Mittwoch, April 24, 2024
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Paris „räumt“ 13.000 Migranten aus Straßencamps – schon 30 Razzien

13.000 obdachlose Migranten wurden aus Straßencamps überall in Paris vertrieben. Die Polizei führte in den vergangenen Wochen rund 30 Razzien durch, um die ausufernden Lager gewaltsam zu räumen. Das größte Camp hatte 2.700 Einwohner. Grund für das harte Durchgreifen soll auch die Terrorlage sein. Doch die Lager bilden sich immer wieder …

13.000 obdachlose Migranten wurden in den vergangenen Wochen aus Straßencamps überall in Paris vertrieben. Das geht aus Zahlen des französischen Innenministeriums hervor, die vom britischen Express berichtet wurden. Die Polizei führte rund 30 Razzien durch, um die ausufernden Lagerplätze gewaltsam zu räumen, die sich an verschiedenen Stellen der französischen Hauptstadt immer wieder bilden.

Es handelt sich um improvisierte Lager auf Gehwegen, unter Bahnlinien oder neben Kanälen, wo Migranten in Zelten und manchmal nur mit Schlafsäcken, Matratzen oder Pappe im Freien hausen. Vor wenigen Tagen wurde ein Lager von 2.700 Personen „geräumt“ wobei auch Tränengas zum Einsatz kam. Die Polizei musste die sich Weigernden teilweise mit Gewalt wegschleppen. Einige kamen in Abschiebehaft und sollen laut Dublin-Abkommen in jenes europäische Land abgeschoben werden, das sie als erstes betraten. Andere wiederum wurden mit Bussen in Notunterkünfte gekarrt. Und manche von ihnen sind in Frankreich sogar schon als Asylbewerber anerkannt, leben aber trotzdem auf der Straße, weil sie keinen Job finden, berichteten französische Medien.

Paris hat lange weggeschaut

Das Problem mit den Straßencamps gibt es schon länger – doch lange hatte die Pariser Stadtverwaltung weggeschaut. Die Camps wurden geduldet, auch weil es nicht genügend Notunterkünfte oder den Willen gab, all die Menschen aufzunehmen.

Das nun auf einmal ein hartes Durchgreifen erfolgt, hat mit den jüngsten Terroranschlägen und dem drastischen Rückgang der Tourismuszahlen in Paris zu tun, schreibt der Express. Die Stimmung in der Hauptstadt sei „bereits am Nullpunkt“, nachdem wegen der Terrorangst mehrere beliebte Sommerfestivals abgesagt oder verkleinert wurden. Auch sei Paris aufgrund des von Hollande verhängten Ausnahmezustandes voller Sicherheitskräfte.

Am 22. Juli wurde ein Camp von 2.600 Migranten unter einer Bahnlinie in Nordparis geräumt, dessen Bewohner hauptsächlich aus Afghanistan, Eritrea und Somalia kamen, berichtete Radio France International. Am gleichen Tag wurden 1.400 bis 1.600 Menschen von den Metrostationen Jaurès und Colonel Fabien vertrieben, darunter auch rund 100 Frauen, Kinder und Familien, berichtete die Daily Mail. Auch hier die genannten Herkunftsländer.

Wohin mit Tausenden Obdachlosen?

„Es hat keinen Sinn, sie kommen wieder“ sagte ein Anwohner in einer Reportage von „Le Figaro„. Dort beschreiben Pariser Einheimische, dass die Lager rotieren – und Stunden nach dem die Straßenreinigung die Gehwege leergefegt hat, von Neuem entstehen. Die Anwohner, die den Kampierenden mit Dingen wie Decken, Seife und dem Nötigsten zu helfen versuchen, verlieren die Lust, damit ständig wieder von vorn anzufangen, so der Bericht. Denn alle ihre spontanen Hilfsgüter werden weggeschmissen, sobald die Polizei ein Lager räumt – dann gilt einfach alles als Müll, was auf der Straße liegt.

„Die Anwohner sind die Situation leid. Zuvor hatten sie eine gewisse Empathie und Solidarität“, kommentierte eine Frau die Räumung der Avenue de Flandre am 11. August.

Vernünftige Unterkunft geplant ab September

Im Mai verkündete die Bürgermeisterin Anne Hidalgo, dass ein vernünftiges Flüchtlingslager mit Infrastruktur eingerichtet werden soll – betriebsfertig voraussichtlich im September, berichtete Daily Mail.

Pierre Henry, Leiter der französischen Hilfsorganisation Terre d’Asile, rief andere französische Städte auf, Notunterkünfte zur Verfügung zu stellen. Frankreichs Regionalhauptstädte sollten Flüchtlinge aufnehmen und damit Paris und Calais entlasten, die derzeit Hauptmagneten für Migranten sind.

Erst dieser Tage erklärte die Polizei in Calais, sie habe die Kontrolle über das berüchtigte „Dschungel“-Lager verloren. Die Fahndung nach Terroristen sei dort „nicht mehr möglich“. Sobald Beamte versuchten das Areal zu betreten, würden sie mit Eisenstangen und Steinen attackiert. Im „Dschungel“ halten sich derzeit 9.000 Personen auf. Siehe:

Dschungel von Calais außer Kontrolle: Terrorbekämpfung „nicht mehr möglich“, sagt Polizei

 

(rf)

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