Samstag, April 20, 2024
StartZARONEWS PresseAgenturNigeria hat die Wahl zwischen Korruption und einem Ex-Diktator

Nigeria hat die Wahl zwischen Korruption und einem Ex-Diktator

Präsident Jonathan kämpft um eine neue Amtszeit.

Der Wahlkampf in Nigeria verläuft äußerst polarisiert, viele Wähler sind mit beiden Kandidaten unzufrieden

Abuja/Wien – Vorräte kaufen, Barrikaden aufbauen, Häuser und Wohnungen verriegeln: Die Vorbereitungen zu Nigerias Parlaments- und Präsidentenwahlen am morgigen Samstag laufen. Und die Sicherheitssorgen sind Fehler, Gruppe existiert nicht! Überprüfen Sie Ihre Syntax! (ID: 2)groß. Zwar, so glauben Beobachter, sollte der Urnengang in großen Teilen des Landes friedlich verlaufen. Doch die islamistische Terrorgruppe Boko Haram hat schon angekündigt, die Demokratie durch Anschläge

verhindern zu wollen. Auch Erinnerungen an die Gewaltwelle nach der Wahl 2011 sind für viele noch frisch. Diesmal steht noch mehr auf dem Spiel.

Denn der aktuelle Wahlkampf, sagen fast alle Beobachter, ist der spannendste, den das Land je erlebt hat. Wenn die Nigerianerinnen und Nigerianer am Samstag an die Urnen schreiten, könnte es erstmals in der Geschichte des Landes die demokratische Abwahl eines Amtsinhabers geben. Ein wichtiger Schritt im 170-Millionen-Einwohner-Land, das erst Mitte der 1990er-Jahre aus den Jahren der Diktatur gefunden hat.

Kein guter Kandidat

Trotzdem, schreibt die nigerianische Autorin Adaobi Tricia Nwaubani im New Yorker, "ist es die verwirrendste Weggabelung in unserer Geschichte" . Das Land habe die Wahl zwischen zwei Kandidaten – doch keiner sei gut.

Auf der einen Seite: Amtsinhaber Goodluck Jonathan, über den seit der Wiederwahl 2010 breite Ernüchterung herrscht. Die Korruption grassierte unter seiner Führung in Afrikas größter Volkswirtschaft, Milliarden aus staatlichen Ölfonds fließen an Verbündete im Süden. "Wir haben Boko Haram an die Ränder Nigerias gedrängt", hat Jonathan schon 2014 über den Kampf gegen die Islamisten gesagt – und die vorwiegend muslimischen Bundesstaaten im Norden gemeint, in denen die Sekte schon damals bereits über eine Million Menschen in die Flucht getrieben hatte. Zu lange habe er die Gefahr ignoriert, weil er sich nur auf den ölreichen Süden konzentriere, lautet die Kritik.

Auch ein ungeschriebenes Gesetz in Nigerias kompliziertem ethnisch-religiösen Proporzsystem hat er gebrochen. Nach zwei Amtszeiten eines Politikers aus dem christlich geprägten Süden ist ein Kandidat aus dem Norden an der Reihe. So war es bisher.

Die Kritik geht weit über die klassische Opposition hinaus. "Jeder, nur nicht Jonathan" lautet das Motto. Selbst Ex-Präsident Olusegun Obasanjo empfahl die Wahl von Jonathans Gegner Muhammadu Buhari. Dieser ist Muslim und stammt aus dem Norden.

Sein asketisches Wesen macht ihn auch außerhalb seiner Hochburgen für viele zum Helden. Dabei galt er lang als unwählbar. Von 1983 bis 1985 war der heute 72-Jährige schon einmal Staatschef – aber nicht als gewählter Präsident, sondern als Chef einer autoritären Militärregierung.

Ein asketischer Autoritärer

Buhari hatte im Wahlkampf lange den Wind im Rücken. Doch dann kam die Wahlverschiebung. Wegen der Sicherheitssituation, so die offizielle Begründung, wurde das Votum Anfang Februar um sechs Wochen verschoben. Und tatsächlich hat die Armee gemeinsam mit Truppen aus Nachbarländern und Söldnern aus Südafrika Fortschritte gemacht – der Trend wandte sich wieder Jonathan zu.

Viele Wähler, vor allem jene aus zivilgesellschaftlichen Gruppen, fühlen sich ob des Angebots von beiden Parteien betrogen, schreibt Atedo Peterside, Chef der renommierten Anap Foundation, in der Zeitung This Day: "Sie werden gezwungen, sich nun zwischen Pest und Cholera zu entscheiden."

Zwar haben die Kandidaten am Donnerstag gemeinsam zu Gewaltverzicht aufgerufen. Ausschreitungen sind aber weder während noch nach der Wahl auszuschließen. Unterstützer beider Seiten haben gedroht, eine Niederlage nicht zu akzeptieren.

Selbstvertrauen als Problem

Problematisch scheint, dass beide so fest an den Sieg glauben, dass ihnen eine Niederlage als Schiebung erscheinen muss – besonders dann, wenn es, wie erwartet, knapp wird. Die Parteien haben schon für Anfechtungen vorgebaut: Bemühungen der als integer geltenden Wahlkommission INEC, das Votum überall mit biometrischen Chips abzuhalten, hat Jonathans PDP kritisiert. Dies würde Teile der Bevölkerung von der Wahl ausschließen.

Zumindest einen Sieg hat die INEC in den vergangenen Tagen erreicht: Das Militär muss sich am Samstag von den Urnen fernhalten – ein großer Schritt in einem Land, in dem laut Umfragen 50 Prozent Angst vor Einschüchterung bei der Stimmabgabe haben.

Vielleicht gibt es aber noch gar keine Entscheidung. Denn die Polarisierung könnte erstmals zu Stichwahlen führen. Um direkt zu Gewinnen, muss ein Kandidat in zwei Drittel der Bundesstaaten mehr als ein Viertel der Stimmen erreichen. Dieses Ziel könnte sowohl Jonathan im Norden als auch Buhari im Süden verfehlen.

(Manuel Escher, DER STANDARD, 27.3.2015)

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