Donnerstag, April 25, 2024
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Geht der Westen schleichend unter? – Politologe über aktuelle Trends

Die USA und die EU werden an Einfluss verlieren, bleiben global aber relevant. Das sagt der Politikwissenschaftler Reinhard Rode. Sein 2010 erschienenes Buch „Der schleichende Niedergang des Westens“ hat nichts an Aktualität verloren.

Der Westen breche „nicht über Nacht ein“, aber der Trend gehe dahin. Das sagte der Politikwissenschaftler Reinhard Rode im Interview. „Welthistorisch war es immer das Problem, zu gewährleisten, dass Herausforderer und Aufsteiger mitspielen und sich nicht um einen Platz an der Sonne streiten.“ Die Hauptthese seines 2010 im LIT-Verlag erschienenen Buches „Der schleichende Niedergang des Westens“ ist, dass trotz eines schrittweisen Niedergangs des Westens die Machtfülle von USA und EU weiterhin relativ stark vertreten bleibe.

„Die alte Methode, das abzufedern, war der Multilateralismus“, erläuterte der Politologe. Das würden die internationalen Institutionen gewährleisten, „verbunden mit einem Angebot an die aufstrebenden Schwellenländer wie China oder auch politisch bedeutende Spieler wie Russland. Sie einzuladen, dass sie mitspielen und sich nicht Aufstiegskämpfe wie in früheren Epochen leisten.“ Der Multilateralismus, also die internationale Zusammenarbeit sieht der Autor als Lösungsansatz zur Befriedung der Welt.

Rode gilt als ausgewiesener Experte auf dem Feld der internationalen Beziehungen. Er lehrte als Dozent an der Georgetown University in der US-Hauptstadt Washington, war in der „Hessischen Stiftung für Friedens- und Konfliktforschung“ (HSFK) in Frankfurt/Main geschäftsführendes Vorstandsmitglied und forschte in Südafrika. Zuletzt hatte der Politik-Professor den Lehrstuhl für „Internationale Beziehungen und Deutsche Außenpolitik“ an der Martin-Luther-Universität in Halle/Saale inne.

Westen kann angeblich nichts für globale Krisen
Für Rode ist klar, dass die aktuelle Machtposition des Westens – sprich: USA plus EU – mittelfristig im Spiel der Weltmächte erhalten bleiben werde. Langfristig werde sie aber schwinden. „Aktuell sieht es so aus, dass die Instabilitäten zunehmen“, erklärte er im Interview. „Das ist aber weniger die Schuld des Westens, als vielmehr den großen Krisen in verschiedenen Weltregionen geschuldet.“ Dafür könne der Westen „nicht wirklich etwas“, behauptete der Politologe entgegen aller bekannten Belege für die westliche Verantwortung.

Allerdings hätten die westlichen Staats- und Regierungschefs keine probaten Mittel und Lösungsvorschläge. „Denn militärisch ist das Problem nicht zu lösen. Man kann militärisch kurz- und mittelfristig einiges – so in Syrien geschehen – erreichen. Das war ganz klar ein Prestigegewinn für Putin.“

Kernprobleme für Amerikaner und Europäer
Die Kernprobleme für USA und EU sieht er in „schwindenden Ressourcen: Das ist nicht zu bestreiten. Wenn hegemoniale Staaten eine große Ressourcenmacht haben, dann wirkt das in der Regel auf die Aufmüpfigen so, dass sie es gar nicht wagen, herauszufordern.“ Die „Aufmüpfigen“ seien aufstrebende Staaten und damit Herausforderer für die dominanten Welt-Spieler. Heute seien das die Schwellenländer. Diese Konstellation habe natürlich stets ein stabilisierendes Element für das globale System gehabt.

„Wenn die Hegemonialmächte die Ressourcen einsetzen müssen und dann auch noch verschleißen – wie im Falle Afghanistans – dann nehmen die Instabilitäten zu und dann muss natürlich die westliche Seite immer genau überlegen: Interveniert sie oder interveniert sie nicht?“ Insbesondere die Invasion am Hindukusch ab 2001 sei für den Westen ein Fehler gewesen, „grade auch vor der Erfahrung des Einsatzes der Sowjetunion dort.“

Rode verwies auf eine innerwestliche Schwächung durch den Dissens zwischen Washington und den verbündeten EU-Ländern. „Berlin ist da nicht ganz unschuldig dran.“ Unterschiedliche Interessen und Strategien würden zähe Verhandlungen selbst unter Partnern nach sich ziehen und damit Stillstand befördern.

Interview mit Prof. Dr. Reinhard Rode

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