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Eine eigene Toilette als Menschenrecht

Ein Elfjähriger wäscht sich die Hände in sauberem Wasser in seinem Dorf Korak - wo ein Millenniumsziel mit Juni erfüllt sein soll.

Weltweit müssen 748 Millionen Menschen schmutziges Wasser trinken. Im Millenniumsdorf Korak in Nepal verhilft ein Projekt Menschen zu Trinkwasser Fehler, Gruppe existiert nicht! Überprüfen Sie Ihre Syntax! (ID: 3)

Laxmi weint, als ihm das klare Wasser in die Augen läuft, doch seine Mutter Durga Tamang lacht. Auch ihr älterer Sohn Nishan hat früher oft geweint. Ihm brannte das Wasser nicht in den Augen, sondern im

Magen. Denn Nishan musste dreckiges Wasser trinken, das seine Mutter aus Quellen, Bächen und Bewässerungskanälen holte. Seinem kleinen Bruder Laxmi bleibt das erspart, denn das Dorf Korak hat endlich sauberes Trinkwasser.

Damit geht es den 9000 Bewohnern der abgelegenen Streusiedlung im Süden Nepals besser als den 748 Millionen Menschen weltweit, die nach Schätzungen der Vereinten Nationen kein sauberes Trinkwasser haben. Weil zudem rund 2,5 Milliarden Menschen keine Toilette besitzen, erkranken jedes Jahr rund vier Milliarden Menschen an Durchfall, 1,5 Millionen Kinder sterben daran. Am 22. März macht die Uno mit dem Weltwassertag zum 23. Mal darauf aufmerksam.

600 Toiletten im Dorf

"Früher sind die Kinder hier manchmal an Durchfall gestorben", erzählt Durga Tamang. "Früher", das war, bevor die Welthungerhilfe Korak zu einem sogenannten Millenniumsdorf erkor. In einem von 15 Dörfern in Asien, Afrika und Südamerika will die deutsche Hilfsorganisation hier zeigen, dass die Millenniumsentwicklungsziele bis Ende des Jahres tatsächlich erreicht werden können – wenn man nur will.

Das siebente der acht Ziele besagt unter anderem, dass der Anteil der Menschen, die nicht dauerhaft Zugang zu gutem Trinkwasser haben, bis Ende des Jahres halbiert werden soll. Nicht überall wird das gelingen, in Korak hingegen schon. Wenn das von der Welthungerhilfe und Viva con Agua de St. Pauli finanzierte 140.000-Euro-Projekt im Juni ausläuft, werden in Korak 4800 Meter Wasserleitungen verlegt, vier Wasserstellen und 600 Toiletten gebaut sein. In anderen Regionen des Himalaja-Landes ist die Situation schlechter. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen hat bislang jeder zweite Nepalese keinen Zugang zu sauberem Wasser.

Durchfall und Untergewicht

Yamuna Kafle ist eine von ihnen. Gerade einmal 38 Kilo wiegt die 25-Jährige, ihre fast drei Jahre alte Tochter Sayusha bringt es auf 9,7 Kilo. Normal wären in diesem Alter rund 14 Kilo. Weil Sayusha schwer untergewichtig ist, ist ihre Mutter mit ihr seit mehreren Tagen im Krankenhaus in der Bezirkshauptstadt Bharatpur. "Ich kann mir kein sauberes Wasser leisten und muss meiner Tochter Wasser aus einer verschmutzen Quelle geben. Wahrscheinlich hat sie deshalb ständig Durchfall", sagt die alleinerziehende Frau.

Früher mussten auch oft Kinder aus Korak im Krankenhaus aufgepäppelt werden. Denn bevor die Siedlung Millenniumsdorf wurde, trank auch dort die Hälfte der Bewohner verunreinigtes Wasser. Nur ein Drittel der Haushalte verfügte über eine Toilette, meist waren es einfache Plumpsklos. Während des Monsuns schwemmten die starken Regenfälle die Fäkalien oft durch das ganze Dorf, Quellen und Felder wurden so kontaminiert. Auch Durga, die ihren Sohn jetzt mit glasklarem Wasser in der warmen Mittagsonne wäscht, hatte bis vor kurzem kein Klo.

"Früher musste ich bis zum Abend warten, um meine Notdurft im Schutz der Dunkelheit zu verrichten. Ich hatte Angst vor Schlangen, Skorpionen, Tigern und Männern, die uns im Wald auflauern", sagt Durga. Ihre Toilette präsentiert sie so stolz, als sei sie ein schickes, neues Auto. In Korak ist so ein wellblechgedecktes Häuschen ein Statussymbol.

Auch wenn die Vereinten Nationen das Recht auf Wasser und Sanitärversorgung seit 2010 als Menschenrecht anerkennen, wird es bislang nicht nur vielen Menschen in Nepal verwehrt.

Angst vor Kämpfe um Wasser

In den vergangenen 100 Jahren hat sich der weltweite Wasserverbrauch verzehnfacht und Bevölkerungswachstum, zunehmender Fleischkonsum, Klimawandel, Umweltverschmutzung und Wasserverschwendung lassen ihn weiter steigen. Derzeit leben rund sieben Milliarden Menschen auf der Erde. Bis 2050 wird die Weltbevölkerung vermutlich auf neun Milliarden Menschen wachsen. Nach Uno-Schätzungen werden bereits im Jahr 2025 zwei Drittel der Weltbevölkerung von Wasserknappheit betroffen sein, gewaltsame Konflikte ums Wasser könnten zunehmen.

Die Uno schätzt, dass über einen Zeitraum von fünf Jahren jedes Jahr rund 94 Milliarden Euro investiert werden müssten, um allen Menschen endlich Zugang zu sauberem Wasser zu verschaffen. (Philipp Hedemann aus Korak,

DER STANDARD, 21.3.2015)

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