Donnerstag, April 25, 2024
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Maischberger: Österreich 1 – Deutschland O

Unser Talksuffragettee  Sandra Maischberger wollte Sebastian Kurz vorführen. Als Sidekick hatte sie sich DJ Dosenpfand Jürgen Trittin dazu geholt. So richtig gegriffen hat das nicht

Von Volker Kleinophorst

Um den Affenzirkus der Polit-Talks mache ich schon lange einen Bogen. Sebastian Kurz bei Maischberger war aber eine Ausnahme und auch keine Enttäuschung, wenn man sich gerne über Frauen am Rande des Nervenzusammenbruchs amüsiert. Denn die Maischbergerin, die kann es nicht. Nach oben protegiert, gepampert, verwechselt sie doch Unverschämtheit mit Biss, stammelt rum, weiß wenig und stolpert immer über ihre eigenen Füße.

Ein Beispiel: Die Geschichte mit Kurz Studienabbruch. Maischberger hat ihr Studium auch abgebrochen. Drei Tage nach der Immatrikulation wie sie gerne selbstbewusst behauptet . Da hatte die Maischbergerin schon geschnallt, da bringt man mir nichts mit der Kommunikationswissenschaft. Ich habe da sogar einen Magister und würde niemals bestreiten, dass man da nicht lernt, wie man als Journalist arbeitet. Dass man da nichts lernt, ist allerdings Blödsinn. Und drei Tage nach der Immatrikulation hat man noch nicht eine Veranstaltung gehabt, allenfalls das Vorlesungsverzeichnis durchgesehen und sich welche ausgesucht. Schon albern, sich dann mit dem österreichischen Ministerpräsidenten über den Studienabbruch zu kabbeln.

Ganz extrem bei Maischberger mittlerweile, die Unterbrecheritis, Verbesseritis, Besserwisseritis. Nur da hat sie einfach nicht genug Tinte auf dem Füller und so plappert sie halt das rum, was ihr die Redaktion in den Mund legt von „zartester Versuchung seit es Populismus gibt“, eine Formulierung die ja so glücklich ist, das sie die Hälfte der pluralistischen Presse gleich als Zeile genommen hat. Dann hat sie noch ein paar Zitate auf ihren Kärtchen und natürlich Kampf gegen rechts.

Um es an der Stelle vorwegzunehmen. Maischberger musste in den Leserkommentaren nahezu aller Medien mit Kommentarspalten, ob ihres inquisitorischen Interviewstils extreme Kritik einstecken, auch bei eigentlich eher Maischberger freundlichen Blättern.

Auftritt von Maischbergers Sidekick, der auch mal als DJ Dosenpfand Musik auflegende Grüne Jürgen Trittin. Ich dachte kurz an Halluzinationen. In einem Film hätte ich die Wendung unglaubwürdig gefunden. Warum nicht gleich den Böhmermann?

Trittin hatte nur einen großen Moment:

„Ein ARD-Einspieler zeigt Kurz‘ Koalitionspartner Heinz-Christian Strache beim Einmarsch zum Parteitag in Tirol mit Trommelwirbel. Trittin findet, der FPÖ-Chef habe sich „inszeniert, als würde die SS noch unterwegs sein. Da fehlten nur noch die roten Armbinden!“ Das Zoff-O-Meter kommt in Fahrt, doch Kurz kontert ganz locker: „Das war eine Künstlergruppe, die schon für die Kommunisten, für die Sozialdemokraten und auch für die Volkspartei aufgetreten ist“, erklärt er dem verdutzten Grünen. Rumms!“ (BILD )

In der Welt, die ebenfalls im Springerverlag erscheint wird das erstaunlicherweise zur Schlüsselszene:

„Das einzige Straucheln merkte man ihm an, als Trittin den Auftritt des FPÖ-Vorsitzenden HC Strache zum Wahlkampfauftakt 2017 kommentierte.“

Nur: die Sache ist längst durch. Vor einer Woche hat schon Arno Frank für den SPIEGEL    versucht aus den Trommlern ein DRAMA zu machen. Doch Strache hatte drumatrical theatre einfach gebucht, wie schon viele andere. Es handelt sich um eine Künstlergruppe.

Auch wenn Arno Frank das natürlich trotzdem extrem rechts findet, dass Rechte auch Trommler buchen dürfen „in diesen Zeiten“: „In Verbindung mit dem stramm rechten Strache aber entfaltet diese Gebrauchs- und Überwältigungskunst eine ähnliche Wirkung wie Nitro, wenn man es mit Glyzerin mischt.“

Es ist also längst klar, dass die Bilder nicht das 4. Reich ankündigen.

Aus der Redaktionskonferenz:

A: Du der späte Einspieler, wenn der Trittin kommt, der muss richtig krachen. Was haben wir?

B: Ne echte Nazivorlage können wir nicht geben. Wir haben nur den Strache Einmarsch. Aber die Bilder sind eigentlich schon durch. Selbst bento  hat da schon was gemacht.

A: Zeig mal. Mensch sieht aus wie der Reichsparteitag. Geil.

B: Das sind aber irgendwelche Künstler. Die haben nix mit der FPÖ zu tun.

A: Mann, Mist. Und sonst?

B:Was Besseres haben wir nicht.

A: OK, nimm den Trittin gleich mal zur Seite, dass der weiß, was sein Stichwort ist. (Satire, ok? Ich habe aber schon mal so eine Show gemacht. Nah an der Wahrheit.)

Interessant ist auch ein Kommentar von Alexander von Schlaun zur „Maischberger Inszenierung“, die Talkshows aus dem Dritten Reich, wenn es sie damals denn schon gegeben hätte, prächtig geziert hätten:

In PR-Trainings wird man darauf hingewiesen, immer zu schauen, vor welchen Hintergrund man gesetzt wird, in der Postproduktion, soweit man das Endergebnis zu sehen bekommt, welche Hintergrundmusik gewählt wird etc., da der Rezipient unterbewusst assoziiert. Das nennt man Cueing. In einer Livesendung natürlich nicht möglich das zu kontrollieren. Hier ist Cueing an einem Beispiel schön zu sehen: während der Diskussion in der Totalen sitzt Trittin vor neutralem Hintergrund, Kurz dagegen: sehen sie selbst. Nichts wird in diesen Talkshows dem Zufall überlassen. Sie sind die Speerspitze der Staatspropanda.

Ich empfehle jedem sich einmal eine solche Talkshow anzutun und komplett durchzuanalysieren. Gäste. Zuschauer. Intro. Fragetechniken. Einspieler. Musik. Hintergrundbilder. Sie werden erschrecken.

Als weiteres Beispiel die ersten 60 Sekunden. Maischbergers Intro, ihr erster Satz: „Die zarteste Versuchung seit es Populismus gibt. So spötteln Kritiker über den neuen Kanzler Österreichs.“ Komisch. Dieser Satz ist erst seit gestern googlebar. Von welchem „Kritiker“ also hat Maischberger diesen Satz? Nun, mit Sicherheit aus dem Redaktionsteam. Technik: Sind Sachthemen mit Argumenten schwer zu gewinnen, wird in der Intro / am Anfang einer Diskussion nicht über die Sache, sondern über die Meinung echter oder imaginärer Dritter über den Feind-Gast gesprochen, um ihn so möglichst bereits vor einer Sachdiskussion über einen „souveränen Stellvertreter“ zu diskreditieren. Hat man ihn so vorab bereits unsympathisch gemacht, gelten seine Argumente beim Durchschnittsrezipienten nichts mehr, er hat seine CON-Entscheidung emotional bereits getroffen.
Das Medienecho:

Österreich:

OE24: „Kurz-Talk: Shitstorm gegen Maischberger Die Fragen und das Verhalten der ARD-Moderatorin sorgten auf Twitter für reichlich Unmut.“

derStandard.at: Hatte eigentlich wenig zu sagen, deswegen da mal einer aus dem Forum: „Die deutschen Medien leiden auch schon an Realitätsverlust. Das Interview war ein einziger Skandal. Maischberger ist der verlängerte Arm der Regierung und Trittin ein C-Politiker der noch immer in seiner deutschlandfeindlichen Blase lebt.“

heute.at: „Über weite Strecken im Interview war Kurz damit beschäftigt, seine Koalition mit der FPÖ zu verteidigen. In dieser heiklen Position bewies er wieder einmal sein Können, keine einzige Frage konkret zu beantworten. Da half es auch nichts, dass die TV-Moderatorin extrem gut vorbereitet war. Maischberger konnte Kurz nicht aus der Reserve locken.“

Auch hier die Leser spannender als die Journalisten: „Deutschland bildet sich immer noch ein, über Österreich und ganz Europa bestimmen zu können! Wir entscheiden wer in Österreich regiert und nicht Deutschland! Egal wer bei uns wie gewählt hat, wir sind eine Demokratie und das Wahlergebnis ist zu akzeptieren!! Rechtsextremismus hat in keinem Land etwas zu suchen, aber uns ewig die Vergangenheit vorzuwerfen ist billig und soll wieder einmal davon ablenken, dass sie noch immer keine Regierung zustande gebracht haben! Merkel und Co sollten mal ein Geschichtsbuch zur Hand nehmen und genau lesen!“

Deutschland:

Huffpost geht auf die Reaktionen auf Maischbergers „Interviewstil“ ein: „Man muss ihn ja nicht mögen. Aber Respekt vor dem Gesprächspartner sollte eine Moderatorin schon haben”, schrieb eine Twitter-Nutzerin. Ein anderer User bezeichnete das Interview als Unverschämtheit und fügte hinzu: “Man schämt sich für Das Erste und seine ätzende Moderatorin! Jede Frage eine Provokation!” Ein anderer bemerkte: “Wie unfreundlich Maischberger mit dem Bundeskanzler eines befreundeten Staates spricht!“

Alexander Wallasch, Tichys Einblick: „Alles, was diese Politiker noch kennzeichnet, die unter oder neben Angela Merkel Europa an die Wand gefahren haben, ist, dass sie in den entscheidenden Moment der großen Herausforderungen völlig versagt haben. Übrig geblieben ist eine leere Rhetorik, eine Sprache, die nicht einmal mehr ideologisch genannt werden kann, so inhaltsleer ist sie geworden. Man redet wie aus der Retorte. Immer unwilliger, anklagender, plattitüdenhafter.“ „Schön wäre es also, wenn sich dieser Sebastian Kurz in Zukunft nicht als Windei erweist.“

Josef Nyary, BILD: „Bauchgesteuerte Erregungsergüsse aus der grünen Wirklichkeitsblase, knallharte Abwehr der grassierenden Empörungssucht durch den populären Nachbarkanzler, dazwischen die Moderatorin im Autopilot: Das war ein Talk der Kategorie „Klarheit ist Wahrheit“.“

Haznain Kazim, SPIEGEL: „Maischberger stellt in der ihr eigenen charmanten Art harte Fragen – anders als die meisten österreichischen Medien, die Kurz derzeit immer noch bewundern.“

(Ein Passagier, der zufällig in der Sitzreihe vor Kurz saß, twittert, dass Kurz, wie viele Menschen im Flugzeug, mit offenem Mund schlafe. How interesting!)

Er wohne immer noch im „Arbeiterbezirk“ Wien-Meidling, aber nicht mehr in der alten 65-Quadratmeter-Wohnung. Wie groß die neue ist, sagte er nicht.

Sasan Abdi-Herrle Berliner Morgenpost: „Da wirkte es fast schon ein bisschen verzweifelt, als sich der Kanzler bei allen Nachfragen zu seinem Koalitionspartner immer wieder an das vereinbarte Regierungsprogramm klammerte. Das sei schließlich moderat und gut für Österreich. „Beide Parteien müssen sich daran halten“, befand Kurz. Wirklich?

„So viel Menschelei konnte dank hartnäckiger Nachfragen von Sandra Maischberger nicht übertünchen, dass Kurz der Macht wegen einen gefährlichen Drahtseilakt wagt – und Österreich nebenbei einen kräftigen Rechtsruck verordnet.“

Sebastian Lang, Focus: „„Maischberger“: Österreichischer Kanzler Kurz überzeugt bei ARD-Polit-Talk“

„Maischberger unterbricht mit der Frage: „Und was, wenn nicht?“ Da wird Kurz das erste und einzige Mal harsch: „Sie haben jetzt viel vorgelesen, lassen Sie mich den Gedanken zu Ende führen. Das Regierungsprogramm hat eine sehr proeuropäische Handschrift und ist sehr positiv für Österreich“, stellt Kurz klar.“

Leila Al-Serori, Süddeutsche Zeitung SZ: „Der österreichische Kanzler Sebastian Kurz lässt bei „Maischberger“ seinen Charme spielen – und lächelt den Rechtsruck in seinem Land einfach weg.“

„Maischberger stellt nun endlich die Fragen, die man hören möchte. Aber Kurz sagt auch dann kaum Sätze, die als Antworten durchgehen können.“

Fritz Goergen, Tichys Einblick: „Sicher nicht so geplant hat Frau Maischberger dem neuen Bundeskanzler von Österreich eine gute Gelegenheit gegeben zu zeigen, wie ganz anders ein Politiker auftreten und wirken kann als jene, die die deutschen Bildschirme dauernd füllen.“ „Am Morgen wiederholt sich das Ritual und macht Maischberger zur Ausnahmeerscheinung. Dunja Hayali faselt von Rechten, Rechtsradikalen, Antisemiten, Identitären. Kurz erklärt spöttisch, dass es zu dieser Klärung eine klare Rechtslage gäbe, Gesetze. Unausgesprochen: keine Vorverurteilung durch öffentlich-rechtliche Sender. Und: „Bei uns gibt es so was wie Meinungsfreiheit“. Das ist eine Ohrfeige und so säuerlich grient Hayali auch. Aber sie hat ja noch einen Pfeil: Sie erklärt,  dass die AfD die Rundfunkgebühren senken will und ob Kurz das auch will. Eine echte Fangfrage aus dem Kindergarten. Da kann er sich das Lächeln nicht verkneifen.

„Unsereiner lacht schallend, ganz undiplomatisch.“

Alexander Wendt, „Publicomag“ bringt der diesen grausamen TV-Spuk auf den Punkt: „…Blenden wir hier einmal ab, und schalten wir in ein imaginäres Gespräch von Will und/oder Maischberger mit Merkel im gleichen Stil. Auf der Bühne die Kanzlerin, oder wie Kritiker spötteln: Der bestgetarnte Versuch, seit es gelenkte Demokratie gibt.“

„Haben Sie eigentlich Ihren FDJ-Ausweis noch?“ Einblendung der jungen DDR-Merkel in GST-Uniform. „Was haben Sie sich eigentlich dabei gedacht? Wie waren Sie drauf?“

„Gut 30 Minuten der Sendung sind nötig, um ihre Kehrtwenden aufzuzählen: Von der Laufzeitverlängerung für Kernkraftwerke zur Blitzänderung ihrer Auffassung über die Sicherheit von Atomkraft 2011 (wobei die nicht mehr verantwortbaren Meiler trotzdem noch bis 2022 laufen können), von der Ablehnung der Masseneinwanderung 2002 zur totalen Grenzöffnung. Von „Begrenzung der Zuwanderung“ und „Multikulti ist total gescheitert“ zu „Volk ist jeder, der in diesem Land lebt.“ Dazu immer: Unterbrechen, unterbrechen, unterbrechen. An der Studiowand werden währenddessen riesenhaft Plakate mit „Merkel muss weg“-Sprüchen gezeigt. Und um Null Uhr darf Alice Weidel als Überraschungsgast ins Studio.“

„Nicht, dass das ein angemessener journalistischer Umgang wäre. Wäre er natürlich nicht. Aber deutlicher als mit der devoten Merkel-Stichwortgeberei einerseits und dem agitatorischen Maskenabreißversuch bei Kurz andererseits kann das öffentlich-rechtliche Fernsehen gar nicht zeigen, dass es genau so verschlissen ist wie die politische Klasse dieses Landes. Ein Totalschaden, der im Fall von ARD und ZDF neun Milliarden Euro pro Jahr kostet.“

„Kurz wirkt wie jemand, der den Vorhang einer Vampirkammer aufzieht und Licht in die Szenerie lässt.“

Frank Lübberding, Frankfurter Allgemeine Zeitung FAZ: „Kurz beispielloser Aufstieg ist vielmehr zwei klassischen politischen Tugenden zu verdanken: Mut und Machtbewusstsein. In der Flüchtlingskrise des Jahres 2015 hatte er den Mut, sich der grotesken Handlungsunfähigkeit in Wien und Berlin zu widersetzen. Wo andere schwiegen, wagte er den offenen Konflikt, nicht zuletzt mit der Berliner Politik. Zudem bewies er als Außenminister bei der Schließung der Balkanroute ein bemerkenswertes diplomatisches Geschick. Kurz brach damit aus einem politischen Diskurs aus, der unsinnigerweise die Existenz von Grenzen als das Thema von Rechtspopulisten definierte.“

„Ansonsten argumentierte er als Transatlantiker, wenn er die guten Beziehungen der Europäischen Union zu den Vereinigten Staaten nicht von einem amtierenden Präsidenten in Washington abhängig machen wollte. Kurz tat somit alles, um politisch möglichst wenig anzuecken. Es fehlte wirklich keine Sentenz, die ein Bundeskanzler jeglicher Couleur im Repertoire haben muss.“

*Das ist die Meinung des Autors und nicht notwendigerweise die Meinung der Redaktion

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