Samstag, April 20, 2024
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Irak: Türkische Präsenz provoziert neue Eskalation

Foto: Recep Tayyip Erdogan mit dem US-Präsidenten Obama / Pete Souza / public domain

Der türkische Präsident scheint unbelehrbar. Als seien die Verwicklungen und Provokationen der Türkei in der jüngsten Vergangenheit nicht ausreichend gewesen, um die ohnehin in der Region herrschende Situation

massiv zu verschlechtern, setzt Erdogan den eingeschrittenen Eskalationskurs weiter fort. In dem nordirakischen Ort Bashiqa, nordöstlich der Stadt Mosul, sind

150 Soldaten und etwa zwei Dutzend Panzer der türkischen Armee aufgetaucht. Dieses rief die Regierung in Bagdad auf den Plan, die den Vorgang scharf verurteilte.

Was bezweckt der türkische Präsident mit diesem Vorstoß, der einen klaren Bruch des Völkerrechts darstellt? Natürlich, Völkerrecht wird im Irak und in Syrien laufend gebrochen, dies‘ kann Niemanden mehr verwundern. Geht es darum die kurdischen Schmuggelwege für das „IS-Öl“ zu sichern? Besteht wirklich eine Anfrage von den „kurdischen Freunden“, wie Erdogan beteuert, obwohl türkische Kampfflugzeuge seit Monaten Stellungen der kurdischen PKK und auch der kurdischen Peschmerga bombardieren? Begründet das Vorgehen nur eine Art taktisches Ablenkungsmanöver, um den Anschein zu erwecken, die Türkei unternimmt tatkräftig etwas im Kampf gegen den Islamischen Staat?

Fakt ist, die irakische Regierung erwünscht keine Hilfe von NATO-Seite. Das irakische Volk denkt ohnehin, dass „die USA mit den Kämpfern des Islamischen Staates ins Bett geht“, so Schilderungen aus Regierungskreisen. Nun könnte die Stunde Russlands und des Iran schlagen, die alles daran setzen werden, der irakischen Regierung ihre Hilfe zu unterbreiten. Der iranische Einfluss im Irak ist ohnehin enorm stark. Die schiitischen Milizen „Asaib Ahl al-Haq“, unter dem Kommando von General Qasem Soleimani (Spitzname: „Der Schattenkommandant“) sind der verlängerte Arm der iranischen Revolutionsgarden und haben als einzige, mit Hilfe der schiitischen Badr-Milizen des charismatischen Kommandeurs Hadi al-Ameri, ein weiteres Ausdehnen des „Islamischen Staates“ im Irak verhindern können.

 

Der größte Teil der irakischen Schiiten und große Teile der irakischen Regierung stehen loyal zum Iran und seinem geistigen Führer, vor allem aber auch zu den pro iranischen Milizen und Qasem Soleimani. Trotz der mittlerweile etwas entspannteren Beziehungen der USA und des Iran, wird dieser nicht tatenlos zusehen, wie die Türkei und die USA mehr und mehr im Irak Fuß fassen. Als vor kurzem US-Verteidigungsminister Ashton Carter ankündigte, die Kräfte der US-Special Troops im Irak zu erhöhen, war es daher kaum verwunderlich, dass die Schiitenmiliz „Kataib Hisbollah“ sofort damit drohte diese Spezialkommandos zu jagen und zu töten. Der irakische Ministerpräsident Haider al-Abadi lehnte daraufhin auch sogleich eine größere US-Truppenpräsenz für sein Land ab und stellte der Türkei zeitgleich ein 48 Stunden-Ultimatum ihre Soldaten aus dem Nord-Irak wieder abzuziehen.

Was könnte passieren, wenn die Türkei dieser Aufforderung nicht nachkommt, könnte man sich fragen? Was, wenn sich die Spannungen beider Parteien nicht durch die hastig wirkende, diplomatische Vermittlungsaktion des deutschen Außenministers Frank Walter Steinmeier beruhigen lässt, der sich kürzlich zu Gesprächen in Bagdad aufgehalten hat und natürlich auch deutsche Hilfen für den Irak in Aussicht stellte. Nun, der Irak könnte den UN-Sicherheitsrat einberufen, wo er vermutlich auf die Unterstützung Russlands und Chinas zählen könnte, hinsichtlich des schwerwiegenden Verstoßes der Türkei, gegen die Souveränität des Irak.

Dies‘ wird aber für irakische Politiker ein wenig zu sanftmütig und ohne erkennbare Konsequenzen für den Provokateur Türkei sein. Hakim al-Zamili, Leiter des irakischen Parlamentsausschusses für Sicherheit und Verteidigung sagte am vergangenen Sonntag: „Es ist denkbar, dass der Irak vielleicht bald schon mit Russland über eine direkte militärische Intervention berate, als Antwort auf die Verletzung der irakischen Souveränität!“

„Der Irak hat inzwischen wieder die Fähigkeit, diese Kräfte abzuwehren. Wir wären auch in der Lage Russland aufzufordern uns in dieser Situation zu helfen und einzugreifen, als Reaktion auf die türkische Verletzung unserer Souveränität!“, sagte Al-Araby al-Jadeed, eine Internetplattform für arabische Journalisten mit Sitz in Doha (Qatar).

 

Hakim al-Zamili ist ein Mann mit guten Kontakten. Er war früher schon in führender Position im irakischen Gesundheitsministerium tätig. Er veruntreute Million von Dollar an Fördergeldern, die für den Aufbau des Gesundheitswesens gedacht waren, um die mächtige schiitische „Mahdi-Armee“ zu unterstützen. Außerdem wurde er beschuldigt an Entführungen und Tötungen von sunnitischen Zivilisten beteiligt gewesen zu sein. 2007 wurde er zunächst von den Amerikanern verhaftet, aber ein Jahr später von einem irakischen Gericht frei gesprochen. „Hätte ich wirklich irgendetwas mit diesen Verbrechen zu tun gehabt, so hätte mich das Gericht auch für schuldig befunden!“, so Zamili später. Seit 2011 ist Hakim al-Zamili wieder in gehobener politischer Verantwortung.

In jedem Fall sind durch die schiitische Macht und Kontrolle im Irak, Entscheidungen im Land ohne eine Bewilligung aus Teheran nicht möglich. Zamilis Warnung macht ganz deutlich, dass die Zeiten einer schüchternen, zurückhaltenden Position bald der Vergangenheit angehören, wohl wissend, dass der russische Präsident vermutlich nur auf eine Gelegenheit wartet, wenn sich ihm eine günstige Gelegenheit bietet, hauptsächlich, den gerade neu gefundenen „Lieblingsfeind“ Türkei, eine Lektion zu erteilen. Die Tonart wird deutlich schärfer. Die paramilitärische Schiitenmiliz „Harakat al-Nujaba“ nennt die Türkei offen einen terroristischen Staat!
Auschlaggebend und für die weitere Zukunft von großer Beachtung wird sein, inwieweit die Planungen und Realisierungen von Hakim al-Zamilis „Joint-Intelligence“ umgesetzt werden. „Die Idee und das Ziel ist es, die Beziehungen zu Iran, Russland und Syrien auf eine formelle Ebene zu stellen. Wir wollen ein vollwertiges Militärbündnis!“, so Zamili.

Die Türkei, die USA und ihre westlichen Verbündeten, würden also gut daran tun, ihre Politik und ihr Handeln genau zu überdenken, denn der faktische Schluss eines solch starken Bündnisses, würde den Irak in eine neue Dimension eines unkontrollierbaren Konfliktes steuern, der neben einem dauerhaften „Stellvertreterkrieg“ im benachbarten Syrien und dem Kampf gegen den „Islamischen Staat“, das Potential zu einer noch größeren Eskalation hat.

Quellen: *Süddeutsche, Tyler Durden from ZeroHedge, Al-Araby a-Jadeed, NPR.org, Wikipedia, Die Zeit, Die Welt,
Bild: free flickr

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