Donnerstag, April 25, 2024
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Flaschensammler: Rettungsring fürs Pfand

pfandringe

Im Pfandring des 26-jährigen Produktdesigners Paul Ketz können

pfandringe

Im Pfandring des 26-jährigen Produktdesigners Paul Ketz

können Pfandflaschen

abgestellt werden. Er soll Sammlern die Arbeit erleichtern – und breitet sich nun in deutschen Städten aus.

Der Pfandring ist ein Zusatz für öffentliche Mülleimer zum Abstellen von Pfandflaschen. An jeder Ecke der Stadt gibt


es pfandpflichtige Flaschen und Dosen zu kaufen, allerdings gibt es weitaus weniger Annahmestellen, die zur Rücknahme


verpflichtet sind und da das Flaschen- und Dosenpfand darüber  hinaus vergleichsweise noedrig ist, ist die Hemmschwelle es


einfach wegzuwerfen ähnlich gering.

Technology Review: Warum kam eigentlich keiner vor Ihnen auf die Idee des Pfandrings? Kompliziert ist er ja nicht…

Paul Ketz: Ja, die cleveren Dinge sind meist die einfachsten. Mein Grundgedanke war: Die einen werfen etwas weg, was andere mühsam wieder aus dem Müll sammeln. Für die Sammler ist es herabwürdigend, unhygienisch und sie können sich an Scherben und Spritzen verletzen. Da habe ich mir einen praktischen Aufsatz ausgedacht, in den man die Pfandflaschen sicher abstellen kann. Das ist auch sinnvoll, weil sich Glas fast unendlich oft wiederverwerten lässt. Mit dem Restmüll in den Abfalleimern würde es aber verbrannt.

TR: Sie haben viele Pfandsammler befragt, ehe sie mit der Produktentwicklung begannen. Was hätte schiefgehen können?

Ketz: Ich wollte herausfinden, ob die Sammler sich vor Konkurrenz sorgen, weil der Aufsatz die Hemmschwelle zum Sammeln herabsetzt. Aber in Deutschland sind im vergangenen Jahr etwa 250 Millionen Euro an Pfandwert verbrannt worden. Es ist also genug da. Ich wollte zudem ausschließen, dass organisierte Kreise das Pfand abgreifen wie beim Sperrmüll. Aber da das Aufkommen der Flaschen unregelmäßig ist, kann niemand immer samstagmorgens alle Pfandringe abernten.

TR: Haben die Menschen SOFORT verstanden, was der Ring soll?

Ketz: Es gibt ein YouTube-Video mit versteckter Kamera. Keiner der Passanten wurde angeleitet. Die Leute stellen ihr Leergut einfach in den Ring, als würden sie ihn schon kennen.

TR: Passt der Aufsatz denn für jeden öffentlichen Mülleimer?

Ketz: Er lässt sich an jedes Modell anpassen. Für die Stadt Hamburg habe ich zu Testzwecken eigens einen modularen Pfandring entworfen. Die Plätze für Flaschen sind wie die Glieder einer Kette aneinandergefügt. Je nach Länge eignet er sich für schmale Laternenpfähle, Ampeln oder Litfaßsäulen. Er wird einfach mit einem Stahlband befestigt. Die Grünen haben sich das gewünscht, um ihn bei einem Fußballspiel in Stadionnähe zu verwenden.

TR: Wo wird der Pfandring zurzeit eingesetzt?

Ketz: Den Anfang hat Bamberg im letzten Herbst gemacht, dann Köln und Karlsruhe. Bielefeld soll in naher Zukunft dazukommen. Insgesamt sind knapp 30 Pfandringe im Einsatz. Ich habe zudem vor, das Projekt bei der Deutschen Bahn vorzustellen. Sie verbietet das Durchsuchen von Mülleimern in den Bahnhöfen.

TR: Die Kritiker…

Ketz: …werfen mir ein “Herumdoktern am Symptom der Armut” und “Geldmacherei auf dem Rücken der Armen” vor. Das ist einfach falsch. Ich bilde mir gar nicht ein, das Armutsproblem in den Städten zu lösen. Es ist einfach sinnvoll, öffentliche Abfalleimer um eine Recyclingfunktion zu erweitern.

TR: Was kostet Ihr Mülleimeraufsatz?

Ketz: Bei einer Bestellmenge von zehn Stück kostet einer zwischen 120 und 200 Euro. Zum Vergleich: Ein städtischer Hightech-Mülleimer in Hamburg – mit eingebauter Müllpresse und Solaranlage – kostet 5000 Euro. Die verbreiteten orangen Plastikeimer sind zwar günstiger als ein Pfandring. Aber sie werden im Spritzgussverfahren hergestellt, und da kostet das Werkzeug zur Herstellung der Form so viel wie ein Auto.

TR: Wie wird der Pfandring hergestellt?

Ketz: Der Auftraggeber gibt seine Wünsche an. Die Grundform zeichne ich am Computer. Dann wird ein Rohling aus Stahl ausgeschnitten. Solange die Stückzahlen überschaubar sind, biege und schweiße ich die Ringe mit Assistenten in Köln in der Sozialwerkstatt Jack in the box e.V. Wenn eine Stadt größere Mengen bestellt, sagen wir 500 Stück, könnte der Verein die Ringe herstellen. Es wäre schön, wenn ihm das zugute kommt.

TR: Sie planen keine Firmengründung?

Ketz: Mit dem Projekt kann ich nicht reich werden, auch weil es nicht viele Länder mit Pfandsystem gibt. Ich habe aber auch so schon viel gewonnen: Ich habe nie damit gerechnet, dass der Pfandring so viel Aufmerksamkeit erregt. Er ist in einem Wiener Museum zu sehen und hat den Ecodesign-Preis vom Bundesumweltministerium gewonnen. Am schönsten aber ist, dass die Sammler selbst begeistert sind.

Pfandflaschen abgestellt werden. Er soll Sammlern die Arbeit erleichtern – und breitet sich nun in deutschen Städten aus.

Der Pfandring ist ein Zusatz für öffentliche Mülleimer zum Abstellen von Pfandflaschen. An jeder Ecke der Stadt gibt


es pfandpflichtige Flaschen und Dosen zu kaufen, allerdings gibt es weitaus weniger Annahmestellen, die zur Rücknahme


verpflichtet sind und da das Flaschen- und Dosenpfand

 darüber  hinaus

vergleichsweise noedrig ist, ist die Hemmschwelle es


einfach wegzuwerfen ähnlich gering.

Technology Review: Warum kam eigentlich keiner vor Ihnen auf die Idee des Pfandrings? Kompliziert ist er ja nicht…

Paul Ketz: Ja, die cleveren Dinge sind meist die einfachsten. Mein Grundgedanke war: Die einen werfen etwas weg, was andere mühsam wieder aus dem Müll sammeln. Für die Sammler ist es herabwürdigend, unhygienisch und sie können sich an Scherben und Spritzen verletzen. Da habe ich mir einen praktischen Aufsatz ausgedacht, in den man die Pfandflaschen sicher abstellen kann. Das ist auch sinnvoll, weil sich Glas fast unendlich oft wiederverwerten lässt. Mit dem Restmüll in den Abfalleimern würde es aber verbrannt.

TR: Sie haben viele Pfandsammler befragt, ehe sie mit der Produktentwicklung begannen. Was hätte schiefgehen können?

Ketz: Ich wollte herausfinden, ob die Sammler sich vor Konkurrenz sorgen, weil der Aufsatz die Hemmschwelle zum Sammeln herabsetzt. Aber in Deutschland sind im vergangenen Jahr etwa 250 Millionen Euro an Pfandwert verbrannt worden. Es ist also genug da. Ich wollte zudem ausschließen, dass organisierte Kreise das Pfand abgreifen wie beim Sperrmüll. Aber da das Aufkommen der Flaschen unregelmäßig ist, kann niemand immer samstagmorgens alle Pfandringe abernten.

TR: Haben die Menschen SOFORT verstanden, was der Ring soll?

Ketz: Es gibt ein YouTube-Video mit versteckter Kamera. Keiner der Passanten wurde angeleitet. Die Leute stellen ihr Leergut einfach in den Ring, als würden sie ihn schon kennen.

TR: Passt der Aufsatz denn für jeden öffentlichen Mülleimer?

Ketz: Er lässt sich an jedes Modell anpassen. Für die Stadt Hamburg habe ich zu Testzwecken eigens einen modularen Pfandring entworfen. Die Plätze für Flaschen sind wie die Glieder einer Kette aneinandergefügt. Je nach Länge eignet er sich für schmale Laternenpfähle, Ampeln oder Litfaßsäulen. Er wird einfach mit einem Stahlband befestigt. Die Grünen haben sich das gewünscht, um ihn bei einem Fußballspiel in Stadionnähe zu verwenden.

TR: Wo wird der Pfandring zurzeit eingesetzt?

Ketz: Den Anfang hat Bamberg im letzten Herbst gemacht, dann Köln und Karlsruhe. Bielefeld soll in naher Zukunft dazukommen. Insgesamt sind knapp 30 Pfandringe im Einsatz. Ich habe zudem vor, das Projekt bei der Deutschen Bahn vorzustellen. Sie verbietet das Durchsuchen von Mülleimern in den Bahnhöfen.

TR: Die Kritiker…

Ketz: …werfen mir ein “Herumdoktern am Symptom der Armut” und “Geldmacherei auf dem Rücken der Armen” vor. Das ist einfach falsch. Ich bilde mir gar nicht ein, das Armutsproblem in den Städten zu lösen. Es ist einfach sinnvoll, öffentliche Abfalleimer um eine Recyclingfunktion zu erweitern.

TR: Was kostet Ihr Mülleimeraufsatz?

Ketz: Bei einer Bestellmenge von zehn Stück kostet einer zwischen 120 und 200 Euro. Zum Vergleich: Ein städtischer Hightech-Mülleimer in Hamburg – mit eingebauter Müllpresse und Solaranlage – kostet 5000 Euro. Die verbreiteten orangen Plastikeimer sind zwar günstiger als ein Pfandring. Aber sie werden im Spritzgussverfahren hergestellt, und da kostet das Werkzeug zur Herstellung der Form so viel wie ein Auto.

TR: Wie wird der Pfandring hergestellt?

Ketz: Der Auftraggeber gibt seine Wünsche an. Die Grundform zeichne ich am Computer. Dann wird ein Rohling aus Stahl ausgeschnitten. Solange die Stückzahlen überschaubar sind, biege und schweiße ich die Ringe mit Assistenten in Köln in der Sozialwerkstatt Jack in the box e.V. Wenn eine Stadt größere Mengen bestellt, sagen wir 500 Stück, könnte der Verein die Ringe herstellen. Es wäre schön, wenn ihm das zugute kommt.

TR: Sie planen keine Firmengründung?

Ketz: Mit dem Projekt kann ich nicht reich werden, auch weil es nicht viele Länder mit Pfandsystem gibt. Ich habe aber auch so schon viel gewonnen: Ich habe nie damit gerechnet, dass der Pfandring so viel Aufmerksamkeit erregt. Er ist in einem Wiener Museum zu sehen und hat den Ecodesign-Preis vom Bundesumweltministerium gewonnen. Am schönsten aber ist, dass die Sammler selbst begeistert sind.

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