Donnerstag, März 28, 2024
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Mehr Autismus durch Pestizide – Dumm durch Chemikalien

 

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Schleichende Vergiftung: Erneut liefern Forscher Belege dafür, dass Pestizide Mitschuld an Autismus und geistigen Entwicklungsstörungen von Kindern haben. Lebt eine Mutter während ihrer Schwangerschaft in der Nähe von gespritzten Feldern, steigt das Risiko um zwei Drittel, dass ihr Kind unter Autismus oder eine anderen Störung leidet, wie die US-Forscher berichten. Schwangere Frauen sollten daher…

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diese Umgebungen meiden, so ihr dringender Rat.

Das Gehirn von Kindern reagiert während seiner Entwicklung im Mutterleib besonders empfindlich auf bestimmte Substanzen, das ist schon länger bekannt. Erst im Februar 2014 hatte eine Forschergruppe vor einer schleichenden “Verdummung” der Kinder durch vorgeburtliche Belastung mit Umweltchemikalien gewarnt. Irva Hertz-Picciotto von der University of California in Davis und ihre Kollegen liefern nun weitere Belege dafür, dass gerade Pestizide die geistige Entwicklung von Kindern nachhaltig stören und insbesondere auch Autismus fördern kann.

Gespritzte Felder, schwangere Mütter

Für ihre Studie verglichen die Forscher für rund 1.000 kalifornische Familien, wie häufig Entwicklungsstörung bei Kindern vorkamen, deren Mütter entweder nahe oder weiter entfernt von mit Pflanzenschutzmitteln gespritzten Feldern wohnten. Die Daten zur Pestizidbehandlung stammten vom California Pesticide Use Reports. Darin müssen Bauern angeben, wo, wie viel und welche Pflanzenschutzmittel sie wann eingesetzt haben. Die meisten eingesetzten Pflanzenschutzmittel gehörten zur Gruppe Organophosphor-verbindungen, gefolgt von Pyrethroiden und Pestiziden auf der Basis von Carbamaten.

Durch Fragebögen erfassten die Forscher bei diesen Familien zusätzlich, wo genau sich die Mütter während ihrer Schwangerschaft aufgehalten hatten. Mit den gesammelten Informationen entwickelten die Forscher Karten, aus denen sowohl die Einsatzorte bestimmter Pflanzenschutzmittel hervorgingen, als auch die Häufigkeit und räumliche Verteilung von geistigen Entwicklungsstörungen.

Risiko um zwei Drittel höher

Aus den Auswertungen ging hervor: Mütter, die während ihrer Schwangerschaft im Umkreis von 1,25 bis 1,75 Kilometer von gespritzten Feldern gelebt hatten, besaßen durchschnittlich ein um zwei Drittel höheres Risiko, ein Kind mit Autismus oder einer anderen geistigen Entwicklungsstörung zu bekommen. Dabei folgt der Zusammenhang einem Gradienten, wie die Forscher berichten: Je weiter die Entfernung zu den Feldern, desto geringer ist das Risiko und umgekehrt. Die stärkste negative Wirkung scheinen die Pflanzenschutzmittel dabei im zweiten und dritten Schwangerschaftsdrittel zu haben.

„Wir müssen zwar noch herausfinden, ob bestimmte Gruppen von Menschen besonders empfindlich auf die Substanzen reagieren, aber die grundsätzliche Botschaft ist klar: Schwangere sollten möglichst jeden Kontakt zu Pflanzenschutzmitteln vermeiden”, sagt Hertz-Picciotto. Dies gelte nicht nur im Zusammenhang mit der Ernährung, sondern auch in Bezug auf Orte, wo die entsprechenden Wirkstoffe in die Umwelt gelangen. „Ich würde mit meiner Familie nicht an einem Ort wohnen wollen, wo in der Nähe Pestizide aus-gebracht werden”, so die Forscherin. Ihrer Ansicht nach ist eine Auseinandersetzung mit dem Problem sowohl auf gesellschaftlicher als auch persönlicher Ebene nötig, um die Situation zu verbessern.

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(Ungeborenes im Mutterleib)

Dumm durch Chemikalien

Neurowissenschaftler schlagen Alarm: Eine schleichende Vergiftung mit Chemikalien könnte schuld daran sein, dass immer mehr Kinder unter Verhaltens- und Entwicklungs-störungen leiden. In ihrer Studie belegen die Forscher eine hirnschädigende Wirkung für elf verbreitete Chemikalien, gehen aber vielen weiteren unerkannten Giftstoffen aus. Dieser globalen, stillen Pandemie der schleichenden Vergiftung von Kindern müsse Einhalt geboten werden, warnen sie eindringlich im Fachmagazin “Lancet Neurology”

Mehr als jedes zehnte Kind hat heute bereits von Geburt an eine Entwicklungs- und Verhaltensstörung, wie Philippe Grandjean von der Universität von Süddänemark in Odense und Philip Landrigan von der Harvard University berichten. Dazu gehören Autismus, geistige Defizite und Hyperaktivität, aber auch eine später auftretende erhöhte Aggression und andere Verhaltensauffälligkeiten. “Die Wurzeln dieser globalen Pandemie von neurologischen Entwicklungsstörungen sind bisher nur in Teilen verstanden”, so die Forscher.

Mutterleib als sensible Phase

Genetische Faktoren spielen zwar für einige der Erkrankungen eine Rolle, sie können aber nur 30 bis 40 Prozent der Fälle erklären. Es liege daher nahe, die Ursachen für den Rest in Umwelteinflüssen zu suchen. Schon lange ist bekannt, dass das sich entwickelnde Gehirn vor allem im Mutterleib und in der frühesten Kindheit besonders sensibel gegen-über chemischen und anderen Reizen reagiert. Ist die Mutter Umweltgiften ausgesetzt, bekommt auch ihr Kind diese über das mütterliche Blut nahezu ungefiltert ab. “Mehr als 200 Chemikalien wurden bereits in Nabelschnurblut nachgewiesen”, erklären die Forscher.

Sie hatten bereits im Jahr 2006 in einer Überblicksstudie aufgezeigt, dass fünf Umwelt-gifte, darunter Blei, Quecksilber, Arsen, polychorierte Biphenyle und das Lösungsmittel Toluol, messbare Auswirkungen auf die Hirnentwicklung von Kindern haben. Dies äußert sich in einem verringerten Hirnvolumen, Defiziten in der geistigen Leistung aber auch in Problemen im Sozialverhalten und motorischen Störungen.

Hyperaktivität und geistige Defizite

Für ihre aktuelle Review haben Grandjean und Landrigan nun neuere Studien zu den neurologischen Auswirkungen von Chemikalien in ihre Auswertungen einbezogen – und Belege für sechs weitere Chemikalien entdeckt, die die Hirnentwicklung von Kindern nachweislich schädigen. So liefern Studien in Kanada und Bangladesch Hinweise darauf, dass Mangan die mathematischen Fähigkeiten beeinträchtigt und Hyperaktivität fördert.

In Frankreich und den USA fanden Forscher Indizien dafür, dass Kinder von Müttern, die Lösungsmitteln wie Tetrachlorethylen ausgesetzt waren, zu aggressivem Verhalten, Hyperaktivität und psychischen Erkrankungen neigen. Drei Kohortenstudien zeigen, dass Kinder, die im Mutterleib Organophosphat- Pestiziden ausgesetzt waren, einen kleineren Kopfumfang haben und bis ins Schulalter hinein Defizite in ihrer geistigen und sozialen Entwicklung zeigen.

Enorme Dunkelziffer

“Unsere größte Sorge aber ist die große Zahl von Kindern, deren Gehirn durch giftigen Chemikalien geschädigt wurde, die aber nie eine formelle Diagnose erhalten haben”, erklärt Grandjean. “Sie leiden unter Konzentrationsstörungen, einer verzögerten Ent-wicklung und schlechten schulischen Leistungen – aber keiner weiß warum.”

Nach Ansicht der Forscher liegt es angesichts der immensen Menge der Umwelt ver-breiteten neurotoxischen Chemikalien nahe, sie auch für diese eher unauffälligen Störungen als Ursache anzunehmen. Mindestens die Hälfte der 214 bisher bekannten neurotoxischen Substanzen werden in großen Mengen produziert und in die Umwelt freigesetzt. Und jedes Jahr kommen zwei neue Chemikalien hinzu, bei denen hirn-schädigende Wirkungen erkannt werden.

Folgen bleiben ein Leben lang

Die fatale Folge: Die im Mutterleib oder in der frühen Kindheit verursachten Chemikalienschäden sind größtenteils unbehandelbar und bleiben ein Leben lang bestehen, wie die Wissenschaftler erklären. Die Konsequenzen für die Kinder, aber auch ihre Familien und die Gesellschaft als Ganzes sind daher immens.

Allein in der Europäischen Union werden die IQ-Einbußen durch Quecksilber-Belastung auf rund 600.000 IQ-Punkte pro Jahr geschätzt – das entspricht ökonomischen Ver-lusten von rund zehn Milliarden Euro, wie die Forscher berichten. Und die Gesamtfolgen durch schleichende Vergiftung seien um ein Vielfaches höher. “Wir sind sehr besorgt, dass Kinder weltweit Giftstoffen ausgesetzt sind, die unerkannt ihre Intelligenz unterminieren, ihr Verhalten verändern und ihre Zukunft zerstören”, konstatieren Grandjean und Landrigan.

Tests müssen strenger werden

Sie fordern daher dringende Änderungen in den Zulassungsbestimmungen und Umwelt-richtlinien. Auch bereits produzierte Chemikalien sollten noch einmal auf ihre neuro-toxische Wirkung hin analysiert werden. Wichtig sei es auch, die Kriterien für diese Tests zu überprüfen, denn bisher werden dabei zwar akute neurotoxische Wirkungen getestet, aber schleichende und pränatale Wirkungen nicht erfasst.

“Wir müssen weg von der irrigen Annahme, nach der neue Chemikalien und Technologien solange als ungefährlich gelten, bis ihnen das Gegenteil bewiesen wird”, warnen die Forscher. Um die Kinder und auch die gesamte Gesellschaft gegen die stille Pandemie der schleichenden Vergiftung zu schützen, müsse man umdenken und entschlossener handeln.

Quellen: Environmental Health Perspectives/Lancet/Harvard University/scinexx.de vom 23.06.2014

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