Donnerstag, März 28, 2024
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Ostermarsch in Berlin für Entspannung mit Russland und Ende der Aufrüstungspolitik

Mehrere tausend Menschen haben in Berlin am Samstag gegen Kriege und die westliche Politik gegenüber Russland demonstriert. Deutliche Kritik an der neuen Bundesregierung hat dabei ein Bundestagsabgeordneter geübt. Ein Schauspieler hat ein anderes Verhältnis zu Russland gefordert und ein Theologe der kriegsfördernden Politik widersprochen.

Raus aus der Nato, Abzug der US-Atomwaffen aus der Bundesrepublik, Ende des Drohnenkrieges über die US-Basis Ramstein sowie ein Ende der fortgesetzten Militarisierung der Politik – das forderte der Theologe und Kirchenkritiker Eugen Drewermann am Samstag in Berlin. Er sprach beim diesjährigen Ostermarsch in der bundesdeutschen Hauptstadt.

Dabei wurde auf Transparenten und in Reden immer wieder ebenso gefordert, die Konfrontation gegenüber Russland zu beenden. Mehrere tausend Menschen nahmen trotz schlechten Wetters an der traditionellen Demonstration im Berliner Stadtbezirk Moabit teil. An diesem Wochenende gibt es im gesamten Bundesgebiet Ostermärsche der Friedensbewegung.

Dehm: Außenminister Maas agiert wie „Nato-Strichjunge“

MdB Dieter Dehm bei seiner Rede zum Auftakt des Ostermarsches
© Sputnik/ Tilo Gräser
MdB Dieter Dehm bei seiner Rede zum Auftakt des Ostermarsches

Deutliche Kritik an der Politik der neuen Bundesregierung und vor allem des neuen Außenministers, Heiko Maas, übte Dieter Dehm, Bundestagsabgeordneter der Linkspartei. Er warnte zugleich vor der Politik der USA, die in offiziellen Dokumenten Russland neben China als Feind sehe und behandle. Die Bundesregierung übernehme die Rolle eines Erfüllungsgehilfen, weil sie den antirussischen Kurs mittrage. Es werde ein entsprechendes Klima erzeugt, indem Russland und dessen Präsident Wladimir Putin verantwortlich für alles gemacht würden, vom Doping über einen Mordanschlag bis zu Kriegen wie dem in Syrien.

Dehm bezeichnete in seiner Rede und gegenüber Sputnik Außenminister Maas ausdrücklich als „gut gestylten Nato-Strichjungen“, der meine, „jede Rechtmäßigkeit und das Grundgesetz mit Füßen treten zu müssen“.

Die jüngste Rede des Ministers aus Anlass des Skripal-Falls verschärfe die Hetze gegen Russland, sagte der Abgeordnete gegenüber Sputnik. Maas‘ Vorgänger Sigmar Gabriel habe sich wie sein Parteikollege Matthias Platzeck und andere aus der SPD noch „leidlich“ darum bemüht, die Hetze gegen Russland etwas abzudämpfen.

„Es ist wirklich erbärmlich, dass ein früherer Justizminister und Jurist den Rechtsgrundsatz ‚In dubio pro reo‘ (Im Zweifel für den Angeklagten – Anm. d. Red.) umdreht und von Russland Beweise verlangt, unschuldig zu sein.“

Rechtsputsch im bürgerlichen Lager

Ostermarsch in Berlin: Teilnehmer demonstrieren für Frieden
© Sputnik/ Tilo Gräser
Ostermarsch in Berlin: Teilnehmer demonstrieren für Frieden

Für Dehm handelt es sich bei dem erneuerten Konfrontationskurs Berlins gegenüber Moskau unter anderem um die Folge eines „Rechtsputsches“ im bürgerlichen Lager gegen die bisherige Politik von Kanzlerin Angela Merkel und Gabriel. Deren Politik sei den Kräften um Jens Spahn von der CDU und Alexander Dobrindt (CSU) „noch zu weich“. Zudem sei den führenden Kräften diesseits und jenseits des Atlantiks der Wunsch der Mehrheit der bundesdeutschen Bevölkerung nach Frieden mit Russland suspekt.

Linkspolitiker Dehm forderte in seiner Rede die Friedensbewegung auf, sich nicht durch „Querfront“-Vorwürfe durch die Mainstream-Medien spalten zu lassen. Er erinnerte dabei an die etwa 300.000 Unterschriften allein 1981 unter den „Krefelder Apell“ mit dem Motto: „Der Atomtod bedroht uns alle – Keine Atomraketen in Europa“. Auch damals habe es verschiedene Kräfte unter den Unterzeichnern und Unterstützern gegeben. Dehm betonte:

„Wir können doch nicht jeden, der für Frieden und gegen die Nato ist, einer Gewissensprüfung unterziehen. Wenn wir das machen, halbieren wir unsere Kräfte jedes Jahr. Wir müssen sie aber jedes Jahr verdoppeln! Wir müssen breiter werden!“

Auf der Straße gegen den Krieg

Ostermarsch in Berlin: Viele US-kritische Stimmen
© Sputnik/ Tilo Gräser
Ostermarsch in Berlin: Viele US-kritische Stimmen

Der Politiker und Liedermacher wies daraufhin, dass immer mehr Künstler und Intellektuelle „aufwachen und etwas tun“, indem sie sich gegen die Konfrontations- und Kriegspolitik wenden.

Deutschlands neues Kabinett
© AFP 2018/ Stefanie LOOS
Eskalation und Verfassungsbruch? Nicht in unserem Namen!
Unter den Teilnehmenden am Ostermarsch in Berlin war der bekannte Berliner Schauspieler Gunter Schoß, der unter anderem ein Geschichtsmagazin des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR) moderierte. Er bezeichnete es als notwendig, „auf die Straße zu gehen, weil es zur Zeit eine Atmosphäre gibt, die Anlass gibt, sich öffentlich kund zu tun gegen Krieg, gegen Militarisierung, für ein anderes Verhältnis zu Russland“.Der Schauspieler sieht zwar die Kriegsgefahr gegenwärtig als nicht so akut an, wie es angesichts mancher politischer Äußerung erscheine. Mit Blick auf Deutschland zitierte er aber, was Bertolt Brecht 1951 feststellte:

„Das große Karthago führte drei Kriege.  Es war noch mächtig nach dem ersten, noch bewohnbar nach dem zweiten. Es war nicht mehr auffindbar nach dem dritten.“

Um gegen diese Gefahr vorzugehen, „deshalb bin ich heute mit auf der Straße“, erklärte Schoß gegenüber Sputnik.

Aktuelle Worte aus dem 18. Jahrhundert

Theologe Eugen Drewermann wandte sich in bewegenden Worten gegen die Kriegspolitik
© Sputnik/ Tilo Gräser
Theologe Eugen Drewermann wandte sich in bewegenden Worten gegen die Kriegspolitik

Auch Theologe Drewermann zitierte in seiner Rede auf der Abschlusskundgebung einen deutschen Dichter, indem er das „Kriegslied“ von Matthias Claudius vortrug.

„Alles, was nötig ist, zu sagen, steht in diesem Gedicht, in diesem Aufschrei, in diesem Mahnruf“, fasste er zusammen und ergänzte: „Kein Einzelner, solange er nachdenkt, solange er Mensch bleibt, solange er mitfühlt, kann Ja sagen zum Krieg!“.

Es werde aber von der Politik so getan, als wären die Menschen „unter Befehl, unter Staatsauftrag“.

Mit Beispielen von Kriegen und Militarisierung aus der Gegenwart belegte er, wie aktuell die Worte des Dichters und Pastors Claudius aus dem 18. Jahrhundert sind. Ostern sei das richtige Datum, um vom „Sieg des Friedens über den Krieg zu reden“, so Drewermann. Der Theologe kritisierte deutlich jene Christen in der deutschen Politik wie Merkel und Ursula von der Leyen, welche dem Krieg und der Aufrüstung das Wort reden.

Mut für Ja zum Frieden notwendig

Ostermarsch in Berlin: Für Frieden und Abrüstung
© Sputnik/ Tilo Gräser
Ostermarsch in Berlin: Für Frieden und Abrüstung

Er wandte sich ebenso deutlich gegen die Konfrontationspolitik und Aufrüstung gegenüber Russland. Der Theologe erinnerte an die 27 Millionen Menschen der Sowjetunion, die dem Krieg der deutschen Faschisten gegen das Land zum Opfer fielen. Darüber hatte zuvor auch Dehm gesprochen, der zugleich auf die Parallelen zwischen den Autobahnen für den faschistischen Krieg gegen die Sowjetunion und den aktuellen EU-Plänen für den Ausbau der Infrastruktur für Militärtransporte Richtung Osten hinwies. „Russland hat die Deutschen nie angegriffen, wir das Land im 20. Jahrhundert gleich zweimal“, hob Drewermann angesichts der behaupteten aktuellen „russischen Gefahr“ hervor.

„Wir brauchen überhaupt keine Angst, wir brauchen ein bisschen Mut uns zu verweigern dem Wahn und Ja zu sagen zum Frieden“, forderte der Theologe und Kirchenkritiker auf.

Er verwies auf die wirtschaftlichen Interessen hinter der Politik von Aufrüstung und Konfrontation. „Fangt an, Euch zu verständigen“, forderte er von den Politikern. Diese sollten statt der „Signale der Bedrohung auf dem Niveau der Tierpsychologie“ mit der anderen Seite reden, ohne dieser die eigenen Interessen zu diktieren. „Redet im Respekt vor der Angst und den Interessen Eures Partners.“ Nur die menschliche Rede könne dem Frieden dienen und die Gewalt ersetzen – das Gegenteil sorge für den „Absturz in die Barbarei“.

In einer Abschlusserklärung forderten die Organisatoren und Teinehmenden des Berliner Ostermarsches von der Bundesregierung eine andere Politik. „Unser Land trägt eine besondere historische Verantwortung für den Frieden mit Russland und in Europa. Vergessen wir nicht, dass dem Krieg Nazi-Deutschlands allein 27 Millionen sowjetische Bürgerinnen und Bürger zum Opfer fielen.“ Die Regierung müsse statt der fortgesetzten Konfrontation alles tun, „um der dringenden Entspannungspolitik mit Russland von westlicher Seite den Weg zu bereiten und mit Rationalität, Vernunft und Sachlichkeit politische Diskussionsprozesse wieder aufzunehmen“.

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