Mittwoch, April 24, 2024
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Erstarrte Fronten: Westen treibt Russland weiter in die Enge und schadet sich damit selbst

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USA, EU und Nato verlangen von Moskau Entgegenkommen, wollen aber von ihrer eigenen Position nicht abweichen.

Sanktionen hinterlassen nur Verlierer, sagt eine alte Weisheit von Ökonomen. Oft verliere sogar derjenige, der die Strafmaßnahmen verhängt, mehr als der, den sie treffen sollen.
Auf die Sanktionen gegen Russland trifft diese Einsicht offenbar nur teilweise zu. Glaubt man dem Vorsitzenden des Deutsch-Russischen Forums und ehemaligen branden-burgischen Ministerpräsidenten Matthias Platzeck, dann produzieren die Russland-Sanktionen sogar einen glücklichen Gewinner. Im Gespräch mit dem Deutschlandfunk verriet der SPD-Politiker: „Wenn man sich dieses Jahr anschaut, dann ist der Handel zwischen den USA und Russland gewachsen in dieser Zeit, während wir Milliarden-Einbrüche haben.“ Laut dem Ostausschuss der deutschen Wirtschaft

werde dies bis Jahresende wahrscheinlich 50000 deutsche Arbeitsplätze kosten.

(Bild: Ganz im Sinne Washingtons: Merkel verschärft Tonlage gegenüber Moskau)

Platzeck stellt die entscheidende Frage: „Was wollen wir mit der Sanktionspolitik eigentlich am Ende erreichen?“ Die Antwort bleibt die Bundeskanzlerin schuldig. Stattdessen verschärft Angela Merkel in jüngster Zeit noch spürbar den Ton. Sie moniert, dass Moskau eine Politik der Annäherung an Serbien, Bosnien-Herzegowina, Moldawien und Georgien betreibe. Der CDU-Europapolitiker Elmar Brok klagt Moskau gar an, Länder des Balkans „politisch und vor allem wirtschaftlich zu unterwandern“. Merkel wirft Moskau „altes Denken in Einfluss-Sphären“ vor.

In diesen Attacken entblößt sich die Aussichtslosigkeit der bisherigen Diplomatie. Die Nato wie auch die EU haben ihre „Einfluss-Sphären“ seit 15 Jahren beharrlich nach Osten, auf Russland zu, ausgedehnt. Erdreistet sich Moskau aber, eine (im Volumen geradezu kümmerliche) Gegenstrategie anzugehen, so wird dies als „altes Denken“ gebranntmarkt, dem mit harten Strafmaßnahmen zu begegnen sei. Was gedenkt man Moskau anzubieten? Eine Welt, in der die USA mit ihren Verbündeten eine Interessenpolitik nach Gusto betreiben dürfen, der sich Russland gefälligst zu fügen habe?

Wenn dies das Ziel der Sanktionen ist, wird die weitere Eskalation unausweichlich sein. Ein solches Szenario ist für Moskau unannehmbar, da so der Eindruck entstünde, der Kreml habe vor der „Einkreisung“ durch die USA die Waffen gestreckt. Ein russischer Präsident, der sich dem unterwürfe, wäre keine drei Monate länger im Amt.

Flehentlich fordern Politik-Veteranen von Helmut Kohl bis Henry Kissinger daher, endlich auch die russische Sicht der Entwicklung seit 15 Jahren in Betracht zu ziehen und erinnern an eine Grundregel der Außenpolitik: Auch für den anderen muss die „Weltordnung“, die man ihm anträgt, eine attraktive Perspektive bergen, sonst kann es keine Einigung geben. Vor allem Berlin ist aufgerufen, die Mahnung der Altvorderen ernst zu nehmen.

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