Samstag, April 20, 2024
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Drohnenkrieg: Ramstein ermöglicht erst den »Mord«

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Höchste deutsche Gerichte müssen sich mit dem von den USA geführten Drohnenkrieg beschäftigen.

Wenn auch die Öffentlichkeit über den Drohnenkrieg, den die USA gegen verschiedene Länder der Welt führen und an dem Deutschland hilfreich mit beteiligt ist, hinwegsieht, so müssen sich doch höchste deutsche Gerichte damit beschäftigen.

Zu den zahlreichen Orten im Jemen, die von US-Drohnen mit Raketen – „Hellfire“ (Höllenfeuer) heißt der beliebteste Typ – beschossen werden, gehört Khasahmir in der Region Hadramut. Dort verlor der Ingenieur Faisal bin Ali Jaber zwei Familienangehörige durch die Drohnen: seinen Schwager, den Imam Salim bin Ali Jaber, der gegen die al-Kaida gepredigt hatte, und seinen adrotate group="2"]Neffen Abdullah ibn Ali Jaber, einen Polizisten. Im Gegensatz zu den tausenden anderen hilflosen Betroffenen beschloß Faisal, sich zur Wehr zu setzen. Er erhob in Deutschland Klage gegen die Bundesregierung, weil sie sich systematisch an den völkerrechtswidrigen Drohnenangriffen der USA beteiligt. Wesentliche rechtliche Grundlage der Klage ist der Artikel 26 des Grundgesetzes, der die Führung eines Angriffskrieges verbietet. Es ist der einzige Grundgesetzartikel, der mit einer

Strafandrohung versehen ist.

Die sachliche Begründung für die Klage, die zwar den US-Drohnenkrieg betrifft, aber gegen die Bundesregierung gerichtet ist, besteht in der Tatsache, dass die US-Luftwaffe ihre tödlichen Raketen ohne deutsche Hilfe nicht ins Ziel bringen könnte.

Zwischen Mittelasien oder auch dem Nahen Osten und den USA bedarf es einer Relaisstation und die steht im deutschen Ramstein.

Ramstein ist ein kleiner Ort in Rheinland-Pfalz mit kaum 8000 Einwohnern. Seine überregionale Bekanntheit und Bedeutung hat er denn auch von dem dort liegenden US-Luftwaffenstützpunkt, dem weltweit größten außerhalb der USA. Auf ihm tun 35000 GI und 6000 Zivilangestellte Dienst. Eine ihrer strategisch wichtigsten Aufgaben ist es, die Verbindung zwischen den US-Drohnen irgendwo in Asien oder Afrika und den jeweiligen Stützpunkten in den USA herzustellen. Ohne Ramstein kein Bombenkrieg, das heißt, ohne die willfährige Duldung der Bundesregierung, Ramstein für den Krieg zu missbrauchen, keine Drohnen-Toten.

Dass Ramstein für die US-Luftwaffe unverzichtbar ist, stellt kein Geheimnis dar. Es wird aber von einem ehemaligen Drohnen-Piloten, Brandon Bryant, eindringlich bestätigt. Er hat mit seinem Job bei der United States Air Force gebrochen, weil sein Gewissen nicht mehr standgehalten hat. Von 2005 bis 2011 hat er 1626 Menschen getötet, einfach so, per Mausklick, vor seinem Bildschirm. Heute sagt er: „Mein Land hat mich zu einem Mörder gemacht.“

Was Faisals Klage vor dem Verwaltungsgericht Köln angeht, so wies Richterin Hildegund Caspari-Wierzoch diese zurück, sie sei „in der Sache unbegründet“. Das muss umso mehr erstaunen, als die Richterin gleichzeitig den Drohnenkrieg einen „Mord mit gemeingefährlichen Mitteln“ nannte und im Gerichtssaal verkündete: „Ramstein spielt eine nicht unerhebliche Rolle im Drohnenkrieg der USA.“ Es wurden schon gegen Urteile, die mehr Logik beinhalteten, Rechtsmittel eingelegt, und eben das wird Faisal bin Ali Jaber auch in diesem Fall tun.

Wie schwach die Position der Bundesregierung ist, zeigt sich in der Beflissenheit, mit der sie sich die Ausrede der USA, in Ramstein würden Drohneneinsätze weder befehligt noch gelenkt, zu eigen macht. Sie versucht dabei zu übersehen, dass dies gar nicht der Vorwurf ist, sondern vielmehr Ramstein das fehlende Glied zwischen Befehl und Einsatz bildet und so den „Mord mit gemeingefährlichen Mitteln“ erst ermöglicht. Gleichzeitig billigt Berlin de facto die völkerrechtswidrige Anmaßung der USA, sie hätten angesichts des 11. September das Recht, überall auf der Welt und mit allen Mitteln den Terror zu bekämpfen, gleichgültig, wer dabei zu Schaden kommt. Offiziell allerdings wäscht man in Berlin seine Hände in Unschuld: Man habe „keine gesicherten Erkenntnisse über die Aktivitäten der USA in der Basis Ramstein“.

Übrigens ist der Ingenieur aus dem Jemen nicht der einzige, der wegen des Drohnenkrieges vor Gericht gezogen ist. Der Kaiserslauterer Wolfgang Jung, ein Nachbar der GI in Ramstein, hat ebenfalls mit Berufung auf den Grundgesetzartikel 26, der einen Angriffskrieg verbietet, schon vor Längerem Klage erhoben, die aber bislang nicht entschieden worden ist. Er und seine Anwälte wollen erreichen, dass die Bundesregierung, vertreten durch das Bundesverteidigungsministerium, dazu verurteilt wird, Ramstein zu überwachen. Dabei geht es im speziellen um das Air and Space Operation Center und die SATCOM-Relaisstation. Jung will zudem bewirken, dass sich Angriffe nur gegen Zielpersonen richten, „die zum Zeitpunkt des Angriffs als Kombattanten einzustufen sind und die Tötung und Verletzung einer unverhältnismäßigen Zahl von Zivilpersonen ausgeschlossen ist“.

Könnte Jung ein derartiges Urteil erwirken, so hätte das zweierlei Folgen: Zum einen müsste die Bundesrepublik Deutschland den Nachweis führen, dass sie im Stande ist, gegenüber den USA ihre Souveränitätsrechte in Ramstein durchzusetzen, und zum anderen könnten die USA angesichts einer Quote von über 20 getöteten Unbeteiligten bei einem Terroristen ihren Drohnenkrieg einstellen. Die beiden bisherigen Instanzen haben erklärt, Jung sei nicht klageberechtigt. Das macht die Sache einfach.

Literatur:

Geheimer Krieg: Wie von Deutschland aus der Kampf gegen den Terror gesteuert wird von Christian Fuchs

Schmutzige Kriege. Amerikas geheime Kommandoaktionen von Jeremy Scahill

Killing Business. Der geheime Krieg der CIA von Mark Mazzetti

Quellen: PublicDomain/preussische-allgemeine.de vom 25.06.2015

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