Samstag, April 20, 2024
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„Österreich ist nicht Deutschland“: Der Unterschied zwischen FPÖ und AfD

In Österreich sitzt seit Montag erstmals die FPÖ mit am Regierungsruder. Die rechtskonservative Partei stellt den Vize-Kanzler sowie sechs Minister. Von dieser politischen Bedeutung ist die deutsche Schwesterpartei AfD meilenweit entfernt.

Freiherr Norbert van Handel, Geschäftsmann und ÖVP-Mitglied, ist im Gespräch mit Sputnik froh, dass Österreichs neue Regierung am Montag vereidigt wurde. Auch wenn die EU skeptisch auf das Koalitionsbündnis ÖVP/FPÖ schaut.

FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache (L) und ÖVP-Chef Sebastian Kurz (Archiv)
© REUTERS/ Leonhard Foeger

„Dass die Österreicher die Nase voll haben von allem, was in Richtung eines europäischen Einheitsstaates oder in Richtung einer Multikulti-Gesellschaft a la links geht, hat eben dazu geführt, dass eine große Mehrheit für eine schwarzblaue Regierung gesprochen hat.“Die FPÖ sei laut van Handel inzwischen im Mainstream der Demokratie angekommen: „Sie hat keine rechtsextremen Forderungen, ist auf der anderen Seite aber klar für Sicherheit. Und ganz klar für eine Bremse der Migranten.“ In diesem Punkt und in vielen anderen gleicht sie der AfD. Trotzdem gebe es laut van Handel Unterschiede:

„Die AfD ist eine junge Partei, die natürlich noch hin und her schwankt. Sie wird ihren Weg finden, aber ich sehe auch bei der AfD keine wirklichen Probleme. Wir müssen mal zur Kenntnis nehmen, dass Demokratie heißt, dass jene Parteien, die gewählt werden, auch repräsentieren müssen. Es kann nicht sein, dass man Parteien ausschließt, obwohl das Volk sie, wie im Fall der AfD, zu 13 Prozent wählt.“

Ob die AfD künftig eine ähnliche Rolle wie die FPÖ in Österreich spielen könne, hänge laut van Handel davon ab, ob es Co-Parteichef Alexander Gauland gelinge, eine konstruktive Rolle im Parlament zu spielen.

„Die AfD kann man nicht vorzeigen“

Ungleich kritischere Töne kommen von Hans-Olaf Henkel. Mit Blick auf die Koalition zwischen ÖVP und FPÖ sagt der frühere Präsident des BDI, der einst die „Alternative für Deutschland“ mitgründete:

„Österreich ist spezifisch. Ich kann mir für Deutschland eine entsprechende Regierungsbildung mit der CDU/CSU und der AfD überhaupt nicht vorstellen. Ich kenne die handelnden Personen der AfD aus eigener Anschauung ganz genau und sehe nicht eine einzige Figur, die man international vorzeigen kann. Wenn man das nicht kann, kann man sie auch national nicht vorzeigen.“

Im Sommer 2015 trat Henkel nach dem Machtkampf zwischen Bernd Lucke und Frauke Petry aus der Partei aus. Mit anderen Abtrünnigen verließ er die AfD-Fraktion im EU-Parlament und gründete die Liberal-konservativen Reformer (LKR).

Henkel betont, seine Kritik richte sich an die Parteispitze und nicht an die Wähler: „Es liegt mir fern, diese zu kritisieren. Viele wählen die AfD, weil sie unzufrieden mit der Politik von Bundeskanzlerin Angela Merkel sind.“ Zu FPÖ-Politikern hat er eine differenziertere Meinung: „Ich treffe die handelnden Personen im europäischen Parlament. Da gibt es unter den FPÖ-Abgeordneten durchaus einige, mit denen man sich unterhalten kann, ohne dass einem schlecht wird.“

„FPÖ ist konstruktiven Weg gegangen“

Auch mit der ehemaligen AfD-Vorsitzenden Frau Petry hat Sputnik gesprochen. Mit Blick auf Österreich sagt sie:

„Die Koalition … zeigt auf jeden Fall, dass es in der Tat auch in Europa noch möglich ist, die Probleme, die die Bürger angetrieben haben, anders zu wählen, anzupacken, und nicht einfach wie in Deutschland abzuwarten beziehungsweise Koalitionspoker zu spielen.“

ÖVP-Chef Sebastian Kurz und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache (r.) in Wien
© REUTERS/ Leonhard Foeger

Petry trat einen Tag nach der Bundestagswahl aus der AfD-Fraktion aus. Zur FPÖ pflegt sie nach eigenen Angaben noch gute Kontakte: „Es zeigt sich bei der FPÖ eines:Eine Partei, die auch durch schwierige Zeiten gegangen ist, die eigene Probleme hatte, hat sich zu einer regierungsfähigen Partei gemausert. Das ist etwas, was die AfD bisher nicht gezeigt hat und in der derzeitigen Konstellation meiner Ansicht nach auch nicht zeigen wird, weil die Entwicklung der Partei eher weg von einer Regierungsfähigkeit hin zu einer anarchischen Oppositionspartei geht. Da ist die FPÖ, sicherlich auch nach längerer Zeit, aber doch einen anderen, konstruktiven Weg gegangen.“

 Interview mit Hans-Olaf Henkel

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