Mittwoch, April 24, 2024
StartPolitikEuropa„Kanzlerin der halben Maßnahmen“: Merkels Hürden bei Neugestaltung Europas

„Kanzlerin der halben Maßnahmen“: Merkels Hürden bei Neugestaltung Europas

Nicht nur auf deutscher sondern auch auf europäischer Ebene visiert Angela Merkel ehrgeizige Aufgaben an. Deutschlands Möglichkeiten sind aber nicht unbegrenzt – und ein klares Mandat für Europas Neugestaltung bleibt aus.

Darauf weisen russische Kommentatoren hin. Analystin Jewgenia Pimenowa schreibt in einem am Dienstag veröffentlichten Kommentar für die Tageszeitung „Iswestija“, Merkel stehe zum Auftakt ihrer neuen Amtszeit vor einer Vielzahl ungelöster Aufgaben.

„Die Hauptaufgabe besteht darin, eine Lösung für die akute (und nicht zuletzt von ihr selbst provozierte) Flüchtlings-Frage zu finden – im Hinblick darauf, dass das gesamteuropäische Quoten-System, von dem sich Merkel so viel erhoffte, offensichtlich wenig effizient ist. Allerdings sieht die Kanzlerin das durchaus ein und hat die Aufgabe bereits als Quadratur des Kreises bezeichnet“, so Pimenowa.

„Nach den nicht besonders beeindruckenden Wahlergebnissen wird Merkel zumindest äußerlich das Image ihrer Partei zurechtbiegen und moderner gestalten müssen. Sie braucht dabei nicht nur ‚frisches Blut‘ für ihre Partei sondern muss auch entscheiden, wer ihre eigene politische Nachfolge antreten soll“, heißt es im Kommentar.

„Jeder Politiker will in die Geschichte eingehen. Deshalb visiert Angela Merkel neben deutschen Angelegenheiten auch international eine äußerst ambitionierte Aufgabe an. Es geht darum, den Startschuss für ein ‚neues Europa‘ zu geben, indem der US-Einfluss minimiert werden soll. Doch in dieser Hinsicht ist Deutschlands Handlungsspielraum bekanntlich ziemlich begrenzt“, so Pimenowa.

„Obwohl Merkel in der Geschichte als Politikerin bleiben möchte, die der Welt nicht nur Deutschlands sondern auch Europas neues Gesicht zeigen konnte, sieht es danach aus, dass sie sich mehr als Kanzlerin von halben Maßnahmen und Kompromissen einprägen wird. Im europäischen Establishment gilt dies allerdings als Unterpfand der Stabilität“, betonte die Analystin.

Der russische Auslandsexperte Fjodor Lukjanow schrieb in einem Gastbetrag für die Tageszeitung „Kommersant“: „Deutschland beendet die große Wahlsaison in Europa. Nach dem Brexit und Trump hatten alle mit Entsetzen die Wahlen in den Niederlanden, in Frankreich und in Deutschland erwartet. Extreme oder alternative Kräfte kamen nirgendwo an die Macht – die Anhänger von Gemessenheit und Mainstream können Atem holen. Die Hoffnung darauf, dass Europa nach dieser Serie von Wahlen eine standsichere und solide Führung für Stabilisierung und Erneuerung bekommt, hat sich jedoch nicht verwirklicht.“

„Wahrscheinliche Schwierigkeiten bezüglich der Bildung einer neuen deutschen Regierung und deren weiteren Beständigkeit werden Auswirkungen auf die europäische Politik haben. Von Angela Merkel erwartet man eine Entschlossenheit bei der EU-Transformation, zumal sie nun einen Partner in Frankreich hat – Emmanuel Macron ist kampfbereit. Die Stimmung der Wähler in Deutschland ist jedoch gespalten. Ein klares Mandat für eine Umgestaltung der europäischen Realität blieb aus. Aber auch deren Aufrechterhaltung wirkt immer unwahrscheinlicher“, so Lukjanow.

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