Freitag, April 19, 2024
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Feindbild Russland: Geschichte einer Dämonisierung

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Hundert Jahre nach dem Ersten Weltkrieg herrscht im Westen wieder eine russophobe Grundstimmung.

 

Washington und Brüssel erlassen Einreiseverbote gegen

Diplomaten, verhängen Sanktionen, sperren Konten, schließen Russland aus

internationalen Gremien aus, boykottieren sportliche Großereignisse und mobben „Russlandversteher“ in den eigenen Reihen. Ein Stellvertreterkrieg in der Ukraine verfestigt das gegenseitige Misstrauen.

 

Der Historiker Hannes Hofbauer verfolgt das Phänomen der Russophobie zurück bis ins 15. Jahrhundert, als der Zar im Zuge der kriegerischen Reichsbildung gegen Nordwesten zog. Es ging um Herrschaft, Konkurrenz und Meereszugang.

Der Kampf um reale wirtschaftliche und (geo)politische Macht wurde auch damals schon ideologisch begleitet: Der Russe galt seinen Gegnern als asiatisch, ungläubig, schmutzig und kriecherisch, Stereotypen, die sich über Jahrhunderte erhalten haben.

Das Feindbild-Paradigma zieht sich wie ein roter Faden durch die Rezeption Russlands im Westen. Aktuell reagiert diese empört auf die Politik des Kreml, der mit der Machtübernahme Wladimir Putins innenpolitisch auf Konsolidierung und außenpolitisch auf Selbständigkeit setzt.

Die Wegmarken der neuen Feindschaft sind zahlreich. Sie reichen vom Krieg der NATO gegen Jugoslawien (1999) über die Verhaftung des Oligarchen Michail Chodorkowski (2003) und die Osterweiterung der NATO (USA wollen Europa durch Nato-Verstärkung „an die Kandare nehmen“), den mit US- und EU-Geldern unterstützten „Farbrevolutionen“ (Bereitet Washington eine ‘Farbenrevolution’ in Russland vor?) bis zum Krieg um die georgischen Provinzen Abchasien und Südossetien (2008) und hinterlassen die bislang tiefste Kluft im Kampf um die Ukraine (2015), die am überwunden geglaubten West-Ost-Konflikt auseinander gebrochen ist.

Dämonisierung

„Die Vernunft würde natürlich sagen, dass Deutschland, die deutsch geführte EU, überhaupt keine Auseinandersetzung mit Russland braucht, aber die USA scheinen das anders zu sehen“, sagt Hannes Hofbauer gegenüber Sputniknews.

„Hinter der derzeitigen Situation, die sehr stark von den USA ausgeht, steht also eine Auseinandersetzung der USA mit der Europäischen Union“, erklärt der Historiker.

Gegenwärtig erleben wir, führt der Autor weiter aus, tatsächlich einen Wirtschaftskrieg, der mit den Sanktionen gegen gewisse Persönlichkeiten begonnen habe. „Die Sanktionen sind eine wirtschaftskriegerische Handlung und sie haben beträchtliche Auswirkungen. Wen das nicht betrifft, sind die USA. Und da kann man schon erkennen, wie die Interessen gelagert sind“, so Hofbauer (Russland und Deutschland: USA werden eine Allianz nie zulassen (Videos)).

„Es wurde in letzter Zeit eine unheimliche mediale Anstrengung gemacht, um Russland in ein schlechtes Licht zu stellen und eine russlandfeindliche Stimmung zu erzielen“, sagt der Autor. Ihm zufolge sei plötzlich ein Zusammenhang zwischen dem Syrien-Eingriff und der Fluchtbewegung in den Medien hergestellt worden. Zur Zeit der amerikanischen und der syrischen Angriffe sei nie darüber gesprochen worden, dass es einen Zusammenhang gebe (Westliche Medien und der Staat: „Es ist an der Zeit, in diesem Land aufzuräumen“).

„Also wenn Russland eingreift, heißt es: „Russland greift ein und wir haben dann die Flüchtlinge – schrecklich.“ Aber die Amerikaner, die Franzosen, die Briten greifen schon länger ein und dieser Link wurde nie hergestellt. Auch dieses Thema — Syrien und die Flüchtlingskrise — wird also antirussisch instrumentalisiert“, findet Hofbauer.

„Das Buch versucht, die Beziehungen zwischen Russland und dem Westen historisch zu erklären. Es gibt eine Anzahl von Facetten, wie sich diese Beziehungen und das Russland-Bild geändert haben“, sagt der Autor.

„Feindbild Russland“, das Anfang März in den Buchläden erscheint, erzählt die Beziehungsgeschichte des Westens mit Russland und spürt den wirtschaftlichen und geopolitischen Grundlagen der Russophobie nach.

Video: Hannes Hofbauer- Brussels „Drang nach Osten“: The Economic Colonization of Eastern Europe

Der Autor Hannes Hofbauer, geboren 1955 in Wien, studierte Wirtschafts- und Sozialgeschichte und arbeitet als Publizist und Verleger. Im Promedia Verlag sind von ihm zum Thema erschienen: „EU-Osterweiterung. Historische Basis – ökonomische Triebkräfte – soziale Folgen“ (2008) und „Die Diktatur des Kapitals. Souveränitätsverlust im postdemokratischen Zeitalter“ (2014).

Literatur:

Die Eroberung Europas durch die USA: Zur Krise in der Ukraine von Bittner Wolfgang

Countdown Weltkrieg 3.0 von Stephan Berndt

Ukrainian Agony

Zerstörung der Hoffnung (Killing Hope): Bewaffnete Interventionen der USA und des CIA seit dem 2. Weltkrieg von William Blum

Quellen: PublicDomain/Promedia Verlag/de.sputniknews.com am 04.03.2016

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