Freitag, April 19, 2024
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Internet: Die untote Bot-Armee

Die riesige Twitter-Armee spammt das Netzwerk mit Zitaten aus Star Wars-Büchern voll. Was das bedeuten soll, bleibt auch für die Forscher ein Rätsel.

Londoner Informatiker sind auf ein gigantisches Twitter-Botnetz aus 356.000 Accounts gestoßen, die das soziale Netzwerk mit Star-Wars Zitaten vollgespammt haben.

Alle Accounts sind sich verdächtig ähnlich: Sie sind innerhalb von drei Wochen im Sommer 2013 entstanden, meldeten sich seitdem ein bis elf Mal zu Wort und schliefen dann bis heute wieder ein. Diese Erkenntnisse stammen vom Forscher Shi Zhou und seinem Studenten Juan Echeverria Guzman, die auf der Suche nach Bot-Armeen eine Stichprobe von sechs Millionen englischen Twitter-Accounts untersuchten.

Es ist das größte je aufgedeckte und analysierte Botnetz – und nicht nur wegen seines Umfangs interessant. Denn das Netz scheint von einem einzelnen Menschen kontrolliert zu werden, glauben die Autoren. Als die Forscher nämlich die angeblichen Orts-Tags der Accounts untersuchten, fiel ihnen ein seltsames Muster auf.

Es schien viele Star Wars-Fans zu geben, die mitten im Ozean und in der Wüste lebten. Kartografierte man ihre Aufenthaltsorte auf einer Weltkarte, legten sie sich wie zwei genau abgegrenzte rechteckige Teppiche über ganz bestimmte Regionen auf dem Planeten:

Viele der Tweets sind sogar mit Ortsangaben versehen, von wo sie vermeintlich abgeschickt worden sind. Das ließ die Tweets noch echter aussehen. Es hatte die Wissenschaftler bei einer Auswertung von sechs Millionen zufällig ausgewählten englischsprachigen Accounts aber erst stutzig gemacht. Auffällig viele Tweets waren demnach aus menschenleeren Gegenden gesendet worden, von Wasser- und Eisflächen.

Diese 23.820 Tweets schauten sich die Forscher zunächst genauer an: Ein Großteil kam von 3244 Accounts, die nichts anderes von sich gaben als zufällige Textpassagen aus „Star Wars“. Einen Computer Zitate aus Romanen verbreiten zu lassen lässt Tweets stärker nach menschlicher Alltagssprache aussehen. Zugleich war es aus Sicht der Forscher ein Fehler, dafür ausschließlich „Star Wars“-Romane zu nutzen. Leia, Darth Vader und Obi-Wan Kenobi waren auch Echeverria und Zhou vertraut.

Denn genau jenes Fachvokabular wurde ihnen auch zum Verhängnis: Exotische Namen wie Leia und Anakin lassen sich eben leichter herausfiltern als Worte, die der Durchschnitts-Twitter-Nutzer so absondert, wie der untenstehende Vergleich im Untersuchungszeitraum zeigt.

Zum Zeitpunkt ihrer Aktivierung twitterte die Bot-Armee ausschließlich Star Wars-Zitate, die aus insgesamt elf Star Wars-Büchern stammen sollen. Immer mal wieder sind die Zitate auch abgehackt und keiner der Accounts tweete mehr als 11 mal Weisheiten aus dem Star Wars-Universum.

Warum die Star Wars-Armada erschaffen wurde, können sich die Forscher nicht abschließend erklären. „Im besten Fall geht es nur um Marketing“, schreiben sie. Eine solch große Anzahl an Bots könnte tatsächlich ohne Problem die Trending Topics von Twitter manipulieren.

Für wahrscheinlicher halten es die Forscher allerdings, dass jemand die Bot-Armada erschaffen hat, um damit Geld zu verdienen und die Bots als Fake Follower zu verkaufen. Auch ob die Bots je wieder erwachen, ist unklar—und ob sie dann nicht vielleicht zu einem ganz anderen Thema als zu Star Wars twittern.

Manchmal brachen die Zitate wegen der 140-Zeichen-Begrenzung mitten im Satz ab, manchmal waren Hashtags sinnlos gesetzt. Es gab keine Tweets an andere, keine Retweets – und sie waren von maximal zehn Accounts abonniert, die in der Regel genauso gestrickt sind.

Und die ID dieser Accounts, die von Twitter fortlaufend vergeben wird, lag in einem vergleichsweise schmalen Bereich, sie waren also alle zur etwa gleichen Zeit gegründet worden. Die Forscher konnten den Zeitraum auf vier Wochen einschränken. In dieser Zeit hatten die „Star Wars“-Bots täglich rund 150.000 Tweets abgeschickt, bis sie dann verstummten. Alle waren von „Twitter for Windows Phone“ verschickt worden. Das ist sehr ungewöhnlich, in der Kontrollgruppe fand sich das nur bei 0,02 Prozent der Tweets.

Wie groß der Einfluss von Twitterbots sein kann, zeigt auch der Fall des US-Wahlkampfs, in dem eine Bot-Armee aus rund 300.000 politischen Bots Hasskommentare multiplizierte, politische Gegner, Journalisten und Minderheiten belästigte und nuancierte Stimmen erstickte, die ansonsten gehört werden könnten.

Unklar ist, ob auch sie zentral gesteuert wurden. Eindeutig nachweisbar ist allerdings, dass es noch keinen Wahlkampf in der Geschichte gab, in dem politisch eingesetzte Bots eine so zentrale und desaströse Rolle gespielt haben.

Die Nutzer, nicht die Bots sind das Problem

Angesichts der Missbrauchsmöglichkeiten solcher Bot-Netzwerke verheisst der Untersuchungsbericht der Wissenschaftler (PDF) nichts Gutes. Bei der Betrachtung der Schwachstellen, die letztendlich doch zur Aufdeckung geführt haben, lässt sich ein relativ simpel umzusetzendes Optimierungspotential erkennen. Man kann getrost davon ausgehen, dass es längst eine ganze Reihe von kleineren, wesentlich unauffälligeren Netzwerken gibt, die höchst aktiv sind.

Das tatsächliche Potential entfalten diese Bots erst auf einer anderen Ebene. Sobald die von einem Bot-Netzwerk verbreiteten Meldungen von ganz normalen, “echten” Benutzern weiterverbreitet werden, ist eine automatisierte Erkennung fast unmöglich. Die Betreiber müssten dann ähnlich wie in einer Blockchain in der Lage sein, eine Meldung inhaltlich und/oder semantisch bis zu ihrem Ursprung zurückzuverfolgen, was offenbar in den existierenden Sicherheitsmechanismen nicht vorgesehen ist.

Insofern sind solche Entdeckungen immer auch ein Appell an die Nutzer: Lasst euch nicht instrumentalisieren, teilt nicht jeden Scheiß, “You Are The Company You Keep” und hinterfragt Meldungen.

Auch den Londoner Informatikern ist klar, dass das Thema in Zukunft noch wichtiger werden dürfte. Ihre Studie über das Star Wars-Botnet ist noch nicht mal außerhalb eines Preprint-Servers veröffentlicht, da liegt ihnen schon das nächste Thema zu Füßen: Sie glauben, bereits einem noch größeren Botnetz auf die Spur gekommen zu sein. Es soll weit über eine halbe Million Accounts umfassen.

CCC warnt vor „Panikmache“ bei Social Bots

Wenn man von der Zahl der geladenen Experten auf die Bedeutung eines Themas schließen müsste, wäre es am Donnerstag im Bundestag um eine sehr wichtige Frage zur Zukunft der Demokratie gegangen. Gleich 20 Vertreter von Medien, Wissenschaft, Behörden und Verbänden hatte der Ausschuss für Technikfolgenabschätzung eingeladen, um zweieinhalb Stunden lang über sogenannte Social Bots zu diskutieren. Und in der Tat: Wären solche „Meinungsroboter“ in der Lage, den Ausgang der kommenden Bundestagswahl entscheidend zu beeinflussen, sollten sich Politik und Gesellschaft schleunigst Gedanken machen.

Muss die Politik den Einsatz von Social Bots noch vor der Wahl regulieren? Bei einer Anhörung im Bundestag gab es dazu viele offene Fragen und harsche Kritik.

Wenn man von der Zahl der geladenen Experten auf die Bedeutung eines Themas schließen müsste, wäre es am Donnerstag im Bundestag um eine sehr wichtige Frage zur Zukunft der Demokratie gegangen. Gleich 20 Vertreter von Medien, Wissenschaft, Behörden und Verbänden hatte der Ausschuss für Technikfolgenabschätzung eingeladen, um zweieinhalb Stunden lang über sogenannte Social Bots zu diskutieren. Und in der Tat: Wären solche „Meinungsroboter“ in der Lage, den Ausgang der kommenden Bundestagswahl entscheidend zu beeinflussen, sollten sich Politik und Gesellschaft schleunigst Gedanken machen.

Das vom Büro für Technikfolgen-Abschätzung im Ausschuss präsentierte Thesenpapier war schon vorher bekanntgeworden. Demnach können Social Bots die Debattenkultur im Netz verändern. Allerdings gebe es noch keinen gesicherten Nachweis über Wirkungen und Effekte des Phänomens. In der anschließenden Debatte wurde nicht klar, ob die Furcht vor den Auswirkungen der Meinungsroboter nicht stark übertrieben ist.

Letzteres findet zumindest Linus Neumann vom Chaos Computer Club (CCC). Seit einem Interview des Sozialforschers Simon Hegelich im Mai 2016 hat er eine „Panikmache“ in den Medien ausgemacht. „Ich halte dieses gesamte Thema im Bereich der politischen Einflussnahme durch Social Bots für fürchterlich aufgebauscht“, sagte Neumann.

Schließlich habe Hegelich selbst einräumen müssen, dass es schwer nachzuweisen sei, auf welche Weise solche Bots tatsächlich die Wahlentscheidung realer Nutzer beeinflussen könnten.

Der Einfluss sei vermutlich so gering, dass die Idee von Wahlmanipulationen den „Lachtest“ nicht überstehe. „Da fange ich gar nicht erst an zu forschen“, sagte Neumann. Der Unsinn, der über die Gefahren von Social Bots verbreitet werde, werde noch überboten von politischen Forderungen, die diskutiert würden. Social Bots und Fake News seien nur Symptome eines allgemeinen Vertrauensverlustes in Medien und Politik, den sich politische Player zunutze machen wollten.

Übrigens, es gibt auch einen Twitteraccount, welcher wohl zum Deutschen Bundestag gehört und Aktuelles aus dem Bundestag twittert. Zahlreiche Politiker und Journalisten folgen dem Profil, obwohl niemand weiß, wer dahinter steckt…

Literatur:

Die Hacker Bibel (mitp Professional) von Eric Amberg

Hacken: Werden Sie ein richtiger Hacker – Computerviren, Cracking, Malware, IT-Sicherheit (Cybercrime, Computer hacken, Hacker, Computerkriminalität, Netzwerksicherheit, Hacking) von Joseph Connor

Safe Surfer – 52 Tipps zum Schutz Ihrer Privatsphäre im digitalen Zeitalter von Martin Hellweg

Privat war gestern: Wie Medien und Internet unsere Werte zerstören von Christian Schertz

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Beitragsbild: PublicDomain/derwesten.de/golem.de/mobilegeeks.de/vice.com

Quellen: PublicDomain/derwesten.de/golem.de/mobilegeeks.de/vice.com am 06.02.2017

 

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