 500-Note ab 2018 einzustellen. Der € 500-Schein, die angebliche Banknote der Geldwäscher, Drogenhändler, Terroristen und korrupten Politiker, ist derart voller Anspielungen, dass sie in Spanien als “Bin Laden“ bekannt wurde. Laut Bloomberg formiert sich ein wachsender Konsens in Kreisen europäischer Politik, dass Banknoten mit hohem Nennwert, und auch auch kleinere, “nur von denen genutzt werden, die nichts Gutes im Sinn haben“.

Es sind aber nicht nur Kriminelle. Banknoten mit hohem Nennwert sind auch unter gesetzestreuen Bargeld-Liebhabern populär, besonders seit die EZB ihre Finanzrepressionen verdreifacht hat. Und in Deutschland sind reichlich Bargeld-Liebhaber vorhanden. Geschätzte 79 % aller Transaktionen in Deutschland werden in bar abgewickelt. Wie die Deutsche Welle berichtet, wird die Entscheidung der EZB den größten Euro-Schein abzuschaffen weithin als »Affront gegen Barzahlungen und heimlicher Trick« gesehen, »die Geldpolitik noch weiter zu lockern«.

Selbst die Bundesbank mischte sich kürzlich in die Debatte ein und warnte vor der Abschaffung von Banknoten mit hohem Nennwert, weil dies einen hemmenden Effekt auf das Vertrauen der Öffentlichkeit in Bargeld haben werde.

Die EZB machte trotzdem weiter und zog die 500-Euro-Note aus dem Verkehr, vordergründig als Maßnahme zur Kriminalitätsbekämpfung. Aber in Deutschland werden wahrscheinlich nur wenige Menschen den offiziellen Begründungen der Zentralbank Glauben schenken, insbesondere angesichts Draghis jüngster Verbalattacken auf die deutschen Sparer.

In der Tat haben seine Worte und Handlungen, statt die Spargewohnheiten der Deutschen zu verändern, scheinbar nur Öl ins Feuer des öffentlichen Widerstands gegen die Politik der EZB gegossen. Bereits nur noch jeder dritte Deutsche sagt, dass er der EZB vertraut. Wenn Draghi nicht anfängt, seine Worte mit mehr Vorsicht zu wählen, dann wird diese Zahl bis zur nächsten Bundestagswahl im Herbst nächsten Jahres noch erheblich niedriger liegen.

Von Don Quijones

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