Freitag, April 19, 2024
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Flüchtlingspolitik: Salvini und Kurz mischen die EU und Merkel auf

Angefangen hat es mit dem ungarischen Grenzzaun. Dann folgten Polen und Tschechien. Jetzt hat Italien die Regie gegen Angela Merkels Flüchtlingspolitik übernommen. Und es bekommt massiven Beistand vom EU-Ratspräsidenten, dem österreichischen Bundeskanzler Sebastian Kurz.

Italiens Innenminister Matteo Salvini hat angekündigt, Flüchtlinge, die versuchen übers Mittelmeer nach Europa zu kommen, nach Libyen zurückzuschicken. Zuletzt hat der Chef der rechtskonservativen Lega mehrfach Boote mit Migranten nicht anlegen lassen. Derzeit liegt die „Diciotti“, ein Schiff der italienischen Küstenwache, zwar im Hafen Siziliens. Aussteigen dürfen die 177 Einwanderer allerdings erst dann, wenn andere EU-Länder sich bereit erklären, sie aufzunehmen. Zuletzt hatte in einem ähnlichen Fall unter anderem Deutschland solche Migranten ins Land gelassen.

Salvini geht nun so klar wie nie auf Konfrontationskurs mit der EU. „Entweder Europa entscheidet sich ernsthaft, Italien konkrete Hilfe anzubieten, angefangen zum Beispiel mit den Einwanderern an Bord der ,Diciotti‘“, erklärte er. „Oder wir werden gezwungen sein, das zu tun, was das Geschäft der Schlepper für immer beendet. Das heißt, die auf See aufgegriffenen Menschen zurück nach Libyen zu eskortieren.“

Das würde vor allem die Flüchtlingspolitik Angela Merkels konterkarieren, die jeden aufnehmen will. Auch die sogenannten privaten Seenotretter – NGOs, die Flüchtlinge vor der libyschen Küste einsammeln und dann nach Europa schleppen – wären düpiert. Dafür erhält Salvini nun Rückendeckung von Österreich, das gerade die EU-Ratspräsidentschaft innehat.

Bundeskanzler Sebastian Kurz forderte am Dienstag ebenfalls, kein Schiff mit geretteten Flüchtlingen an Bord mehr in irgendeinem EU-Land anlegen zu lassen. Der Regierungschef, der eine rechtskonservative Koalition aus ÖVP und FPÖ führt, sagt: „Schiffe mit Migranten sollten an der EU-Außengrenze gestoppt und die Flüchtlinge in die Ursprungsländer oder in ein sicheres Drittland gebracht werden.“

Die EU ist verzweifelt, hofft sie doch immer noch, die Migranten auf alle Mitgliedsstaaten verteilen zu können und so den Ausländeranteil grundsätzlich, aber vor allem in Osteuropa anheben zu können. Das Problem für Merkel und Co: Salvini, der noch nicht einmal ein Vierteljahr im Amt ist, wird in Italien immer beliebter. Denn seine Politik ist erfolgreich: Die Zahl der Einwanderer geht massiv zurück. Nur noch 1815 Flüchtlinge kamen im Juli nach Italien. Im Vergleichsmonat ein Jahr zuvor waren es noch 11.500 – ein Rückgang um mehr als 84 Prozent. Dafür feiern den Lega-Chef die Italiener. Zuletzt wurde er sogar auf einer Trauerfeier für die Brückenopfer von Genua umjubelt (Jouwatch berichtete).

In Deutschland dagegen kommen Monat für Monat durchschnittlich 15.000 Einwanderer aus Nahost und Afrika. Tendenz steigend. Während Italien handelt, ist die EU ratlos. Die Versprechen des vergangenen Gipfels blieben leere Worte. Weder die Anlandezentren in nordafrikanischen Staaten noch die geplanten Aufnahmezentren innerhalb der EU können realisiert werden.

Österreichs Kanzler Kurz will grundsätzlich zur in Australien praktizierten Migrationspolitik umschwenken. Der Pazifik-Staat interniert Einwanderer auf Inseln und prüft dort deren Asylanträge. Das lehnen EU-Kommission und Merkel strikt ab. Angeblich sei das rechtswidrig.

Auf dem EU-Gipfel am 19. und 20. September in Salzburg werden beide Lager aufeinander treffen. Eine „europäische Lösung“ wird es vermutlich erneut nicht geben. Dann werden Salvini und Kurz mit ihren nationalen Lösungen weiterhin die EU aufmischen. Sie werden dabei Ungarn, Polen, Tschechien und wahrscheinlich die skandinavischen Staaten an ihrer Seite haben. Um Merkel wird es einsam. (WS)

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