Donnerstag, April 25, 2024
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Experte: Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt integrieren – Wirtschaft ankurbeln

Migranten an der Grenze Mazedonien-Griechenland

Die Auswirkung der Flüchtlingswelle auf die Wirtschaftssituation in Europa sollte laut Prof. Christian Dreger, Forschungsdirektor für International Economics am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin, nicht

unnötig dramatisiert werden.

Natürlich hätte die Schließung der Schengen-Grenzen negative Folgen für die wirtschaftliche Entwicklung in Europa, sagte er im Sputniknews-Interview mit Nikolaj Jolkin. „An diesem Punkt sind wir aber noch lange nicht. Zwar entstehen kurzfristig einige Kosten, aber längerfristig könnten positive Effekte realisiert werden, wenn sich die Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt integrieren lassen. Wenn zusätzliche Arbeitskräfte zur Verfügung stehen, dann sind das keine zusätzlichen Lasten, sondern eher Gewinne für die Wirtschaft.“

 

Der Experte erinnert daran, dass es ein Konjunktur-Programm für Deutschland gibt. Es seien zwar gegenwärtig höhere Ausgaben für die Flüchtlinge notwendig, beispielsweise in Form von Bau-Investitionen, gleichzeitig werde aber der Konsum in den privaten Haushalten angezogen. Das sei immerhin ein positiver Effekt für das Bruttoinlandsprodukt.

Prof. Dreger räumt ein, dass jetzt mehr Gelder für die Unterbringung und Integration der Flüchtlinge fließen müssten. „Das kann man als eine Schwierigkeit bezeichnen, wichtiger als irgendwelche Haushaltsprobleme jedoch wäre, dass die EU in dieser Frage endlich eine gemeinsame Politik formuliert.“

Darin sieht der Experte die zentrale Voraussetzung. Sonst gebe es verschiedene Zeichen für eine Abschwächung der Weltwirtschaft, meint er. „Wir haben das Risiko in Europa, da hier das Wachstum im weltwirtschaftlichen Vergleich tendenziell eher mager ausfällt. Wir könnten uns durchaus vorstellen, dass wir höhere Wachstumsraten in Europa hätten. Das wäre zumindest wünschenswert. Auf der anderen Seite sind natürlich weitere Risiken zu berücksichtigen“, fährt Christian Dreger fort.

„So gibt es eine wirtschaftliche Abschwächung in China. Obwohl diese erwartet wurde, da das Wirtschaftsmodell dort zu mehr Konsum umgesteuert wird. Und das geht gewöhnlich mit geringeren Wachstumsraten einher.“ Das sei aber beherrschbar, meint der Experte, denn die Wachstumsraten bleiben hoch.

 

Das andere Thema ist der Verfall der Ölpreise, der auch mit China verbunden ist, da hier jetzt die Nachfrage geringer ist. Der Wirtschaftswissenschaftler macht aber auf das Überangebot auf dem Weltmarkt aufmerksam, auf die Weigerung Saudi-Arabiens, die eigene Förderung zu begrenzen, und auf die USA, die ihr Exportverbot für Öl kürzlich aufgehoben haben. „Von daher beliefern die USA die Weltwirtschaft stärker als bisher. Hinzu kommt, dass der Iran als neuer Förderer auf die Bühne tritt.“

Das habe kurzfristig positive Effekte für die nicht ölproduzierenden Länder wie Deutschland, betont Christian Dreger. „So ist die Inflation zu niedrig, und die Kaufkraft der privaten Haushalte sowie der Konsum insgesamt werden gestärkt. Auf der anderen Seite hat es natürlich für einige Länder negative Effekte. Allen voran für Russland. Da droht eine erhebliche Krise des Staatssystems. Ein typischer Fehler bestand in Russland in der Vergangenheit darin, dass man sich zu sehr auf die Öl-Einnahmen verlassen hat und die industrielle Diversifizierung, die eigentlich notwendig wäre, vernachlässigte. Insofern ist die Krise in Russland teilweise hausgemacht. Die wirtschaftliche Entwicklung in Russland ist in erheblicher Weise mit deutlichen Risiken für den Staatshaushalt verbunden, und diese Krise in Russland kann sich auch auf die Weltwirtschaft auswirken“, behauptet der Experte.

Ölgewinnung in Irak
© REUTERS/ ESSAM AL-SUDANI

 

 

„Auf dem jüngsten Weltwirtschaftsforum in Davos wurde auch die lockere Geldpolitik der EZB diskutiert, die gedacht war, die drohende Deflation zu bekämpfen. Jedoch ist der Rückgang des allgemeinen Preisniveaus jetzt vor allem mit dem Rückgang der Ölpreise verbunden. Und das kann insgesamt zu fallenden Preisen führen, die dann wiederum negative Effekte entfachen können“, äußert der Wissenschaftler.

Was aus der Sicht von Christian Dreger fehlt, ist die Steigerung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage. „Und da muss man auf der europäischen Ebene überlegen, was man sonst so macht. Es kann nicht sein, dass man hier die Geldpolitik alleine lässt.“


https://soundcloud.com/sputnik-de/1davos-forum-vor-dem-hintergrund-wirtschaftlicher-probleme-europas

Quelle: Sputnik Deutschland

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