Donnerstag, März 28, 2024
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Ideologische Mobilmachung: Der „Tag der Bundeswehr“

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Die politische Klasse zelebriert dieses Jahr in elender Selbstgefälligkeit ihr vor sechzig Jahren geschaffenes Militär, das für die Durchsetzung neoliberaler Globalisierung mit militärischen Gewaltmitteln sorgt.

Am vergangenen Samstag hat das Bundesverteidigungsministerium „anlässlich des 60-jährigen Bestehens“ und des 25-jährigen Jubiläums der sogenannten „Armee der Einheit“ erstmalig in der Geschichte des deutschen Militärs einen „Tag der Bundeswehr“ gefeiert. Im gesamten Bundesgebiet beteiligten sich Standorte der Bundeswehr und sorgten für die beunruhigenden Bilder, die alsbald in den Medien zu sehen waren: Kinder die auf Fehler, Gruppe existiert nicht! Überprüfen Sie Ihre Syntax! (ID: 2)Panzerhaubitzen herum klettern, freudig ein G36 in Händen halten und deren Eltern, die ein entspanntes Gespräch mit den Soldaten führen.

Gerade einmal zehn Jahre waren vergangen, seitdem die Angloamerikaner im Westen im Bunde mit der Roten Armee im Osten den Deutschen ihren größenwahnsinnigen

Militarismus gründlich ausgebombt hatten. Da traten im November 1955 in der Bonner Ermekeil-Kaserne die ersten 101 Freiwilligen der »neuen Wehrmacht«, die erst nachträglich mit dem Etikett »Bundeswehr« versehen worden war, an, um aus der Hand von Theodor Blank (CDU), dem ersten Verteidigungsminister der jungen Bundesrepublik, ihre Ernennungsurkunden zum amtlich bestellten Vaterlandsverteidiger zu empfangen.

Bereits im Vorfeld wurde das Spektakel scharf kritisiert. Christian Stache von der Informationsstelle für Militarisierung warnte etwa davor, das „kostspielige Agit-Prop-Happening“ diene „vor allem der Rekrutierung und Propaganda, der Verankerung der Bundeswehr in der Gesellschaft und der Konsolidierung der zivilmilitärischen Zusammenarbeit“.

Am Samstag kam es dann auch zu vielfältigen Aktionen, die den reibungslosen Ablauf des Events störten und auf den verschleiernden Charakter der Werbeoffensive der Bundeswehr aufmerksam machten. So konnten 4 Aktivisten die Takelage des Ausbildungsschiffes Gorch Fock erklettern und ein Transparent mit der Aufschrift „War starts here“ entfalten. Eine der Kletteraktivisten erklärte: „Die Bundeswehr präsentiert sich hier als moderater Arbeitgeber. Dabei wird vollkommen verschwiegen, dass die Soldaten eigentlich zum Töten ausgebildet und eingesetzt werden. Mit immer mehr Feierlichkeiten und Veranstaltungen dringt die Bundeswehr dreist in den öffentlichen Raum um Menschen zum Dienst an der Waffe zu rekrutieren und somit das Aussetzen der Wehrpflicht zu kompensieren.“

Auch an anderen Orten protestierten zahlreiche Aktivisten. In Bonn verteilten zum Beispiel verkleidete „Soldaten“ antimilitaristische Flyer.

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Kein Grund zur Glorifizierung

Jeder Glorifizierung schimmernder Wehren vergangener Zeiten abgeneigt, hatte der General, Friedensforscher und Militärphilosoph Wolf Graf von Baudissin nämlich gefolgert: »So werden die Streitkräfte zum ›notwendigen Übel‹ einer freiheitlichen Lebensordnung; denn sie müssen im Interesse ihrer Wirksamkeit vom einzelnen Staatsbürger Opfer und Gefährdung seiner Freiheit, des rechtsstaatlichen Schutzes und seiner Würde verlangen.« Analog hatte das zuvor schon Kurt Tucholsky nach der Katastrophe des Ersten Weltkrieges gesehen, als er befand: »Eine Armee … ist – im besten Fall – ein notwendiges Übel und eine üble Notwendigkeit.«

Doch auch über jenen scharfzüngigen Militärkritiker und Pazifisten wird die Ministerin schweigen – ebenso wie über den ehemaligen Bundespräsidenten Gustav Heinemann, einen entschiedenen Gegner der sogenannten Wiederbewaffnung, und dessen berühmtes Diktum, wonach »jede Bundeswehr grundsätzlich bereit sein müsse, sich um einer besseren politischen Lösung willen in Frage stellen zu lassen.« Völlig vergessen scheint mittlerweile, was er der Bundeswehr – und jenen, die über ihren Einsatz zu entscheiden haben! – dereinst ins Stammbuch geschrieben hatte: »Ich sehe als erstes die Verpflichtung, dem Frieden zu dienen. Nicht der Krieg ist der Ernstfall, sondern heute ist der Frieden der Ernstfall, in dem wir alle uns zu bewähren haben. Hinter dem Frieden gibt es keine Existenz mehr.«

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Kongenial hierzu hatte Generalleutnant Baudissin die prinzipielle Existenzberechtigung von Militär kategorisch mit dessen strikt defensiver Ausrichtung im Rahmen seines Friedensauftrages begründet und dabei unmissverständlich klargestellt, dass ausschließlich die »Verteidigung gegen einen das Leben und die Freiheit zerstörenden Angriff« gerechtfertigt wäre. Stattdessen wurde und wird die Bundeswehr auch weiterhin entsprechend den Vorgaben der NATO – präziser: auf Kommando der US-amerikanischen Imperialmacht – einem sogenannten Transformationsprozess unterzogen und umgebaut zur »Einsatzarmee«, wie der Orwellsche Neusprech der militärischen Nomenklatura euphemistisch lautet. Im Klartext heißt das, Deutschland hat sich Interventionsstreitkräfte zugelegt, die direkt (Kosovo 1999, Afghanistan 2001) oder indirekt (Irak 2003) auch für völkerrechtswidrige Angriffskriege Gewehr bei Fuß stehen und für die Durchsetzung neoliberaler Globalisierung mit militärischen Gewaltmitteln sorgen.

Anachronistisch erscheint heutzutage offenbar die Vorstellung von Abschreckung und Verteidigung als allein legitimem Daseinszweck von Streitkräften. Intellektuell meilenweit entfernt hiervon zelebriert im laufenden Jahr die »Classe politique« dieser Republik lieber in elender Selbstgefälligkeit ihr vor sechzig Jahren neu geschaffenes Militär.

Literatur:

Nato-Geheimarmeen in Europa: Inszenierter Terror und verdeckte Kriegsführung vonDaniele Ganser

Amerikas Kriege[r] von Paul Craig Roberts (USA)

Die Eroberung Europas durch die USA von Wolfgang Bittner

Quellen: PRAVDA TV/rdl.de/neues-deutschland.de vom 15.06.2015

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