Freitag, April 19, 2024
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Kommentar: Baschar-Bashing

Foto: Pressedienst des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad (via Izvestia.ru)

Meinung. Wie man’s macht ist falsch. Da mussten wir uns jahrelang in einer einseitigen Gräuelpropaganda der Konsens-Medien anhören, dass Syriens Staatspräsident Baschar al-Assad sein Volk, das doch nur nach Frieden, Freiheit und Frühling trachtete, dahinschlachte und sowieso an allem schuld sei. Zwischentöne, etwa dass er nicht gegen das Volk, sondern gegen Rebellen zweifelhafter Gesinnung kämpfte, waren so wenig gefragt wie Gegenpositionen. Ganz heimlich und unkommentiert verschwand dann das Baschar-Bashing in dem Maße, wie der IS seinen Siegeszug antrat. Nun aber, wo jener IS Palmyra, also ein Kulturerbe der Menschheit, eingenommen hat und dessen Vernichtung droht, wird Assad wieder gebraucht. Einerseits als Fehler, Gruppe existiert nicht! Überprüfen Sie Ihre Syntax! (ID: 3)militärisches Schutzschild, vor allem aber als Generalsschuldiger: Nicht eine Bewegung von mörderischem Wahn befallener Moslems, nicht die Destabilisierungspolitik des Westens, nein, der böse Kinderfresser Assad ist schuld. Jedenfalls wenn man dem (ewig-)gestrigen Leitartikel der

Welt glaubt.

Man dürfe nicht vergessen, so Frau Kogel in ihrem sich weitgehend auf Agenturbehauptungen stützenden Kommentar, dass es „vor allem die perfide Strategie des syrischen Regimes war, die den Dschihadisten in die Hände gespielt hat.“ Diese Aussage wird sogar begründet, wenn auch nur mit Behauptungen. Jahrelang habe das Regime alles dafür getan, die Islamisten gewähren zu lassen. Diese These ist in ihrer Verkürzung so dreist, dass beim Schreiben der Erwiderung die Tastatur verklemmt. Mit Geld, Waffenlieferungen, Geheimdienstarbeit, militärischer Ausbildung und international gleichgeschalteter Propaganda hat der Westen seit Jahren die angeblich freiheitliche Opposition, die schon seit langem unter weitgehender Kontrolle von Islamisten unterschiedlicher Provenienz stand, unterstützt und auch sonst nichts unversucht gelassen, die rechtmäßige syrische Regierung am Kampf gegen die Islamisten zu hindern.

Für Eva Marie Kogel, die junge Absolventin der Axel-Springer-Nachwuchsakademie und studierte Arabistikerin mit einer Dissertation zu Korantexten, hat das alles nie stattgefunden. Die Wahrheit sei, dass Assad verloren habe, weil er nicht habe gewinnen wollen. Und warum sollte jemand freiwillig verlieren wollen, fragt sich der verstörte Leser? Weil es die Strategie des perfiden Assad gewesen sei, die Welt vor die Wahl zu stellen, ob man ihn oder die Islamisten wolle. Verlieren, um zu siegen – was für eine verquere, an den Barthaaren des Propheten herbeigezogene Denkweise.

Nun wissen wir künftig, warum Fußballmannschaften verlieren, nämlich weil so das Management dazu gebracht werden soll, in der nächsten Saison die Mannschaft zu verstärken. Wir wissen, warum es so viele Baustellen gibt, nämlich weil wir schnellere Autos kaufen sollen, um die Zeit wieder einzuholen. Wir wissen, warum die Kinder mal wieder außer Rand und Band sind, nämlich weil sie uns dazu bringen wollen, das gut zu finden.

Weil dieser Assad nun in der Kogel-Logik an allem schuld ist, ist es für sie zwangsläufig auch gut und richtig gewesen, ihm keine Unterstützung bei der Verteidigung der unersetzlichen Kulturwerte und zum Schutz der dort lebenden Menschen zukommen zu lassen. „Wer den Vereinigten Staaten mangelndes Engagement vorwirft und nach mehr militärischem Einsatz ruft, der macht es sich zu einfach. Die USA hatten gute Gründe, nicht in den Kampf um die Stadt einzugreifen. Dort hätten sie lediglich den Feind des Feindes bekämpft.“

Da bescheinigt Kogel in diesem Zusammenhang tatsächlich Assad Nihilismus, wo doch ihr ganzes Gedankengut und in der Tat auch das des Westens von wirklichem Nihilismus erfüllt ist: Die Menschheit verlieren zu lassen, um mit absurden Thesen recht zu behalten. Die US-Militärkoalition hält sich also zurück, weil man nicht mit Assad kooperieren will. Assad muss alleine kämpfen – er hat in Palmyra verloren, wird vielleicht noch viel mehr verlieren. Aber letztlich verlieren wir alle, denn es geht nicht nur um antike Kulturschätze, sondern um Freiheit und Zivilisation an sich.

Natürlich hat Assad weder die Freiheit noch die Menschenrechte erfunden, natürlich ist Konrad Kustos im Grundsatz gegen außerstaatliche Interventionen, doch vom IS werden letzte moralische Grenzen gesprengt und Angriffskriege geführt wie einst von Adolf Hitler. Wenn es einen Grund für die zivilisierte Welt geben könnte, gemeinsam gegen den Terror vorzugehen, dann hier und zwar auf Seiten von Assad und damit der rechtmäßigen syrischen Regierung. Und das nicht nur, weil der Westen mit seinem unverantwortlichen Zündeln in der Region erst den Arabischen Herbst ausgelöst hat.

Für den geschockten Leser der Welt bleibt vorerst nur die Abarbeitung an der Frage, wie solche Kommentare in einer angesehenen Zeitung möglich sind. Dabei geht es nicht nur um die zu verlautbarende Position, sondern um die hanebüchenen logischen Konstruktionen darin. Vielleicht braucht man solche Verdrehungen der Kausalität, um zu den Ergebnissen zu kommen, zu denen man eben kommen will. Aber es ist mit Sicherheit auch ein Ergebnis der Mitarbeiterphilosophie und – Auswahlkriterien des Springer-Verlags.

Wer an der Springerakademie aufgenommen wird, hat sich in einem schwierigen Ausleseverfahren durchgesetzt. Er hat bewiesen, dass er die Bundespräsidenten vorwärts und rückwärts aufsagen kann, dass er sich in der Parteienpolitik bestens auskennt, dass er über angelerntes Standardwissen zu Kultur und Geschichte verfügt. Er hat aber auch bewiesen, dass er nicht aus der Reihe tanzt, dem Mainstream folgt und möglichst keine Kreativität an den Tag legt, die gegenwärtigen Vorgesetzten bei ihrer Karriere gefährlich werden könnten. Kurz und gut: Er (oder in diesem Falle eben sie) ist eine ziemliche Pfeife.

Verteiler: Neopresse

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