Freitag, April 19, 2024
StartPolitikGauland-Bezwinger Patzelt (CDU): „Vorschläge der AfD nicht zukunftsträchtig“

Gauland-Bezwinger Patzelt (CDU): „Vorschläge der AfD nicht zukunftsträchtig“

Martin Patzelt (CDU) hat Alexander Gauland in Frankfurt (Oder) das Direktmandat abgeluchst. Der AfD-Politiker zieht als Top-Kandidat seiner Partei trotzdem in den Bundestag ein. Der CDU-Politiker will die AfD-Wähler zurückgewinnen – aber nicht um jeden Preis. Im Sputnik-Interview.

Herr Patzelt, Die AfD ist jetzt im Bundestag. Wie mit ihr umgehen?

Sie ist zwar jetzt eine Partei, die im Bundestag sitzt, aber noch lange keine Partei, die den etablierten Parteien entspricht. Das macht der Austritt von Frau Petry auch noch mal deutlich. Die AfD hat schon eine besondere Ausstrahlung, die für uns etablierte Parteien erst mal unannehmbar erscheint. Wir werden die AfD im Bundestag intensiv fordern, eigene Vorlagen und Alternativvorschläge einzubringen, wie es Aufgabe der Opposition sein soll. Dann werden wir die Positionen der AfD öffentlich diskutieren können. Und dann wird sich zeigen, ob die Partei wandlungsfähig ist oder nicht. Im Moment sind viele Positionen der AfD noch sehr vage und oft wird nicht gesagt, wie sie ihre Ziele erreichen wollen.

Die AfD wurde von den anderen Parteien und den Medien erst ignoriert und dann durchweg nur angegriffen und kritisiert. Geändert an ihrem Erfolg hat das nichts. Im Gegenteil. War das vielleicht die falsche Strategie?

Ich habe es von Anfang an für verkehrt gehalten, den Dialog zu verweigern und die AfD permanent in die Schmuddelecke zu rücken, anstatt sich mit ihren Positionen auseinanderzusetzen. Das habe ich schon bei der Pegida-Bewegung so empfunden. Natürlich, wenn jemand nur tobt und schreit, kann ich mit ihm keinen Dialog führen. Aber man darf auf Wutbürger auch nicht reagieren, indem man ihnen den Mund verbietet. Man muss jedoch schon deutlich machen, dass man extremistische Positionen nicht duldet. Ich werde mich aber trotzdem weiter um den Dialog bemühen.

Allein die CDU hat wohl eine Millionen Wähler an die AfD verloren. Wie kann man diese Menschen jetzt zur CDU zurückholen?

Die CDU wird deutlich machen müssen, dass sie sich um die Gründe für die Wut und Angst kümmert und dies auch in ihrem politischen Handeln berücksichtigen müssen. Aber Politik ist auch nicht „wünsch dir was“. Ich bin nicht bereit, das Grundgesetz zu ändern und die Asylklausel abzuschaffen, nur weil die Menschen sich deswegen bedrängt fühlen. Ich muss den Menschen aber erklären, warum wir die Flüchtlinge aufnehmen und dass ein bestimmtes politisches Handeln auch Geld kostet. Und dann scheiden sich die Geister. Dann müssen sie eben die anderen wählen. Sie werden nur merken, dass die Lösungsvorschläge der AfD nicht zukunftsträchtig sind. Wenn wir uns wieder nationalistisch einigeln, wird Deutschland impotent. Wir leben vom Export.

Sie werden jetzt vielleicht Ihren Wunschkandidaten in der Koalition bekommen – die Grünen. Wird es zu Jamaika kommen?

Davon bin ich überzeugt. Allerdings habe ich keinen Einblick in die Gespräche hinter den Kulissen. Ich finde, sowohl die Liberalen, als auch die Grünen haben in ihren Programmen wichtige, auch zukunftsträchtige Positionen. So kann jeder seine besondere Marke einbringen. Und Dinge, wo man sich nicht einig wird, kann man auch erst einmal liegen lassen, wenn sie nicht lebensgefährlich sind. Am Ende werden wir mit Kompromissen leben müssen.

Was sind die wichtigsten Probleme, die die neue Regierung in den nächsten vier Jahren angehen muss?

Ich denke, wir müssen die Emotionen der Menschen, die AfD gewählt haben — und das ist demokratiegefährdend — versuchen zu verstehen und in unseren Diskurs aufnehmen. Und wenn wir erkennen sollten, dass hinter der Wut tatsächlich Bedürfnisse von allgemeinem Interesse stecken, dann sollten wir uns politisch darum kümmern. Minimum sollte in jedem Fall erst einmal sein, dass jeder Mensch von seinem Einkommen oder seiner Rente leben kann. Da ist noch Gestaltungsbedarf für die Regierung.

Armin Siebert   Quelle!

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