Donnerstag, März 28, 2024
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Immer öfter Überdiagnosen bei ADHS

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Bei ADHS scheint es immer mehr Überdiagnosen zu geben, dabei seien viele Kinder einfach nur – wer hätte es gedacht – sehr unreif und kindlich, so

Wissenschaftler.

 

Viele Kinder erhalten die Diagnose ADHS (Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom) und bekommen Arzneimittel dagegen verschrieben. In Wirklichkeit sind sie manchmal nur etwas

unreif, lässt eine Studie vermuten. Diese typischen Fälle von Überdiagnosen treffen häufig die Jüngsten einer Klasse, also Kinder, die im Vergleich zu ihren Mitschülern noch gar nicht so weit entwickelt sind und sich entsprechend kindlicher verhalten. Still sitzen zu bleiben und sich zu konzentrieren fällt ihnen schwerer als den Älteren – und im Nu erhalten Sie den Stempel ADHS.

ADHS-Diagnose: Meist im Grundschulalter

ADHS – das Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom – steht für verschiedene Symptome, die gleichzeitig auftreten. Dazu gehören Konzentrationsprobleme, Impulsivität, Ruhelosigkeit und Aufmerksamkeitsdefizite.

Etwa 5 bis 15 Prozent aller Kinder in den westlichen Nationen sollen betroffen sein. Die Diagnose wird meist im Alter zwischen drei und sieben gestellt und viele der Kinder erhalten verschreibungspflichtige Medikamente wie z. B. Methylphenidat (Ritalin), die ihre Konzentrationsfähigkeit in der Schule verbessern sollen.

Nach wie vor steigt die Zahl der ADHS-Diagnosen

Die Verschreibungen für Medikamente wie Ritalin verdoppelten sich in den letzten 10 Jahren auf mittlerweile 922.000 pro Jahr. Natürlich weiss man, dass Arzneimittel dieser Art Nebenwirkungen verursachen können, wie z. B. Gewichtsverlust und Leberschäden.

Sie können auch dazu führen, dass Kinder und Jugendliche plötzlich Selbstmordgedankenhegen. Zwar reduziert das ganz augenscheinlich nicht die Zahl der Diagnosen und Verschreibungen, doch führt es wenigstens immer wieder dazu, dass Forscher nach möglichen Gründen für die steigende Zahl der ADHS-Betroffenen Ausschau halten.

Überdiagnosen bei ADHS

Immer wieder zeigt sich dabei, dass es nicht unbedingt die Kinder sind, die plötzlich eines nach dem anderen ADHS haben, sondern die Ärzte, die gerne eine ADHS-Diagnose stellen, obwohl das Kind vielleicht aus ganz anderen Gründen nervös, unkonzentriert oder abwesend ist. In diesen Fällen handelt es sich um sog.

Überdiagnosen, also um Diagnosen, die häufiger sind als die tatsächliche Krankheit. Zu Überdiagnosen bei ADHS haben wir und andere schon häufig berichtet, z. B. hier:

ADHS-Patient oder Opfer der Werbung?

Jetzt wurde zum Thema „Überdiagnosen bei ADHS“ eine weitere Studie veröffentlicht (Journal of Pediatrics, März 2016), in der sich die Wissenschaftler besonders das Einschulungsalter der Kinder angesehen haben: „Unsere Ergebnisse zeigen, wie wichtig es ist, bei der Diagnose und Arzneimittelverordnung auch das Alter eines Kindes im Vergleich zum Alter der anderen Kindern seiner Klasse zu berücksichtigen.“ (Beichte auf dem Sterbebett: ADHS gibt es gar nicht!)

Je jünger bei der Einschulung, umso wahrscheinlicher ADHS

Dr. Mu-Hong Chen und seine Kollegen aus Taipei und Taoyuan (Taiwan) untersuchten Daten (aus den Jahren 1997 bis 2011) von annähernd 380.000 Kinder zwischen 4 und 17 Jahren. Als Anhaltspunkt diente der 31. August, der Stichtag für die jährliche Einschulung in Taiwan. Das heisst, dass alle Kinder, die vor dem 31. August 6 Jahre alt werden, noch im laufenden Jahr eingeschult werden. Alle die erst am 1. September oder später 6 Jahre alt werden, kommen erst im nächsten Jahr in die erste Klasse.

Es zeigte sich nun, dass die Wahrscheinlichkeit für eine ADHS-Diagnose umso höher war, je jünger die Kinder eingeschult worden waren. Kinder also, die im August geboren wurden (und somit sehr früh eingeschult wurden), bekamen viel häufiger eine ADHS-Diagnose und entsprechende Medikamente als Kinder, die im September Geburtstag haben und daher ein Jahr später eingeschult wurden.

Von den Septembergeborenen bekamen nur 2,8 Prozent eine ADHS-Diagnose, während die Zahl der ADHS-Diagnosen bei den Augustgeborenen auf 4,5 Prozent stieg. Ja, es war sogar eine kontinuierlich steigende Kurve vom Beginn des Jahres bis zum August feststellbar (Gesellschaft: Narzissmus ist Erziehungssache).

Besser ein Jahr später einschulen?

Die Studienautoren vermuten, dass viele Lehrer das Verhalten der reiferen Kinder mit den jüngeren vergleichen, die ja manchmal in ein und derselbe Klasse um bis zu ein Jahr auseinander sind. Ein Jahr aber kann in dieser Altersstufe enorme Unterschiede in der individuellen Entwicklung bedeuten, weshalb jedes Kind für sich betrachtet werden sollte.

Vergleiche mit den Mitschülern sind hingegen nicht ratsam. Und wenn ein Kind nach der Einschulung (oder schon vorher?) ADHS-ähnliche Symptome zeigt, wäre vielleicht eine Einschulung erst im nächsten Jahr eine Option (So produziert das Schulsystem Lemminge, die massenweise in ein erfolgloses Leben abstürzen)?

Naturphilosoph fordert: Kinder in die Natur lassen

„Kinder sind heute im Gegensatz zur letzten Kindergeneration fast gar nicht mehr draußen“, kritisiert der Berliner Naturphilosoph und Biologe Andreas Weber.

Was früher weithin selbstverständlich war, treibt heute vielen Eltern den Angstschweiß auf die Stirn. Was, wenn dem Kind draußen etwas passiert? In den Städten kommt der Mangel an Spiel-Räumen dazu. Spielplätze sind häufig wenig attraktiv. Altersgemischte Kindergruppen, die sich spontan draußen treffen, gibt es kaum. Eltern verabreden für ihre Kinder inzwischen sogar Termine fürs gemeinsame Spielen. Und das findet – wie der überwiegende Teil der Kindheit – inzwischen „Indoor“ statt.

In seinen Büchern erzählt Weber von seinen Ängsten als Vater, wenn er seine Kinder in der Natur ziehen lässt. Und er berichtet von dem Glück, wenn sie mit einem sterbenden Käfer in der Hand und verdreckt wieder nach Hause kommen. Studien belegen: Bindungsfähigkeit, Einfühlungsvermögen und Mitgefühl, Lebensfreude, Körpergefühl und Kreativität entwickeln sich im Kontakt mit lebendigen Wesen, im Umgang mit Pflanzen, Tieren und der freien Natur. Kinder und Erwachsenen, die kaum Kontakt zur Natur haben, fehlt zudem die spirituelle Erfahrung von Stille, Staunen und Trost, die dem Naturerleben eigen ist.

„Grundschulkinder erzählen exotische Szenen aus Tiersendungen, besuchen Museen und tolle Aquarien“, so der Erziehungswissenschaftler und Umweltpädagoge Helmut Schreier . „Aber wer macht sich die Mühe, eine Erdkröte zu finden, eine Blindschleiche am Sonnenhang aufzustöbern und draußen selbst die Augen offen zu halten und authentische Erfahrungen zu machen?“

Medien und Bewegungsmangel haben Folgen

Stattdessen hocken immer mehr Kinder immer länger vor Bildschirmen und Spielekonsolen, und der Anteil von nicht medial vermittelten Begegnungen und Erfahrungen an der Lebenszeit geht immer weiter zurück. Stundenlanger Medienkonsum und Bewegungsmangel bleiben nicht ohne Folgen: Die Zahl der übergewichtigen Kinder in Deutschland steigt. Die Zahl der Kinder, die mit der Diagnose Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung (ADHS) ärztlich behandelt werden, ebenfalls. Sie fallen durch Zappeligkeit, Sprunghaftigkeit und mangelnde Ausdauer auf. Sie sind unfähig, Eindrücke nach ihrer Bedeutung zu sichten und bringen Lehrer und Eltern oft zur Verzweiflung.

Helmut Schreier zeigt den Zusammenhang zwischen Übergewicht, Fernseh- und Computerzeit und dem Umsichgreifen von ADHS auf. Aus seiner Sicht geht die wachsende Zahl von ADHS-kranken Kindern Hand in Hand mit dem Verschwinden der Naturerfahrung. „Naturdefizitsyndrom und Aufmerksamkeitsdefizit hängen zusammen“, lautet seine These, mit der er sich gegen eine Verlagerung eines gesellschaftlichen Problems auf die Medizin wehrt. Störungen des Unterrichts oder des Erziehungsgeschehens dürfen aus seiner Sicht nicht an die Ärzte überwiesen werden, sondern erfordern ein Umdenken in Richtung „Mehr Natur erleben“ (Ein schwedischer Pädagoge hat eine Botschaft an alle überfürsorglichen Eltern).

„Parkspaziergang statt Ritalin“ ist ein Patentrezept

Der Neurobiologe Gerald Hüther verordnete zwölf Jungen statt Ritalin einen achtwöchigen Aufenthalt auf einer Alm, bei dem die Jungen sich selbst und eine Kuh versorgen mussten – fernab aller Medien. Sehr schnell kamen die Jungen ohne die Ruhigstellung durch Psychopharmaka zurecht („Helikopter-Eltern“ – Kindheit zwischen Förderwahn und Verwöhnung!).

Gerald Hüther fordert deshalb, dass Eltern und Erzieher neben dem Kontakt zur Natur auch auf Ziele und Inhalte des Zusammenlebens achten sollten. „Es wird zu wenig unternommen und gemeinsam erlebt“, sagt Gerald Hüther. Aber was könnten Eltern und Kinder denn gemeinsam erleben? Wie Kontakt mit der Natur aufnehmen, der ja auch viele Erwachsenen entfremdet sind? Zeit haben, aufmerksam wahrnehmen, mit offenen Augen und allen Sinnen wahrnehmen, was uns umgibt, ist ein erster Schritt.

Literatur:

Tödliche Psychopharmaka und organisiertes Leugnen: Wie Ärzte und Pharmaindustrie die Gesundheit der Patienten vorsätzlich aufs Spiel setzen von Peter C. Gøtzsche

Die weiße Mafia: Wie Ärzte und die Pharmaindustrie unsere Gesundheit aufs Spiel setzen vonFrank Wittig

Tödliche Medizin und organisierte Kriminalität: Wie die Pharmaindustrie unser Gesundheitswesen korrumpiert von Peter C. Gøtzsche

Verweise:

Quellen: PublicDomain/zentrum-der-gesundheit.de/3sat am 14.03.2016

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