Donnerstag, April 25, 2024
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Leverkusen: Kiosk-Besitzer von Polizei enttäuscht – 27 Jahre kein Schutzgeld und 49 Mal überfallen

Die Leverkusener Fußgängerzone scheint ein heißes Pflaster. Hier hatte Wolfgang Greiss 27 Jahre lang seinen Kiosk. In dieser Zeit wurde der heute 67-Jährige Opfer von 49 Angriffen auf sein Geschäft. Von der Polizei ist er enttäuscht, die mache nichts. Greiss vermutet seine Weigerung zur Schutzgeldabgabe als Ursache des „Phänomens“. Jetzt schloss er, auch auf Anraten seiner Freunde, den Kiosk. Seine Waren vertreibt er nun vom Wohnmobil aus auf Märkten in der Umgebung.

Die kreisfreie Stadt Leverkusen liegt im kriminalitätsverwöhnten Nordrhein-Westfalen und liegt etwa 20 Kilometer nördlich des Kölner Hauptbahnhofs, der für seine unfreiwillig freizügigen und ausufernden Silvester-Partys in diesem Jahr berühmt und berüchtigt wurde. Hier im rot-grünen Herrschaftsgebiet von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und ihres Innenministers Ralf Jäger, beide 55, beide SPD, treibt die Kriminalität oft sonderbare Auswüchse.

Wolfgang Greiss hatte sein kleines Foto-Geschäft 27 Jahre lang in der Fußgängerzone der 160.000-Einwohner-Stadt Leverkusen. Seine Anfangszeit war natürlich noch lange vor der Ära Kraft-Jäger. In dieser Zeit gab es 49 „Überfälle, Einbrüche, Anschläge auf mein Geschäft“, gesteht der Ex-Kiosk-Besitzer.

Auf die Frage, warum es zu einer solch großen Anzahl von Überfällen auf seinen Laden gekommen sei, meint Wolfgang Greiss: „vermutlich, weil ich kein Schutzgeld zahle“. Jeder hier wisse um die Gründe für die unfassbaren Zustände in der Breidenbachstraße, auch die Stadt und der Oberbürgermeister (Uwe Richrath, 55, SPD). Doch Täter stünden hier unter Denkmalschutz.

„Auch die Polizei reagiert nicht.“ (Wolfgang Greiss, Ex-Kiosk-Besitzer)

Das sei auch der Grund gewesen, warum er zwei Gaspistolen und einen Knüppel griffbereit im Laden habe, „um mich zu schützen“, beteuert der Mann.

Warnungen an Diebe

Sein Geschäft wirkt für Diebe nicht wirklich einladend: Am Eingangsbereich hängt ein Schild mit den Worten „Wer hier klaut, stirbt!“, umrahmt von zwei Totenköpfen. Daneben prangert als Warnung das Bild eines übel zugerichteten Mannes: „Der ist im Oktober 2012 hier eingebrochen. Als er ein Messer gezogen hat, habe ich ihn mit einem Knüppel abgewehrt“, erklärt der 67-jährige Ex-Fremdenlegionär die Geschichte.

Doch die Abschreckung wirkt nicht immer: „Vor einigen Tagen sind zwei junge Männer in meinen Laden marschiert und wollten Taschenlampen klauen. Ich wollte die Typen daran hindern. Es kam zum Kampf“, so der Ladenbesitzer, der von dem jüngsten Vorfall ein Pflaster am Hals und eines an der Stirn davontrug: „Eine Platzwunde.“

1988 wurde Greiss in seinem Geschäft überfallen und dabei der Bauch aufgeschlitzt: „Es war an einem Samstagnachmittag. Ich lag blutüberströmt in einer Ecke. Zum Glück hat jemand den Rettungswagen gerufen. Ein halbes Jahr lang lag ich im St. Josef Krankenhaus“, erinnert er sich.

Das ist lange her, doch die große Narbe ist geblieben. „49 Mal bin ich in den vergangenen 27 Jahren überfallen worden. Jetzt reicht es.“ Er folge nun dem Rat seiner Freunde und schließe den Laden im Juni.

Kriminalität schon seit den 50ern

Wolfgang Greiss hatte den kleinen Laden von seinem Vater übernommen. Dieser führte seit 1949 mit seiner Frau zusammen ein Foto-Geschäft in der Kölner Straße. Als 5-Jähriger erlebte Wolfgang Greiss, wie sein Vater „in einem Kampf auf Leben und Tod einen Einbrecher im Laden umbrachte. In Notwehr, wie der Richter befand“.

Schon damals war es hier gefährlich. Es habe es immer wieder Überfälle gegeben. Greiss erzählt ein Beispiel, wie Motorradfahrern die Maschinen geklaut wurden: „Da wurden Seile über eine Straße gespannt, Motorradfahrer erkannten die Falle zu spät und stürzten.“ Die Diebe hätten dann die Gelegenheit genutzt und wären mit den Maschinen davongerast.

Wolfgang Greiss fasst mit 19 während eines Spanienurlaubs den Entschluss, zur Fremdenlegion nach Fuerteventura zu gehen. „Da lernte ich Fallschirmspringen, Kampftechniken und -tauchen, den Umgang mit allen möglichen Waffen – und natürlich mich zu wehren“, erzählt er von damals. Wieder zurück in Leverkusen steigt er ins elterliche Geschäft ein und übernimmt es später. In der eigenen Werkstatt wurden in all den Jahren unzählige Schmalfilmkameras, Filmprojektoren, alte Fotoapparate und Objektive repariert.

Doch damit ist nun endgültig Schluss, auch wenn der Laden auch heute noch recht gut läuft. Nun hat der 67-Jährige reichlich Freizeit. Sein Geschäft will der Unternehmer künftig mit dem Wohnmobil fortsetzen. Mit dem fahre er dann „von Ort zu Ort, kaufe und verkaufe auf Wochenmärkten. Das läuft“, so Wolfgang Greiss und hofft, ohne Überfälle in Zukunft auszukommen. (Quelle: „Kölner Stadt-Anzeiger„)

(sm)

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