Freitag, April 19, 2024
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Olympia-Nein: Tiroler erteilen Granden einen Denkzettel

Tirol ist sportbegeistert: Wenn sich auf der Streif oder beim Bergiselspringen waghalsige Athleten todesmutig ins Tal stürzen, bleibt kein Platz leer. Und auch der Breitensport gehört zum Lebensgefühl: Manch ein Tiroler lernt den Skilauf vor dem Schuhebinden und wehe dem, der am Ende des Sommers keinen Schwank von der Alm erzählen kann. Und doch haben sich die Tiroler zu über 53% dagegen ausgesprochen, Olympia „heimzuholen“ – zum dritten Mal. Eine Spurensuche.

Kommentar von Julian P. Eschentharrn

Unvergessen die 1:45,73, als ganz Österreich vor den Schirmen mitzitterte, während Franz Klammer mit einem Husarenritt zu Olympiagold am Patscherkofel raste. Die Straßen waren leer und in den Büros stand die Arbeit. Zweifelsohne hat sich der Stellenwert des Wintersports in unserem Land seitdem noch gesteigert und die Leistungen heimischer Sportler sprechen für sich. Auch nicht zu bestreiten ist die Werbewirkung der beiden Olympiaden in Innsbruck (1964 und 1976) – die Wirtschaft profitiert bis heute von den Touristen aus aller Welt und es gilt bis heute als Empfehlungsschreiben für Studenten aus flacheren Regionen, die akademische Laufbahn zwischen den Bergen zu absolvieren.

„Milliardengrab“ Olympia

Am Sport und am Wirtschaftsstandort hat’s also nicht gelegen. Ja, man möchte fast Mitleid haben mit all den Sympathieträgern aus dem Sport wie Markus Prock, Benjamin Raich oder Gregor Schlierenzauer. An sie ist die Absage der Tiroler nicht gerichtet. Ein Blick in die Social-Media-Kanäle offenbart: Man fürchtet eine weiter Verteuerung der ohnehin hohen Lebenshaltungskosten und ein „Milliardengrab“. Bereits heute verfügt Tirol über eines der niedrigsten durschnittlichen Einkommen im bundesweiten Vergleich – bei den teuersten Mieten: Mit über 16 Euro pro Quadratmeter ist Innsbruck die teuerste Gemeinde Österreichs. Eine Entspannung auf dem Wohnungsmarkt ist nicht in Sicht.

Geld für alle – nur nicht für die Bürger?

Vor dem Hintergrund erscheint es als Hohn, erst ein Großereignis für eine Ankündigung zur Wohnbauoffensive zu brauchen. Seit geraumer Zeit ist bekannt, dass die Stadt Innsbruck bis 2050 um bis zu 40% wachsen wird – freilich vor allem „dank“ des Großen Austausches. Bereits heute sorgen die 2015 geänderten Vergaberichtlinien für eine Schieflage: Nunmehr ist nicht mehr die österreichische Staatsbürgerschaft für Wohnungswerber maßgeblich – auch Bürger gleichgestellter Staaten, darunter auch die Türkei, können einen Antrag stellen. Während heimische Jungfamilien oft jahrelang auf der Vormerkliste ausharren, um letztlich aufgrund der kalten Progression aus den Richtlinien zu fallen, werden Migranten ganz offiziell bei der Wohnungsvergabe bevorzugt. So haben viele Innsbrucker das Gefühl, bei Nachbesetzungen nicht einmal mehr im eigenen Haus Herr zu sein.

Kaum Investitionen im Sinne der Bürger

Auch macht sich das Gefühl breit, es würde besonders in solche Infrastruktur investiert, welche den Bürgern nicht zugute kommt. Auch haben die Bürger das Gefühl, es wird vor allem dann in die Infrastruktur investiert, wenn dies nicht den eigenen Bürgern zugute kommt. Mag man den Ausbau der Regionalstraßenbahn um über 400 Mio. Euro neben der berechtigten Kritik an den explodierenden Kosten noch als notwendige Zukunftsinvestition erachten, so gibt es wenig Verständnis für den Neubau eines Achter-Sessellifts auf den Patscherkofel um 70 Mio. Euro, obwohl ein mit der Erstellung einer Studie  beauftragtes Schweizer Architekturbüro die Erneuerung der Pendelbahn empfahl. Dazu gab es sogar eine Volksbefragung – welche aufgrund der Fragestellung weit nach Baubeginn, der eisernen Versuche der Stadtkoalition, diese überhaupt totzuschweigen, und der unrealistischen Geltungshürden letztlich zur Farce wurde. Auch sehen sich Tiroler der Situation ausgesetzt, dass der Wintersport ohne Saisonkarte oftmals gänzlich unleistbar geworden ist, und sie somit auch an der Freizeitinfrastruktur gar nicht teilhaben können.

Beitragsbild: Innsbruck, by James Cridland, via Flickr (CC BY 2.0)

Quelle: http://info-direkt.eu/2017/10/18/olympia-nein-tiroler-erteilen-granden-einen-denkzettel/

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