Der CDU-Stadtverband Freiberg sorgte nach der Bundestagswahl mit einer Rücktrittsforderung an Kanzlerin Angela Merkel für Furore. Die sogenannten „Freiberger Thesen“ wurden nun noch verschärft.
Die sächsische CDU-Basis fordert einen Stopp der Migration, eine Mitgliederbefragung zur Regierungskoalition und ein Ende der Russland-Sanktionen.
Der Stadtverband der CDU im sächsischen Freiberg wollte unmittelbar nach der Bundestagswahl im September vergangenen Jahres eine Diskussion über politische Veränderungen anstoßen, „um die Einheit unseres Volkes wieder herzustellen“, wie es in den „Freiberger Thesen“ heißt.
Die Thesen thematisieren vor allem die Ursachen für das enttäuschende und schlechte Abschneiden der eigenen Partei. Die Freiberger CDUler kritisieren, dass sich die Bundespartei und vor allem die Parteivorsitzende Angela Merkel einer umfassenden Wahlanalyse und dem Austausch darüber mit der Basis verweigern.
„Eine Aufarbeitung der Ursachen für das Bundestagswahlergebnis aus dem September 2017 hat, zumindest was die Bundespartei anbetrifft, nicht ansatzweise stattgefunden. Dabei haben wir die Hauptverantwortlichkeit für das Wahlergebnis auf Bundesebene gesehen, insbesondere im Zusammenhang mit der verfehlten Asylpolitik der Kanzlerin“, meint Woidniok im Sputnik-Interview.
Merkel steht Regierungsbildung im Wege
Die Freiberger haben ihre Thesen nun noch einmal überarbeitet und sogar verschärft. Nach wie vor fordern sie den Rücktritt der Kanzlerin und des CDU-Generalsekretärs Peter Tauber. Außerdem sprechen sich die Lokalpolitiker für die Durchführung einer Mitgliederbefragung bei der CDU zu möglichen Koalitionsoptionen aus.
Woidniok sieht in der Kanzlerin das größte Hindernis für eine ordentliche Regierungsbildung:
„Vielleicht wäre es ein richtiger Schritt, die Kanzlerin würde zurücktreten, damit sich personell neue Spielräume eröffnen. Herr Lindner zum Beispiel hat gesagt, er wäre grundsätzlich bereit, erneut über Jamaika zu verhandeln, wenn denn Frau Merkel nicht wieder vorne dran steht.“
Abschiebung und Alterstests für kriminelle Flüchtlinge gefordert
Konsequent positioniert sich der Kreisverband zum Thema Flüchtlingskrise und fordert den sofortigen „Aufnahmestopp von Asylbewerbern, bis die derzeitigen Probleme gelöst sind (Ziel: gegebenenfalls Änderung des Grundgesetzes).“ Auch plädieren die Unterzeichner der Freiberger Thesen für eine medizinische Altersbestimmung unbegleiteter Minderjähriger Asylbewerber, für die „sofortige und umfängliche Abschiebung aller Ausreisepflichtigen sowie von kriminellen Asylbewerbern“ und gegen Familiennachzug.
Gefragt, was die sächsische CDU-Politik denn von der Bundespolitik unterscheiden sollte, führt Woidniok aus:
Während sich die Freiberger Thesen vor allem um Innenpolitik und die Probleme der eigenen Partei drehen, gibt es einen außenpolitischen Punkt, der ebenfalls der offiziellen Linie der CDU widerspricht:
„Die Spirale der Sanktionspolitik gegen Russland muss zeitnah beendet werden, der Dialog mit Russland muss besonders im Interesse der ostdeutschen Wirtschaft eröffnet werden.“
Woidniok ergänzt im Interview:
„Wir sehen hier in unserer Arbeit vor Ort, was der Russlandboykott teilweise für schwierige Auswirkungen auf die einheimische Wirtschaft hat. Und wir sind nach wie vor der Auffassung, dass die Probleme zwischen Russland und der Ukraine von den Ursachen her nicht nur der einen oder anderen Seite zuzuordnen sind. Wir sollten da eher an unsere eigenen deutschen Interessen denken. Und wir sehen darüber hinaus auch ein Problem, dass bei derartigen Sanktionen oftmals mit zweierlei Maß gemessen wird, insbesondere wenn man teilweise die amerikanische Politik der letzten Jahre und Jahrzehnte anschaut. Wir sollten aufpassen, dass wir Europäer nicht einen Keil zwischen uns und Russland treiben lassen, der so groß wird, dass man nicht mehr miteinander gemeinsam Politik machen und reden kann.“
Armin Siebert
Interview mit Jörg Woidniok (CDU)