Freitag, April 19, 2024
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Flüchtlingstragödie im Mittelmeer: „EU muss Verantwortung übernehmen“

Das Schiff "Gregoretti" der italienischen Küstenwache brachte einige der gefundenen Leichen nach Valetta. Derweil diskutiert die Politik über den weiteren Umgang mit den Flüchtlingsbewegungen.

Außenbeauftragte Mogherini: Problem sei viel zu lange den südlichen Mitgliedern überlassen worden – Möglicher Sondergipfel am Wochenende

Rom/Tripolis/Brüssel – Nach dem Untergang eines Flüchtlingsschiffes mit hunderten Toten in der Nacht von Samstag auf Sonntag im Mittelmeer beschäftigt sich die europäische Politik mit möglichen Fehler, Gruppe existiert nicht! Überprüfen Sie Ihre Syntax! (ID: 3)Maßnahmen. "Das Vorgefallene ist inakzeptabel", sagte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini, und die Kommission gab an, "zutiefst frustriert über die jüngste Entwicklung im

Mittelmeer" zu sein. Es sei an der Zeit, dass die EU die Tragödien ohne weiteres Zögern angehe, so Mogherini: "Alle 28 Mitgliedstaaten müssen Verantwortung übernehmen; das Flüchtlingsproblem ist schon viel zu lange den südlichen Mitgliedern überlassen worden."

Italiens Außenminister verlangte mehr europäische Unterstützung bei der Bewältigung der Flüchtlingsströme. "Wir müssen anerkennen, dass wir einen europäischen Notstand haben. Es ist nicht ein italienischer Notfall", sagte Paolo Gentiloni. Der österreichische EU-Kommissar für Nachbarschaftspolitik, Johannes Hahn, stimmte ihm zu, dass auch die EU-Staaten "in erheblichen Maße gefordert" seien. Es sei dies "ein Problem, das nicht nur Malta und Italien betrifft", sondern alle EU-Staaten. Auch Schwedens Außenministerin Margot Wallström sagte am Montag bei einem regulären Außenministertreffen in Luxemburg, die EU-Mitgliedsstaaten müssen die Verantwortlichkeiten bei der Rettung von Flüchtlingen in einer gerechteren Art und Weise teilen

Steinmeier warnt vor Schnellschüssen

Demnächst sollen die Innen- und Außenminister zu einem Sondergipfel zusammenkommen, auch EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos wird am Donnerstag in Rom zu Gesprächen erwartet. Laut Mogherini könnte der Gipfel noch in dieser Woche stattfinden. Derzeit würden Vorbereitungen laufen, die Entscheidung ist von EU-Ratspräsident Donald Tusk abhängig.

Mogherini sagte aber, es sei nicht mit einer "Zauberlösung" zu rechnen. Auch der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier hat vor allzu großen Erwartungen an das EU-Sondertreffen gewarnt. Die EU müsse so schnell wie möglich dafür sorgen, dass nicht noch mehr Menschen im Mittelmeer umkämen, sagte er am Montag bei seiner Ankunft im Luxemburg. "Ganz schnelle Lösungen" werde es aber sicherlich nicht geben.

EU-Kommissar Günther Oettinger forderte dazu die sofortige Wiederaufnahme des Rettungseinsatzes "Mare Nostrum". Das von der italienische Regierung finanzierte Programm, das mittlerweile vom EU-Grenzschutzeinsatz Triton abgelöst wurde, habe zwar nicht alles Leid verhindern, es aber zumindest lindern können.

"Rasch handeln"

Der italienische Premier Matteo Renzi kehrte am Sonntag von einer Wahlveranstaltung in der lombardischen Stadt Mantua nach Rom zurück, um die Vorgehensweise der Regierung nach der Flüchtlingskatastrophe zu planen.

Dazugehören soll eine Strategie zur Bekämpfung des Menschenhandels über das Mittelmeer, die Italien der EU vorlegen will, sagte Renzi zum Radiosender RTL am Montag. "Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die wir Brüssel unterbreiten wollen. Man muss technische Lösungen finden, wir arbeiten daran." Von einem internationalen militärischen Einsatz auf libyschem Boden oder einer Seeblockade zur Verhinderung von Überfahrten hält Renzi nichts.

"Täglich erleben wir ein Massaker im Mittelmeer. Wie kann man bei so viel Leid gleichgültig bleiben?", sagte Renzi, der auch mit Frankreichs Präsident Francois Hollande telefonierte: "Wir haben darüber beraten, wie wir rasch handeln können", sagte Holland laut dem französischen Sender "Canal Plus".

Der maltesische Ministerpräsident Joseph Muscat forderte, UNO-Einsatzkräfte müssten direkt in Libyen gegen Schlepper vorgehen, um so das Ablegen von Flüchtlingsbooten zu verhindern. Wenn nicht bereits in Nordafrika eingegriffen werde, würden sich Unglücke wie am Wochenende immer wiederholen, sagte Muscat am Montag in Valetta.

"In Libyen schätzt man, dass zwischen 500.000 und einer Million Flüchtlinge aus Syrien und Afrika zur Abfahrt nach Italien bereit seien", berichtete der Staatsanwalt von Palermo, Maurizio Scalia, der gegen Schlepperbanden ermittelt, am Montag.

Weltweit tödlichsten Route

UN-Generalsekretär Ban Ki-moon hat die Weltgemeinschaft aufgefordert, die Flüchtlingskrise gemeinsam zu schultern. Ban sei "schockiert und zutiefst traurig" über den jüngsten Untergang eines Schiffs, teilte sein Sprecher am Sonntag (Ortszeit) in New York in einer Erklärung mit.

Der UN-Generalsekretär rufe "die internationale Gemeinschaft zu Solidarität und Lastenverteilung angesichts dieser Krise" auf. Das Mittelmeer habe sich zur "weltweit tödlichsten Route" von Flüchtlingen entwickelt, kritisierte Ban. Die Regierungen müssten nun nicht nur die Rettungseinsätze auf hoher See verbessern, sondern auch "das Asylrecht für die wachsende Zahl von Menschen sicherstellen, die in aller Welt vor Krieg fliehen, die Zuflucht und einen sicheren Ort brauchen".

Papst Franziskus hat die internationale Gemeinschaft in Rom vor zehntausenden Gläubigen zu "entschiedenem Handeln" aufgefordert, um ähnliche Tragödien in Zukunft zu verhindern.

Vorwurf der Weltfremdheit

In Österreich sagte Kanzler Faymann bei der SPÖ-Klubklausur am Montag: "Man kann nicht wegschauen, wenn das Mittelmeer zu einem riesigen Grab wird." Auch er erkenne eine gesamteuropäische Aufgabe. Hinsichtlich der Aufnahme von Flüchtlingen habe Österreich aber bereits einen maßgeblichen Solidarbeitrag geleistet. "Bei einer gerechteren Verteilung haben andere einen größeren Nachholbedarf", sagte der Kanzler gegenüber Journalisten.

Den Plan von Innenminister Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), mehr Flüchtlingsaufnahmezentren direkt in Nordafrika zu errichten, nannte Diakonie-Direktor Michael Chalupka "weltfremd". "Es mangelt der Welt nicht an überfüllten Flüchtlingslagern, sondern an Staaten, die bereit sind, namhafte Zahlen von Flüchtlingen aufzunehmen", erklärte Chalupka in einer Aussendung.

"Die Politik der europäischen Regierungen, die Aktion 'Mare Nostrum' einzustellen hat, wie zu erwarten war, zu hunderten Toten geführt. Eine Politik, die mit dem Tod von Menschen als Mittel der Abschreckung rechnet, ist verantwortungs- und gewissenlos", kritisierte Chalupka.

"Nicht mehr wegschauen"

Die Bürgermeisterin des oftmaligen Flüchtlingsziels Lampedusa, Giusi Nicolini, rechnet mit weiteren Tragödien. "Wer vor einem brennenden Haus flüchten muss, tut alles, um sich zu retten. Das Mittelmeer ist zu einem Friedhof geworden, und Italien ist sich selbst überlassen", sagte die Bürgermeisterin. Das Stadtoberhaupt von Palermo, Leoluca Orlando, erklärte, dass die toten Flüchtlinge auf Brüssels Gewissen lasteten. "Die EU kann nicht mehr wegschauen", sagte Orlando. "Ganze Bevölkerungen" würden sich derzeit in Bewegung setzen. Die Einrichtung humanitärer Korridore sei notwendig, um weitere Flüchtlingsboote zu verhindern.

Die rechtspopulistische Oppositionspartei Lega Nord drängte dagegen zu einer internationalen Schiffsblockade vor Libyen, um die Abfahrt der Flüchtlingsboote zu verhindern. "Man muss die Flüchtlingsfahrten stoppen, nur so kann man weitere Tragödien verhindern", sagte Lega-Chef Matteo Salvini.

(APA/red, 20.4.2015)

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