Freitag, April 19, 2024
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Neue Weltbank-Regeln: »Frustration und Enttäuschung«

Umwelt- und Menschenrechtler erheben schwere Kritik / Vergabepraktiken verwässert – negative Folgen für Entwicklungsländer.

Die Weltbank führt trotz scharfer Kritik von Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen neue Regeln für die Finanzierung ihrer Projekte in Entwicklungsländern ein. Der Verwaltungsrat der einflussreichen Entwicklungsbank stimmte nach vierjähriger Debatte in Washington den neuen Umwelt- und Sozialstandards zu – und erntete umgehend Ablehnung.

Die Leiterin des Oxfam-Büros in Washington, Nadia Daar, zeigte sich »frustriert und enttäuscht«. Die Gruppe Bank Information Center, die für bessere Vergabepraktiken bei der Weltbank eintritt, kritisierte, den neuen Regeln mangele es an »der Stärke und der Klarheit, auf die Menschen, die durch Entwicklungsprojekte negativ beeinflusst werden, so dringend angewiesen sind« (Rücksichtsloses Freihandelsabkommen – Europa erpresst Afrika (Videos)).

Die Weltbank stand in der Vergangenheit mehrfach in der Kritik, unter anderem, weil durch ihre Großprojekte Millionen Menschen vertrieben („Deutschland soll untergehen“: Merkel und die offenen Grenzen – westliche Sanktionen sind Fluchtursache) oder unter Zwang umgesiedelt wurden (Das neue Rom: Freimaurerische “Mittelmeer-Union” beflügelt durch Flüchtlingskrise (Videos)). Der Neuformulierung des Regelwerks war das Eingeständnis der Weltbank vorausgegangen, dass ihre Projekte in der Vergangenheit schwerwiegende negative Folgen gehabt hätten.

Kritiker hatten der internationalen Finanzinstitution, die Projekte im Kampf gegen Armut finanziert, vorgehalten, dabei die Verletzung von Menschenrechten in Kauf genommen zu haben.

Das neue Regelwerk sei »nach den ausführlichsten Beratungen« in der Geschichte der Weltbank aufgestellt worden, sagte nun Bankpräsident Jim Yong Kim in Washington. Es enthalte neue Schutzklauseln zugunsten »der Umwelt und der schwächsten Menschen auf der Welt« (Hinter den Kulissen der Vereinten Nationen: Wer wirklich das Sagen hat).

Kim verteidigte das neue Regelwerk als »bestmöglichen Kompromiss«. Die Bank habe »einen Mittelweg finden müssen, der sicherstellt, dass es keinen Missbrauch gibt, der es aber gleichzeitig den Nehmerländern ermöglicht, Geld zu leihen«.

Die deutsche Umweltorganisation Urgewald kritisierte am Freitag, die Regeln würden verwässert und hätten weitreichende, negative Folgen für Entwicklungsländer (Jetzt bohrt China im Amazonas Regenwald nach Öl und will Blackwater-Söldner für Afrika (Video)).

Die Weltbank, die auch von Deutschland mitgetragen wird, finanziert in diesen Ländern Großprojekte wie Staudämme und Kraftwerke. Die bestehenden verbindlichen Regeln würden nun durch flexibel gestaltete Standards ersetzt, kritisierte Urgewald (Acker-Ausverkauf in Afrika und in den USA).

Demnach kann die Weltbank künftig auch Projekte an Orten finanzieren, die für den Naturschutz und für indigene Völker besonders wichtig sind. Zudem darf sie Projekte bewilligen, auch wenn die Folgen für die lokale Bevölkerung unbekannt sind.

Laut den neuen Umwelt- und Sozialstandards, die bei der Umsetzung der Projekte eingehalten werden müssen, liegen die Vorgaben nun weitgehend im Ermessen der Empfängerländer. Deshalb könnten bei von der Weltbank geförderten Projekten in verschiedenen Ländern unterschiedliche Standards gelten (Afrika: 5 Millionen Nigerianer lehnen Monsantos GMO Baumwolle und Mais ab (Video)).

  

Die Organisation wird von Regierungen finanziert und vergibt Kredite für große Infrastrukturprojekte, um Armut in Entwicklungsländern zu bekämpfen (Afrika: Warka Water in Äthiopien – Türme gewinnen Trinkwasser aus der Luft (Video)).

»In einer Zeit, in der die Weltbank zunehmend in Hochrisikoprojekte und in politisch instabile Regionen investieren will, ist die Abschwächung von Standards zum Schutz von Mensch und Umwelt ein schwerer Fehler«, sagte Korinna Horta von Urgewald.

Deutschland als wichtiges Mitgliedsland der Organisation hätte sich während der Verhandlungen, die im Juli 2012 begannen, für mehr Schutzmaßnahmen für Umwelt und lokale Bevölkerung einsetzen müssen (Flüchtlinge: Merkel erwartet massive Migrations-Bewegung aus Afrika – GIZ hilft Diktatoren beim Grenzschutz).

Literatur:

Landraub: Reisen ins Reich des neuen Kolonialismus von Stefano Liberti

Ändere die Welt!: Warum wir die kannibalische Weltordnung stürzen müssen von Jean Ziegler

Massenmigration als Waffe von Kelly M. Greenhill

Quellen: PublicDomain/neues-deutschland.de am 05.08.2016

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