Freitag, März 29, 2024
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„Inside Islam“: Was in deutschen Moscheen gepredigt wird

Millionen Muslime leben unter uns, doch wir wissen fast nichts über sie. Wie viele Muslime gibt es eigentlich in Deutschland und wie und wo gehen sie ihrem Glauben nach?

Wo gibt es überall Moscheen und was predigen Imame beim Freitagsgebet? Wie wird über Deutschland gesprochen, wenn keine Kamera dabei ist und man sich unbeobachtet fühlt?

In Deutschland leben über vier Millionen Muslime. Der wöchentliche Besuch in der Moschee ist für viele von ihnen selbstverständlich, jeden Freitag predigen tausende Imame in vollen Gotteshäusern. Dabei wissen wir nicht einmal genau, wie viele Gebetsstätten es hierzulande gibt. Schon sie zu finden, ist oft eine Herausforderung.

Für die Mehrheit der Menschen in Deutschland sind die Moscheen eine fremde Welt. Die dort gesprochenen Sprachen verstehen sie nicht, die geltenden Glaubensvorstellungen kennen sie nur vage. Umso brennender ist die Frage, was dort geschieht. Wer findet sich ein? Wer sind die Prediger? Und vor allem: Was sagen sie? Wie nutzen sie ihren Einfluss auf die Muslime?

Dieser Frage ging der Journalist und Tagesschau-Moderator Constantin Schreiber nach und veröffentlichte seine Rechercheergebnisse in seinem Buch „Inside Islam“.

Constantin Schreiber war viele Jahre in arabischen Ländern unterwegs und spricht fließend Arabisch. Er wollte wissen: Wie viele Moscheen sind Orte von Radikalisierung? Was genau predigen Imame beim Freitagsgebet? Wieviel Politik steckt in türkischen Predigten in Deutschland?

Dafür besuchte er 13 deutsche Moscheen und hörte bei den Predigten genau zu. Sein Buch gibt einen Einblick in eine Welt, die für die meisten verschlossen ist.

Er sei bewusst nicht in „Vorzeige-Moscheen“ oder in Salafismus-Moscheen gegangen, sagte Schreiber gegenüber der ARD. „Ich wollte den Durchschnitt haben.“

Zusammenfassend sagte der TV-Journalist: „Es gibt keinen anderen Ort in Deutschland, an dem sich Muslime so verschiedener Herkunft, ob jung oder alt, ob Flüchtling oder Geschäftsmann, so regelmäßig treffen und dem ausgesetzt sind, was dort als Weltbild gezeichnet wird.“ In einer der Moscheen habe er „demokratiefeindliche Broschüren“ gefunden.

Die Predigten seien manchmal theologisch, aber manchmal auch politisch gewesen. „Der rote Faden, der sich leider durch die Predigten, die ich besucht habe, gezogen hat, war die Warnung vor dem Leben draußen in Deutschland.“ Manches sei zudem „nicht akzeptabel“ gewesen, was er gehört habe, etwa: „Du kannst nicht Muslim und Demokrat zugleich sein!“

Und auf die Frage, welches Bild von Deutschland vermittelt wurde, sagt Schreiber:

„Es kam eben ganz häufig gar nicht vor, die Welt vor der Tür fand nicht statt. Und wenn, dann eher in einem negativen Zusammenhang, dann wurde gesagt, Deutschland will euch auslöschen, wie kann man da glaubensfest sein, ihr müsst eure Gottesfurcht bewahren und auch eure Kinder so erziehen.“

Keine einzige Predigt sei ein Brückenschlag zur freiheitlichen Gesellschaft gewesen. Stattdessen Warnungen davor, Freundschaften mit Nichtmuslimen einzugehen, ebenso Hetze gegen Juden, Armenier und Jesiden.

Grimme-Preisträger mit Kontakt in arabische Länder

CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn sprach sich im Rahmen der Veröffentlichung des Buches dafür aus, ein Register mit allen deutschen Moscheen einzurichten. Er finde es wichtig, „dass wir wissen, wo ist was“, sagte Spahn am Dienstag in Berlin. Problematisch findet er die Rolle der islamischen Verbände.

Der Zentralrat der Muslime in Deutschland etwa vertrete trotz seines Namens nur eine kleine Minderheit. Spahn stellte fest: „Alle Verbände zusammen repräsentieren nicht einmal ein Viertel der Muslime in Deutschland.“ Der größte Verband, die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (Ditib), müsse außerdem die Frage beantworten: „Löst ihr euch von der Türkei?“

Alle türkischen Predigten waren politisch, sagt Constantin Schreiber, es ging fast immer um die ideologische und religiöse Unterstützung der türkischen Regierung – besonders auffällig nach dem Putschversuch in der Türkei.

Die Freitagspredigt aus der entsprechenden Woche ist gespickt mit Begriffen wie „unsere Nation“, „unser Glaube“, unsere Heimat“ – gemeint ist die Türkei – während gleichzeitig dafür gebetet wurde, dass Gottes Rache die erklärten Feinde der Nation – die Gülen-Bewegung – treffen möge.

„Mich hat es enttäuscht und erschrocken zurückgelassen. Ich hatte schon erwartet, dass es auch bisschen Bezug nehmen würde auf das reelle Leben der Muslime in Deutschland. Wir erinnern uns, im Jahr 2016 hat es da mannigfache Anknüpfungspunkte gegeben, die Flüchtlingskrise, so viele Deutsche, die sich für arabische, islamische Flüchtlinge eingesetzt haben, Terror, der sowohl Muslime als auch Christen oder Deutsche allgemein betroffen hat, also man hätte sehr, sehr Vieles finden können, um das Gemeinsame zu betonen, um auch Gemeinsamkeiten vielleicht mal herauszuarbeiten, aber es war in allen Predigten immer das Trennende, was im Vordergrund stand. Und das fand ich sehr schade und ich glaube, darüber muss man tatsächlich mal drüber diskutieren, ob das für das Zusammenleben so gut ist.“

Dabei hätten die Imame selbst ein ganz anderes Bild von sich und ihrer Arbeit.

  

„Ich habe, wenn ich mit den Imamen sprechen konnte, auch immer die Frage gestellt, Denken Sie, dass Ihre Moschee ein Ort für Integration ist? Und es haben alle Imame interessanterweise gesagt, ja, unsere Moscheen sind Orte für Integration. Wenn ich dann aber zum Beispiel gefragt habe, wie lange sind Sie denn in Deutschland, dann habe ich zu hören bekommen, neun, elf oder vierzehn Jahre, dann habe ich gefragt, sprechen Sie Deutsch? Nein.“ (Deutschland: Niemandem wird etwas weggenommen – außer die Sicherheit)

Integration heißt für konservative Muslime Integration in die muslimische Gemeinde, nicht in die deutsche Gesellschaft, darauf weisen Soziologen wie Necla Kelek schon seit langem hin. Politische Konsequenzen haben diese Erkenntnisse bislang nicht.

Im Gegenteil: Die Bundesregierung betrachtet die Moscheegemeinden als besonders geeignete Integrationslotsen!?

Über den Autor:

Der Journalist Constantin Schreiber war mehrere Jahre Korrespondent des arabischen Programms der Deutschen Welle in Dubai. Außerdem moderiert er auf Arabisch eine Wissenschaftssendung für den ägyptischen Sender ONTV. In der deutschen Berichterstattung moderiert er regelmäßig Sendungen zu den Themen Naher Osten des Senders n-tv. Seit Januar 2017 ist er bei ARD-aktuell und moderiert Ausgaben der Tagesschau und des Nachtmagazins. Für die Moderation der deutsch-arabischen n-tv-Sendung „Marhaba – Ankommen in Deutschland“ wurde er 2016 mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet.

Inhaltsverzeichnis als PDF.

Literatur:

Die Getriebenen: Merkel und die Flüchtlingspolitik: Report aus dem Innern der Macht von Robin Alexander

1000 Peitschenhiebe: Weil ich sage, was ich denke von Raif Badawi

Völkerwanderung. Kurze Erläuterung der aktuellen Migrationskrise (Edition Sonderwege bei Manuscriptum) von Václav Klaus

Mekka Deutschland: Die stille Islamisierung von Udo Ulfkotte

Beitragsbild: PublicDomain/Econ Verlag/pro-medienmagazin.de/deutschlandfunk.de

Quellen: PublicDomain/Econ Verlag/pro-medienmagazin.de/deutschlandfunk.de am 05.04.0217

 

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