Mittwoch, März 27, 2024
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Generalbundesanwalt verschleppt Ermittlungen wegen NSA-Massenüberwachung

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Der Generalbundesanwalt hat sich nach langem Schweigen zur Strafanzeige mehrerer Bürgerrechtsorganisationen gegen die Bundesregierung wegen des massenhaften Ausspionierens der Bevölkerung durch Geheimdienste geäußert. Er zögert die Einleitung eines Ermittlungsverfahren aber weiter hinaus. Wir veröffentlichen das Schreiben. [0]

Auf erneuten Druck unserer Rechtsanwälte ist das Schreiben des Generalbundesanwalts (GBA) Harald Range die Antwort auf die Strafanzeige der Internationalen Liga für Menschenrechte (ILMR), des Chaos Computer Clubs (CCC), des Digitalcourage e. V. und vier Einzelpersonen vom 3. Februar 2014. Sie richtet sich gegen die Bundesregierung und beinhaltet die Vorwürfe

strafbarer geheimdienstlicher Agententätigkeiten sowie Beihilfe hierzu, Verletzungen des persönlichen Lebens- und Geheimbereichs und Strafvereitelung im Amt durch Duldung und Kooperation. [1]

Fast eineinhalb Jahre nach der Strafanzeige reagierte der Generalbundesanwalt nun erstmals inhaltlich und ausführlicher mit einem Schreiben, in dem er erläuterte, warum er derzeit kein offizielles Ermittlungsverfahren einleiten will, allerdings Hinweise weiter geprüft würden. Eine abschließende Entscheidung zur Einleitung eines Ermittlungsverfahrens sei

noch nicht ergangen.

Er begründete darin seine anhaltende Inaktivität mit dem „Fehlen an zureichenden und tatsächlichen Anhaltspunkten“ für Straftaten. Während der GBA lang und breit in Bezug auf das Ausspionieren von Merkels Mobiltelefon ausführte, dass er keinerlei Ansätze für Ermittlungen sah, veröffentlichte Wikileaks bereits weitere Beweise für das umfassende Ausspionieren durch die Geheimdienste. [2],[5] Range sah sich jedoch außer Stande, „Zugangsmöglichkeiten zu den von Edward Snowden an verschiedene Medien übergebenen ‚Original‘-Dokumenten“ zu erlangen. Die in der Strafanzeige und weiteren Schriftsätzen von uns ausführlich dokumentierten Belege für die Totalüberwachung der Bevölkerung waren ihm nur zwei dürftige Absätze


wert.

CCC-Sprecher Falk Garbsch erklärt dazu: „Jeder Zeitungsleser weiß offenbar mehr über die Spionage gegen Bevölkerung und Regierung als der Generalbundesanwalt. Seine Arbeitsverweigerung ist ein rein politisches Versagen. Offensichtliche Fakten und Belege werden ignoriert.“

Range sah in den zahlreichen journalistischen Berichten und veröffentlichten Snowden-Papieren „keine Grundlage für eine gerichtsfeste Beweisführung“. Dabei verhindert er doch gerade durch die Nicht-Einleitung des Ermittlungsverfahrens, dass seine Behörde vorhandene Informationen auswertet, aufarbeitet und die erforderlichen Beweismittel beschafft.

Die Bürgerrechtsorganisationen fordern daher nochmals nachdrücklich, dass der Generalbundesanwalt seinen Pflichten als oberster Ankläger endlich nachkommt und unverzüglich Strafermittlungen einleitet, die gebotenen Beweise erhebt und insbesondere Edward Snowden als sachverständigen Zeugen vernimmt.

Die Präsidentin der ILMR, Fanny-Michaela Reisin, kommentiert die Verschleppung der Ermittlungen durch den GBA: „Die Liga kritisiert seit Jahren die Unverträglichkeit von Geheimdiensten mit Rechtsstaatlichkeit und Demokratie. Dass die Bundeskanzlerin und ihre Regierung mit Bezug auf Geheimverträge unverhohlen vor unser aller Augen geltendes Verfassungsrecht bricht und auch noch die Gewaltenteilung aussetzt, ist genauso unerträglich wie die Blockade der nach den Snowden-Enthüllungen zwingend erforderlichen Ermittlungen der Generalbundesanwaltschaft. Das erinnert an Regierungshandeln der Weimarer Republik, das totalitären Verhältnissen den Weg bereitete.“

Literatur:

Der NSA-Komplex: Edward Snowden und der Weg in die totale Überwachung von Marcel Rosenbach

Überwachtes Deutschland: Post- und Telefonüberwachung in der alten Bundesrepublik von Josef Foschepoth

Geheimsache NSU: Zehn Morde, von Aufklärung keine Spur von Frank Brunner

Die globale Überwachung: Der Fall Snowden, die amerikanischen Geheimdienste und die Folgen von Glenn Greenwald

Verweise:

[0] Antwort des Generalbundesanwalts auf die Strafanzeige vom 3. Februar 2014:https://ccc.de/system/uploads/190/original/GBA-redacted.pdf

[1] Chaos Computer Club erstattet Strafanzeige gegen die Bundesregierung:https://ccc.de/de/updates/2014/complaint

[2] All The Chancellor’s Men: https://www.wikileaks.org/nsa-germany/selectors.html

[3] Strafanzeige gegen Massenüberwachung der Geheimdienste: Wir lassen nicht locker:https://ccc.de/de/updates/2015/gba3

[4] Neue Dokumente belegen Überwachung: CCC erweitert Strafanzeige gegen Geheimdienste und Bundesregierung: https://ccc.de/de/updates/2014/tor-gba

[5] German prosecutors launch investigation of spying charges, Mai 2015

Quelle: radio-utopie.de vom 14.07.2015

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