Donnerstag, März 28, 2024
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Glaubwürdigkeitstipps für Journalisten


Die Journalisten Amerikas haben sich mit ihrer diesjährigen Berichterstattung über die Wahl ein ordentliches Ei ins Nest gelegt.

Zum größten Teil haben die Medien in ihrer Gesamtheit die Clinton-Kandidatur fetischisiert (Die erste Frau überhaupt! Die erfahrenste Kandidatin überhaupt! Die Dynastie!) und Trump wie einen Dummkopf behandelt, sofern sie ihn nicht Hitler genannt haben, und sie haben jeden, der ihn wegen irgendetwas bezichtigen wollte, vor den Kameras zur Schau gestellt. Dieses Muster geht nun weiter, obwohl die Anschuldigungen sich von sexueller Belästigung auf beinahe-Verrat im Auftrag Putins verlagert haben.

Einhergehend mit diesem Zirkus gab es Schmierengeschichten hinsichtlich allerlei Facetten seines Wahlkampfes, zurückzuführen auf… niemanden. “Quellen aus dem Wahlkampfteam sagten“ oder “Offizielle, welche nicht identifiziert werden konnten“ und so weiter.

Es machte fast den Eindruck, dass die Reporter sich einfach Dinge ausdachten. Dazu kam, dass viele Pressekanäle einfach die Geschichten anderer wiedergaben, so dass ein Stück journalistischer Abfall durchs Internet flog, ohne dass irgendjemand irgendwelche Fragen stellte oder den Inhalt verifizierte.

Es war erbärmlich. Das Ergebnis ist, dass die Medien in der Öffentlichkeit nun kaum noch ein Stück Glaubwürdigkeit besitzen. Wenn die Leute Schwierigkeiten haben herauszufinden, ob man nun Fake-News berichtet oder nicht, dann hat man ein Problem.

Als Dienst an der Öffentlichkeit hier also ein paar Glaubwürdigkeitstipps für Journalisten:

– Schreiben Sie nicht einfach irgendwelche apokalyptischen Geschichten mit Warnungen darüber, was Trump womöglich tun könnte (Verhängung von Zöllen, Abtreibungsverbot), ohne uns auch zu sagen, was für diese Art der Veränderung tatsächlich notwendig wäre. Er braucht nur eine Exekutiv-Order unterschreiben? Den Kongress dazu bringen ein Gesetz zu verabschieden? Einen Fall vor das Oberste Gericht bringen? Denn irgendetwas herauszukrächzen das womöglich passieren könnte, ohne uns mitzuteilen wie realistisch es ist, ist erbärmliche Arbeit.

– Weiter zu dem Obigen: Seien Sie vorsichtig mit dem Hätte-Wäre-Wenn. Erzählen Sie Ihren Lesern nicht, dass ein Telefongespräch mit Taiwans Präsident bereits kommendes Wochenende zum Krieg gegen China führen wird. Denken Sie nochmal nach, bevor Sie eine Schlagzeile veröffentlichen, die da lautet: “Trump könnte…“

– Versuchen Sie die folgenden Dinge in Ihre Artikel einzuarbeiten: Zusammenhang, namentlich genannte Quellen, Aussichten, Erklärung, weniger schlichte Mutmaßungen. Wenn Sie also zum Beispiel eine Geschichte über den Million Woman March und die Ablehnung einer Genehmigung für Proteste vor dem Lincoln Memorial berichten, dann erwähnen Sie bitte auch, dass bisher niemand eine Genehmigung dafür gegeben hat, weil es noch zu früh dafür ist. Erwähnen Sie, dass es mindestens seit den 1980er Jahren keine Genehmigung mehr für groß angelegten Proteste beim Memorial gegeben hat. Erklären Sie, dass die Entscheidung über Genehmigung oder Ablehnung vom National Park Service gefällt wird, welche unter Obamas Kontrolle steht, nicht unter der von Trump. Merken Sie an, dass der Bereich in dem protestiert werden darf seit den Protesten gegen die Amtseinführung Reagans 1980 stetig verkleinert wurde. So wird ein erheblich besserer Artikel daraus, statt eine kreischende Schlagzeile zu bringen wie: “Trump verweigert Frauenrechtlerinnen Protest“.

– Tatsächlich sind mehr Fakten und weniger Wortschwall generell eine gute Sache. Trennen Sie Fakten von Mutmaßungen und Meinungen, gemäß alter journalistischer Schule.

– Erinnern Sie sich an die Worte “mutmaßlich“ und “beschuldigt“. Benutzen Sie diese nicht nur für Kriminelle, sondern auch wenn ein (mutmaßliches) Opfer behauptet, dass sie von einem Politiker oder Prominenten angegangen worden sei.

– “mutmaßlich“ und “beschuldigt“ sind besonders wichtige Worte, wenn über Hassverbrechen berichtet wird. Berichte über Hassverbrechen schüren eine Menge explosiver Bewegungen. Berichten Sie mit Verantwortung. Das Opfer zum Täter zu machen ist schlecht. Gesunde journalistische Recherche ist unentbehrlich. Das ist Ihr Job!

– Und zu diesen anonymen Quellen: Anonyme Quellen spielen eine wichtige Rolle, aber nicht für Schmierentheater, Tratsch, versteckte Anspielungen, politische Spekulationen oder bei der Beteiligung an politischen Manipulationen. Falls Sie keine bestätigten Quellen haben und nicht über den nächsten Edward Snowden berichten, dann überlegen Sie, ob Sie etwas haben, über das Sie mit Verantwortung berichten können.

– Hinterfragen Sie die Information, weniger die Quelle, aber seien Sie sich stets darüber im Klaren, dass alle Quellen eine Agenda verfolgen. Wenn Ihnen diese und Ihre Rolle darin unbekannt ist, dann halten Sie inne und finden Sie es heraus, bevor Sie damit in Druck gehen.

– Denken Sie darüber nach, wo Sie hingehören. Journalisten, erinnern Sie sich daran, wie Fox vor ein paar Jahren derart offen einseitig wurde und wie wenig Sie davon gehalten haben? Genau so denken viele Menschen heute von Ihnen.

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