Donnerstag, März 28, 2024
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Folterbericht: Ein Schandfleck in der amerikanischen Geschichte

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Jetzt haben wir es schwarz auf weiß, aber zum Großteil eingeschwärzt: Die USA sind ein Folterstaat. Es genügt nicht, die CIA-Verbrechen zu veröffentlichen. Wenn der Westen seine Würde wiedererlangen will, müssen die Täter vor Gericht. Mit gebrochenen Beinen stundenlang stehen und tagelanger Schlafentzug: Der Senatsreport über die Folterpraktiken des US-Geheimdienstes offenbart Hässliches. Fehler, Gruppe existiert nicht! Überprüfen Sie Ihre Syntax! (ID: 2)

Die Geschäfte der CIA verlangen in unregelmässigen Abständen nach einem Grossreine-machen: Waren es in den siebziger Jahren die Morde und Mordversuche des Dienstes, die vom Kongress untersucht wurden, so sind es jetzt die CIA-Foltermethoden. Nach Monaten erbitterter Auseinandersetzungen zwischen dem federführenden Geheimdienstausschuss des Senats, der Regierung Obama und der CIA ist eine seit langem erwartete 500-seitige Zusammenfassung des insgesamt 6’000 Seiten und 35’000 Fussnoten umfassenden Reports nun also veröffentlicht worden.

Bis zuletzt versuchten die Gegner dieser öffentlichen Aufarbeitung, angeführt von der CIA und den Architekten der Folterpraktiken in George W. Bushs «Krieg gegen den Terror» diese 

Publizierung zu verhindern. Die republikanischen Senatoren im Ausschuss wollten mit Ausnahme von Senatorin Susan Collins (Maine) nichts davon wissen. Es roch ihnen zu sehr nach Nestbeschmutzung, auch war die Folter ja erst als Antwort auf 9/11 praktiziert worden. Und noch am vergangenen Freitag hatte Aussenminister John Kerry die Ver-öffentlichung bis auf weiteres zu verschieben versucht: Gewalttätige Reaktionen in der islamischen Welt könnten nicht ausgeschlossen werden.

Den Folterknechten Lügen aufgetischt

Mit gutem Grund: Was auf den Seiten des Reports offenbar wird, ist scheusslich und einer Demokratie wie der amerikanischen unwürdig. Zumal es nutzlos war: Der Senatsbericht räumt ein für alle Mal mit dem Geschwätz der Folter-Befürworter in den USA wie in Europa auf, wonach Foltermethoden verwertbare Ergebnisse brächten und so Menschen-leben retteten. Nicht in einem einzigen der 20 vom Stab des Geheimdienstausschusses untersuchten Fälle waren unter der Folter herausgepresste Informationen militärisch, polizeilich oder nachrichtendienstlich verwertbar.

Im Gegenteil: Zumindest in einem Fall wurden den Folterknechten der CIA Lügen auf-getischt. Und viele der Informationen waren bereits anderweitig verfügbar. Offenbar versuchten es die CIA-Mitarbeiter zuweilen nicht einmal mit gewöhnlichen Verhör-methoden: Man folterte von Beginn – und log später über die Wirksamkeit der Praktiken. Der Präsident wurde ebenso angelogen wie der Kongress. Verschleiert wurde auch, dass anscheinend mehr Gefangene als bislang bekannt «Waterboarding», also simuliertem Ertrinken, unterzogen wurden.

Reaktionen von Bush und Cheney

Dass der Report ein «unehrenhafter Versuch ist, die Geschichte umzuschreiben», wie der für das CIA-Folterprogramm verantwortliche Jose Rodriguez behauptet, ist angesichts der Masse des vorgelegten Materials eine reine Schutzbehauptung. Ähnlich argumentierten die Vasallen des Dienstes bereits beim letzten Grossreinemachen 1975 unter Senator Frank Church und dem nach ihm benannten Sonderausschuss. Die Reaktion der Folter-Protagonisten bei der CIA überrascht mithin genauso wenig wie die Reaktionen von Präsident George W. Bush und Ex-Vizepräsident Dick Cheney: Für Bush sind die CIA-Folterer «Patrioten», derweil Cheney die Folterungen als «absolut, total gerechtfertigt» bezeichnet.

Aber für die Apologeten des CIA-Programms mit seinen geheimen Gefängnissen in Polen und Thailand und Afghanistan und Diego Garcia und sonstwo war es eben nicht Folter, was dort praktiziert wurde. Es handelte sich bekanntlich nur um «erweiterte Verhör-methoden». Laut dem Report zählte zu ihnen, dass Gefangene mit gebrochenen Beinen und Füssen stundenlang stehen mussten. Oder mit Rektalspülungen traktiert wurden. Oder tagelang ohne Schlaf verhört wurden. Oder über Stunden qualvoll, weil angekettet in «Stresspositionen» verharren mussten. Dabei wird der volle Umfang der US-Methoden vom Senatsreport nicht einmal erfasst: Das Pentagon folterte eben auch, etwa in Abu Ghraib oder Guantánamo.

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(Nach dem Ringen um die Veröffentlichung wurden zahlreiche Stellen eingeschwärzt: Eine Seite des Berichts des Geheimdienstausschusses des US-Senats)

Outsourcing der Folter

Der Senatsausschuss zur Kontrolle der US-Geheimdienste konstatiert in seinem Report, dass die Verhörmethoden, die zwischen September 2001 und Januar 2009 angewandt wurden, nicht nur »brutal« waren, sondern auch »weit schlimmer«, als die CIA gegenüber der Regierung und den Politikern zugab. Auch die Bedingungen, unter denen die Häftlinge im geheimen Anlagen über die ganze Welt verteilt gefangengehalten wurden, seien »strenger« gewesen als die CIA es darstellte.

Abgesehen von den »verschärften Vernehmungen« waren die Häftlinge bei vollständiger Dunkelheit in Einzelzellen an die Wand gekettet, während sie ständig mit lauten Geräuschen oder Musik wach gehalten wurden. Das Fehlen von Heizungen führte zu Erkrankungen und in mindestens einem dokumentierten Fall zum Tod. Gefangene wurden zur Demütigung nackt herumgeführt oder mussten mit nach oben gefesselten Händen stundenlang stehen. Während der Folterverhöre wurden die Opfer bis zu 180 Stunden gewaltsam wach gehalten. In der Regel mussten sie dabei unerträgliche Stellungen einnehmen, teilweise mit über dem Kopf an die Wand geketteten Händen.

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Die CIA setzte für die Planung, Steuerung und Beaufsichtigung der Folter freiberufliche Ärzte und Psychologen ein, die nicht zur Organisation gehörten und die riesige Honorare kassierten. Allein die beiden Psychologen, die das »Programm« entwarfen, weiterent-wickelten und dabei »eine zentrale Rolle spielten«, wurden für ihre maßgebliche Beteiligung an den Verbrechen mit mehr als 80 Millionen Dollar entlohnt.

Der Senatsbericht lässt keinen Zweifel, dass diese beiden Vertragspartner der CIA das gesamte »Programm« als ideales Feld für Menschenversuche zur Verbesserung der »Folterkunst« sahen. Auch Ärzte assistierten bei den Folterungen. Beispielsweise, indem sie Gefangene wieder »munter« machten, die aufgrund des tagelangen Schlafentzugs und des ständigen Stehens zusammenzubrechen drohten. Ab 2005 habe die CIA »buchstäblich alle Aspekte des Programms an fremde Kräfte vergeben«, heißt es im Senatsbericht.

Kein Wunder also, dass – ebenfalls dem Bericht zufolge – selbst die Spitze des Dienstes nicht über alles informiert war, was in den geheimen Folterknästen vor sich ging. Interne Kritik wurde systematisch unterdrückt, und die Kontrollabteilung der CIA, die solche Missbräuche verhindern sollte, wurde nur unzureichend informiert. Wahrscheinlich hat aber auch niemand gründlich und unerschütterlich nachgefragt und nachgeforscht. Mitarbeiter der Foltergefängnisse, die sich selbst nach den internen Regeln strafbar gemacht oder zumindest gegen ihre Dienstpflicht verstoßen hatten, wurden nur selten zur Rechenschaft gezogen.

Die »verschärften Verhörmethoden« seien darüber hinaus ineffektiv gewesen, wird im Senatsbericht bemängelt. Sie hätten im wesentlichen weder zur Verhinderung geplanter Anschläge noch zur Festnahme von mutmaßlichen Terroristen beigetragen. Viele Gefangene hätten unter der Folter falsche Angaben gemacht und dadurch beispielsweise unbegründete Alarmmeldungen ausgelöst. Die CIA habe die Effektivität dieser Methoden niemals wissenschaftlich untersucht. Interne »Einschätzungen« seien von denselben Leuten verfasst worden, die persönlich an den Folterungen beteiligt waren oder als freie Mitarbeiter riesige Summen damit verdienten.

Um in der Öffentlichkeit besser dazustehen, habe die CIA streng geheime Informationen an ausgewählte Journalisten weitergereicht. Meist handelte es sich dabei um Zusammen-stellungen aus Gefangenenaussagen, die unter Folter zustande gekommen waren. Das Ziel der CIA bei diesen inszenierten »Leaks« war, mit Hilfe der Medien den Eindruck zu erwecken, dass Folter gerechtfertigt sei, da sie zu hervorragenden Ermittlungsergebnissen führe. In der Ära von Präsident George W. Bush beteiligten sich auch deutsche Medien an solchen abstoßenden Geschäften mit der CIA.

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(Waterboarding)

Heuchelei

Zwei Jahre wurde der brisante Text von der Obama-Administration unter Verschluß gehalten. Bis zuletzt versuchte die US-Regierung, eine Veröffentlichung zu verhindern, um keine antiamerikanischen Proteste zu provozieren. Eine absurde Ausrede. Wenn die Amerikaner nicht als Folterstaat in einer Reihe mit China und Nordkorea stehen wollen, sollten sie einfach nicht foltern. So einfach ist das manchmal.

Es gibt keine auch nur im Ansatz haltbare Begründung für Folter. Egal, ob es um Islamisten geht oder Kindesentführer. Der Staat darf weder seine eigenen noch Bürger anderer Staaten quälen und mißhandeln. Jede Ausnahmeregel für Geheimdienste öffnet die Tür zur totalitären Willkür. Wer wird dann als nächstes mißhandelt? Mörder? Steuerhinterzieher? Mutmaßliche Rechtsextremisten?

Verschärfend kommt bei den Vereinigten Staaten hinzu, daß sich kein Land auf der Welt dermaßen penetrant als Verteidiger der Menschenrechte aufspielt. Mit derartigen Begründungen ließen US-Präsidenten, Republikaner und Demokraten zahlreiche Länder bombardieren. Unliebsame Diktaturen wurden ausgeschaltet.

Die nun erschienene Kurzfassung liest sich wie ein Bericht aus einem nordkoreanischen Arbeitslager.

Führt sich die Supermacht gegenüber China gerne als Moralapostel und Werteverfechter auf, zeigt der Folterbericht, wie wenig die USA selbst auf Menschenrechte Wert legen. Es kann nicht sein, dass Kriege unter dem vorgeschobenen Grund ausbrechen, dass die Bevölkerung befreit werden müsse, wenn die Folge Krieg, Hunger und Entmenschlichung der Zivilbevölkerung ist. Mit den Skandalen um Guantanamo Bay und das irakische Gefängnis Abu Ghraib haben die USA wie mit keiner anderen Aktion die arabische Welt gegen sich aufgebracht.

Die Vereinten Nationen sowie Amnesty International fordern nun von den Vereinigten Staaten, dass sie ihre Foltermethoden nicht nur öffentlich machen, sondern sich dafür auch vor einem Gericht verantworten müssen. Es könne nicht bei guten Worten, Versprechen und Berichten bleiben, so Amnesty. Die illegale Folter müsse rechtsstaatlich aufgearbeitet werden, ansonsten sei eine Wiederholung kaum auszuschließen. Bislang sitzt nur ein einziger (ehemaliger) Mitarbeiter der CIA im Zusammenhang mit dem Folter-Skandal im Gefängnis ein – allerdings nicht als Strafe für die unmenschlichen Verhörmethoden, wie ABC News berichtet. Vielmehr hatte er Journalisten Information zum Folterprogramm zugespielt und wurde anschließend als Geheimnisverräter eingeknastet.

Video: Kein Interesse an Aufklärung? – Die Rolle Europas bei der CIA-Folter.

21 Europäische Staaten sollen mit der CIA im Rahmen ihrer Folteraktivitäten kooperiert haben, 17 davon EU- oder baldige EU-Mitgliedsstaaten, inklusive die Bundesrepublik. Polen hat nach dem CIA-Bericht doch zugegeben ein CIA-Foltergefängnis unterhalten zu haben. Doch weder Deutschland noch die meisten anderen EU-Länder zeigen Interesse die Mitarbeit aufzuklären.

 

Quellen: PRAVDA TV/AFP/tt.bernerzeitung.ch/jungewelt.de/jungefreiheit.de/gulli.com vom 11.12.2014

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