Donnerstag, März 28, 2024
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Facebook: Ehemalige Mitarbeiter berichten von gezielter und organisierter politischer Zensur

Frühere Facebook-Mitarbeiter haben dem Gadget-Blog Gizmodo offenbart, wie die Nachrichten in den Trending-News-Block gelangen, die das soziale Netz seinen Nutzern anbietet. Ihren Worten zufolge herrscht im Unternehmen eine echte Zensur.

„Diese Meldung erinnert erneut daran, wie gefährlich die Kontrolle über dem Content ist, die aus dem Silicon Valley ausgeht“, meint dazu der investigative US-Journalist Glenn Greenwald.

Frühere Facebook-„Nachrichtenkuratoren“, wie sie im Unternehmen genannt wurden, erzählten von Anweisungen, bestimmte Stories künstlich in den Nachrichtenblock einzutragen, auch wenn sie nicht wirklich populär waren. Unter anderem wurden sie gebeten, die Geschichten über Facebook selbst nicht zu promoten.

Den Worten der früheren Mitarbeiter der populären Plattform zufolge verhinderten sie immer die Verbreitung der konservativ ausgerichteten Nachrichten über die Tätigkeit von Mitt Romney und  Rand Paul, auch wenn diese Themen die Nutzer ursprünglich interessiert hatten.

„Je nachdem, wessen Schicht es war, wurden bestimmte Themen auf die schwarze Liste gesetzt oder getrendet“, sagte einer der ehemaligen Facebook- Nachrichtenkuratoren, der sich selber als Konservativer bezeichnet:

„Ich konnte zu meiner Schicht kommen und entdecken, dass die Information zur jährlichen Konferenz der konservativen Aktivisten CPAC oder Mitt Romney oder Glenn Beck oder aktuelle Themen bezüglich der Aktivitäten der Konservatoren nicht trending war, weil entweder der Kurator diese Nachrichten nicht als wichtig anerkannt hatte, oder als ob er eine Voreingenommenheit gegenüber Ted Cruz hätte“.

Unter den verschwiegenen Nachrichten war auch die Information zur Mitarbeiterin der US-Steuerbehörde, Lois Lerner, die von den Republikanern der Voreingenommenheit gegenüber Konservatoren beschuldigt wurde, zum Gouverneur des US-Bundesstaates Wisconsin, Scott Walker sowie zum früheren Fox News-Mitarbeiter.

Nachdem die Beschuldigungen der Befangenheit veröffentlicht wurden, dementierte die Facebook-Leitung diese Informationen und betonte, dass sich das Sozialnetzwerk strickt an dem „Objektivitäts- und Neutralitätsprinzip“ hält. „Wir nehmen Beschuldigungen der Befangenheit sehr ernst“, schrieb der Chef der Abteilung für Recherchen, Tom Stocky und betonte:

 „Facebook ist eine Plattform  für Menschen und Perspektiven des gesamten politischen Spektrums.“

„Es macht wachsam, wenn man erfährt, dass solch eine Macht angewendet wird, um Einstellungen und Materialien zu verschweigen, die einer gewissen Agenda nicht entsprechen“, zitiert die Nachrichtenagentur TASS einen Vertreter des nationalen Organisationsgremiums der Republikanischen Partei der USA (Propaganda-Book: Facebook blockiert US-kritische Webseiten zum Syrien-Konflikt).

„Diese Meldung erinnert erneut daran, wie gefährlich die Kontrolle über dem Content ist, die aus dem Silicon Valley ausgeht“, meint der US-amerikanische Journalist Glenn Greenwald.

Nicht zum ersten Mal entwickelt sich ein Skandal um Facebook: Ende 2015 wurde das Unternehmen der Datensammlung über Nutzer, die auf dieser Plattform gar nicht registriert sind, und der späteren Verwendung dieser Information zu eigenen Zwecken beschuldigt (Facebook löscht User-Inhalte im Auftrag der Bundesregierung – Strafanzeige gegen Zuckerberg).

In Belgien haben die Nutzer vor Gericht ihr Recht bestätigt, um eine Genehmigung dafür gebeten zu werden. Eine Sammelklage gegen die Firma wurde in Israel erhoben. Wie die anrufende Partei behauptet, habe das Sozialnetzwerk die auf ihren Seiten veröffentlichen Hetzmeldungen gegen Juden ignoriert.

Eine weitere Klage bezog sich auf den Datenschutz: Ein Student aus Österreich gewann einen Prozess gegen den Internet-Riesen im Europäischen Gerichtshof. Die Verpflichtung, auf der Seite nur den echten Namen zu verwenden, löste Unzufriedenheit bei denjenigen hervor, die ihre Identität im Internet schützen wollen, so dass Facebook wieder angeklagt wurde.

Der Handelsausschuss des US-Senats fordert weitere Informationen. Zwei Wochen hat Mark Zuckerberg Zeit (Facebook: Das Märchen vom heiligen Mark), Fragen des Ausschussvorsitzenden John Thune zu beantworten: Wie „Trending“ zustande komme, ob und wie es redaktionell betreut werde und ob bestimmte Themen entfernt oder hinzugefügt werden.

Medien, die Vierte Gewalt

Das Auswählen und „Kuratieren“ von Berichten und die Unterscheidung zwischen Relevanz und Irrelevanz ist normalerweise eine fast schon „hoheitliche“ Aufgabe der Medien als Vierte Gewalt.

Sogenannte Newsdesks entscheiden Tag für Tag, welche Nachrichten es auf die ausgedruckten und digitalen Titelseiten schaffen und geben damit selbstverständlich auch bestimmte Trends vor. Unbestritten ist ebenso, dass hier mitunter mehr oder weniger die politische Position des jeweiligen Mediums eine Rolle spielt und eine dementsprechend selektive Berichterstattung erfolgt.

Ordnet man z.B. ein bestimmtes Magazin und seine Leserschaft eher „links“ oder eher „rechts“ von der politischen Mitte ein, wird sich das kurz-, mittel- und langfristig nicht nur am Umgang mit bestimmten Themen, sondern immer auch an der Themenauswahl nachweisen lassen.

Heikel wird es, wenn vermeintlich neutrale Plattformen wie Facebook oder auch Suchmaschinen wie Google eine vom Benutzer unerkannte Vorauswahl treffen, die diese eigentlich existierende Medienvielfalt ad absurdum führt (DARPA: Die engen Verstrickungen von Google und Facebook mit dem US-Militär).

Genaugenommen kommt das einer Zensur gleich, die sich die jeweiligen Unternehmen oder Institutionen durch ihre Rolle als „Gatekeeper“ an einer zentralen Informations- und Kommunikationsschnittstelle herausnehmen können.

 

Sollten die darin erhobenen Manipulations-Vorwürfe tatsächlich zutreffen, müsste Facebook innerhalb der Medienlandschaft völlig neu bewertet werden. De facto würde es sich dann – vereinfacht ausgedrückt – um eine „Zeitung“ mit mehr als 1 Milliarde „Leser“ handeln, die völlig unkontrolliert von staatlichen und freiwilligen Kontrollinstanzen beliebigen Einfluss auf die politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Berichterstattung nehmen kann.

Dies wäre gleich auf mehreren Ebenen gefährlich und würde z.B. dazu führen, dass allein über die Themenauswahl potentielle Konkurrenten des Unternehmens geschädigt werdenkönnten. Gleichzeitig könnte das Unternehmen besonders in Wahlkampfzeiten wie diesen über die Medienpräsenz und somit über die potentielle Reichweite von Kandidaten und ihren politischen Botschaften bestimmen (Ferngesteuert: Wie uns Amazon, Google, Facebook & Co im Netz kontrollieren).

Literatur:

Bürger im Visier der Geheimdienste

Die globale Überwachung: Der Fall Snowden, die amerikanischen Geheimdienste und die Folgen von Glenn Greenwald

Die Datenspinne: Im Netz von Google, Facebook, Alibaba und Co! von Herbert Jodlbauer

NSA, BND & Co.: Die Möglichkeiten der Geheimdienste: Technik, Auswertung, Gegenmaßnahmen von Gilbert Brands

Quellen: PublicDomain/deutsch.rt.com/mobilegeeks.de am 11.05.2016

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