Freitag, April 19, 2024
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Neue Arzneimittel-Zulassung gefährdet immaterielles Kulturerbe

UNESCO-Konvention schützt volksheilkundliches Wissen. Wien – Aufgrund einer EU-Gesetzesnovelle sollen traditionelle pflanzliche Heilmittel – darunter verschiedene Teemischungen, Salben, Öle – den Status “Arzneimittel” verlieren. Das bedeutet, dass das volksheilkundlich gesammelte Wissen über pflanzliche Wirkstoffe Gefahr läuft, aus den Apotheken verdrängt zu werden und ohne kontrollierte Qualitätskontrollen in die Grauzone zwischen Kosmetika, Nahrungsergänzungsmittel und Lebensmittel abzurutschen. Die Nationalagentur für Immaterielles Kulturerbe http://www.kulturleben.at/ike befasst sich im Rahmen der UNESCO-Konvention zum Schutz des Immateriellen Kulturerbes seit nunmehr einem Jahr mit den Themen der traditionellen Heilmethoden und Heilmittel in Österreich und hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Status des tradierten, vielfältigen Wissens über Heilmittelschätze in Österreich zu schützen.
“Herbert Pietschmann, Emeritus am Institut für Theoretische Physik an der Universität Wien und Mitglied des wissenschaftlichen Beirates Forschende Komplementärmedizin hat etwas Wesentliches gesagt: Fortschritte in der Naturwissenschaft bedeuten einen Rückschritt bei altem Wissen”, so Helmut Olesko von der Akademie für Traditionelle Europäische Medizin http://www.tem-akademie.at und Experte für traditionelle pflanzliche Heilmittel gegenüber pressetext. Die Analytik sei darüber hinaus sehr teuer. “Allein die Gebühren bei der Anmeldung haben sich in den vergangenen Jahren verzwanzigfacht”, so Olesko. Bei Pflanzen, die seit Jahrhunderten in der Volksmedizin verwendet werden, sei dies nicht einzusehen, alle drei Jahre neue Standardisierungen durchführen zu müssen, argumentiert der Fachmann und betont, dass hinsichtlich der Toxikologie Klarheit herrschen müsse. “Diese Frage muss eindeutig geklärt sein”, meint Olesko.

Bisher gab es die Möglichkeit der vereinfachten Zulassung von bewährten, oftmals auch volksheilkundlich genutzten pflanzlichen, aber auch anderen Arzneimitteln in Österreich. Mit Inkrafttreten der EU-Richtlinie 2001/83/EG zur Schaffung eines europaweiten Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel musste die österreichische Gesetzgebung 2006 die Gültigkeit der vereinfachten Zulassung mit 1. April 2011 ersatzlos und einseitig streichen. Eine 2004 erlassene Richtlinie der EU ermöglicht zwar eine Registrierung von pflanzlichen Arzneimitteln, die nachweislich seit mindestens 30 Jahren in Verwendung als Arzneimittel stehen, aber die Hürden zur Registrierung vor allem im Bereich des Herstellungsverfahrens, der Standardisierung und der Anforderungen an den Nachweis der Haltbarkeit sind so hoch, dass sie für viele volksheilkundlich genutzte Arznei- und Heilmittel nicht zu erbringen sein werden.

“Betroffen sind vor allem kleinere Unternehmen, die volksheilkundliche Präparate wie etwa Teemischungen oder Salben herstellen”, erklärt Olesko. Für die Zulassung, Überwachung und Kontrolle von Arzneimitteln ist seit 2006 das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen verantwortlich, das sich zu diesem Zweck der AGES PharmMed http://www.ages.at bedient. “Der Weg, ein Produkt als traditionell pflanzliches Arzneimittel registrieren zu lassen, soll so attraktiv sein, dass möglichst wenige Produkte in den Bereich der Nahrungsergänzungsmittel abwandern. Dokumentationen zur Volksmedizin in Österreich belegen, dass zahlreiche traditionelle Zubereitungen eine Bereicherung des Arzneimittelschatzes wären”, so Reinhard Länger von der AGES PharmMed, Abteilung Pflanzliche Arzneimittel und Homöopathika. “Kooperationen zwischen Universitäten und der AGES PharmMed sollen die dafür notwendige wissenschaftliche und formale Basis schaffen”, erklärt Länger.

“Auf Initiative der Nationalagentur für Immaterielles Kulturerbe wurde eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die vorgeschlagen hat, volksheilkundlich bzw. traditionell genutzte Heilmittel, die durch die gesetzlichen Regelungen Gefahr laufen, den Status als Arzneimittel nicht zu erhalten, zu identifizieren und im österreichischen Arzneibuch zu dokumentieren”, erklärt Oleski. Für all jene Arzneimittel, die im österreichischen Arzneibuch aufscheinen, ist eine erleichterte Zulassung mit geringeren Anforderungen trotz EU-Richtlinie möglich. Dadurch könnten viele Arzneipflanzen und andere Heilmittel dem traditionellen Arzneimittelschatz Österreichs erhalten und für Konsumenten weiterhin unter Qualitätskontrollen in Apotheken erhältlich bleiben. “Erstellt werden neue Monographien – also wissenschaftliche Beschreibungen der einzelnen Pflanzen – von einem Diplomanden-Kolleg”, erklärt Olesko abschließend gegenüber pressetext.

Die Nationalagentur für Immaterielles Kulturerbe befasst sich seit einem Jahr zentral mit den Themen der traditionellen Heilmethoden und Heilmittel in Österreich und hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Status des tradierten, vielfältigen Heilwissens in Österreich zu erheben und zu erhalten. Redakteur: Wolfgang Weitlaner

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